Gestern habe ich mir im Kino den Film „Mein Führer“ angesehen, der im Vorfeld ja kontrovers diskutiert wurde. Im Wesentlichen wohl von Menschen, die ihn nicht gesehen hatten. Diese Diskussion hat dem Film nicht gut getan, denn nun sitzen Leute im Saal, die etwas erwarten, was es nicht gibt. „Mein Führer“ ist keine Fortsetzung von „00Schneider“ mit anderen Mitteln, sondern ernsthaftes Kino; auch wenn es als Klamauk verkauft wird, ist es Komik. Daß da Helge Schneider eine Hauptrolle spielt ist für den Film fast egal. Ulrich Mühe spielt nämlich als Adolf Grünbaum die Hauptrolle und Hitler steht dahinter deutlich zurück.
Vor dem Kinobesuch also die Frage, ob man über Hitler lachen darf; auch noch mal angestoßen durch meine Mutter, die bei einem Telephonat vielleicht eine Stunde vorher deutlich entsetzt war, daß ich mir diesen Film ansehe. Ja, man darf. Ganz sicher in diesem Film und auch überhaupt. Daß ein einzelner kranker Mann ein ganzes dummes Volk so verführen und Millionen in den Abgrund stürzen konnte, hat neben aller Tragik auch etwas Lächerliches. Warum soll ich also Hitler als so etwas Erhöhtes darstellen, daß man darüber nicht auch lachen dürfte. Das käme einer Vergötterung aus anderer Richtung gleich und das wird ja wohl auch niemand wollen.
Nach dem Kinobesuch bin ich nun hin und her gerissen, wie ich den Film finde. Sehenswert ist er ganz sicher. Er ist lustig und bewegend. Er verliert nie Stil. Er hat eine gute Geschichte. Die Schauspieler geben alle wirklich ihr Bestes. Und Helge Schneider sehe ich das erste Mal überhaupt wirklich als ernsthaften Schauspieler und nicht als Ulknudel. Trotzdem habe ich den Eindruck, der Weg sei nicht konsequent zuende gegangen. Als habe man Angst vor seiner eigenen Courage gehabt. Hitler wird nie ernsthaft verscheißert, so wie das Walter Moers beispielsweise in seinem genialen Comic gemacht hat. Auf der anderen Seite wird die tragische Seite des Films nie ganz bis zum Ende durchgezogen. Und so bin ich am Ende etwas zerrissen, weil man sich beim Dreh wohl nicht zwischen Komik und Tragik entscheiden konnte und ich das trotz tragischen Endes beim Sehen dann auch nicht kann.
Wie Ihr Euch denken könnt war ich nicht allein im Kino und natürlich haben wir uns nach dem Film noch darüber unterhalten. Melanie fand den Film beispielsweise gerade in der Mischung hervorragend gemacht und hätte eine deutlichere Verlagerung des Schwerpunkts in eine bestimmte Richtung abgelehnt. Und so kann ich Euch nur empfehlen, sich nicht auf die kontroversen Meinungen anderer zu verlassen, sondern eine eigene Meinung zu bilden und den Film anzusehen. Sehenswert ist der Film meiner Meinung nach allemal, auch wenn gestern der ein oder andere jugendliche Besucher offensichtlich enttäuscht aus dem Kino ging, weil er mit falschen Erwartungen kam.
Sehr gut beobachtet. Mir ging es ähnlich. Aber gerade in dieser Unentschiedenheit sehe ich den Mangel des Films. Schade, eine Chance wurde vertan.
Mehr:
http://www.blogsgesang.de/index.php?id=222
Blogsgesang bezeichnet den Film in seinem Blog als Flop. So sehe ich das ganz eindeutig nicht. Er hätte in meinen Augen besser sein können, ist aber trotzdem ein großer Film. Auch über die Leistung des Herrn Mühe gehen unsere Meinungen sicher auseinander. Die im Drehbuch angelegte Person des Herrn Grünbaum gibt Ulrich Mühe hervorragend und mit einem Augenzwinkern wieder.
…“Vor dem Kinobesuch also die Frage, ob man über Hitler lachen darf; „…
Durfte man ja schon 1940 (später auch in Deutschland bei „Der große Diktator“ mit Charlie Chaplin.
Wenn’s denn ordentlich gemacht ist.
Stimmt. Dann muß ich die Frage anders stellen: Darf ein Deutscher einen Film drehen, in dem Hitler lächerlich gemacht wird. Daß das die Briten beispielsweise regelmäßig tun, wissen wir ja.
Ich finde keinen, der da mit mir rein geht… :-(
Dann muste halt allein rein.