White cliffs of Dover

Auf unserem Weg von Ramsgate nach Frankreich segelten wir natürlich auch an den weißen Klippen von Dover vorbei. Diese Kreidefelsen sind weltberühmt und immerhin fast so schön wie das Kap Arkona ;-)  Leider war es etwas diesig, so daß die Bilder nur mäßig gelangen.

Hier mal wieder ein größerklickbares Panorama dieser Felsenformation.

Daß vor Dover seit vielen Jahrhunderten immer wieder eine Menge los war sieht man auch auf der Seekarte. „Wk“ steht für „Wreck“ [englisch für „Wrack“], „Wks“ ist dementsprechend der Plural davon. Bei ruhigem Wetter ist dieses Gebiet für Taucher bestimmt ein großer Spaß — wenn man daran denkt, die Zeit abzupassen, bei der die Tiede nicht allzu stark ist. Ansonsten treibt man nämlich ganz schön schnell ab.

Nach Ramsgate rasen

Ehrlicherweise sind wir bisher eher übers Meer gedümpelt, als richtig gesegelt. Bei unserer Überfahrt von Belgien nach England änderte sich das aber dann doch ein wenig. Sechs Windstärken, in Böen acht, sagte Abends der Wetterbericht, nachdem wir knackig über den Kanal gekachelt waren. Solches Segelwetter mag ich sehr und wenn normalerweise der Chef das Ruder gern anderen überläßt, wollte er sich da den Spaß nicht nehmen lassen und stand fast die ganze Zeit selbst am Rad.

Das Sonnengestühl, in den letzten Tagen wichtigstes Utensil, spülte bald über Deck und wir packten es dann auch ganz schnell weg, damit des uns nicht wegschwamm.

Das Ganze geht natürlich nur mit einer knackigen Crew, wie wir es waren. Ist ja klar, oder ?  ;-)

Auch in der Messe ergaben sich lustige Perspektiven, bei denen man sich fragen mußte, was denn jetzt gerade, was schief war. Gegen Ende der Überfahrt gewann auch der Spruch „Das Barometer ist gefallen“ eine ganz neue Bedeutung: es fiel wortwörtlich aus der Halterung und schengelte dann auf dem Boden herum.

Normalerweise versucht man auf See immer eindeutige Bewegungen im Kurs zu machen, damit das andere Schiff sieht, daß man registrierte, wer Vorfahrt hat. In diesem Fall hatten wir ganz eindeutig Vorfahrt, allerdings fuhr der Kollege so knapp hinter uns her, daß wir uns lange Zeit nicht ganz sicher waren, ob er uns tatsächlich bemerkt hatte, oder Matrose Autopilot die Wache schob. Da Ihr nichts von einem Seeunfall in den Zeitungen gelesen habt, hatte er uns bemerkt.

In England steuerten wir den Hafen in Ramsgate an. Ich war dort schon mal, als ich etwa 14 Jahre alt war; damals faszinierten mich die gigantischen Hoovercrafts, die als Fähre nach Calais fuhren. Die Luftkissenboote und deren Hafen gibt es schon lange nicht mehr, dafür kann man aber sehen, daß sich ansonsten seit Lord Nelsons Zeiten in dem Hafen nicht viel getan hat. Zumindest die Beschläge in der Hafenmauer lassen diesen Schluß zu.

„Immer eine Hand breit Wasser unterm Kiel“ wünscht man sich in der Seefahrt. Ziemlich genau eine Hand breit war dann das Wasser bei Ebbe unter unserem Schiff. Dabei lagen wir schon im tiefen Teil des Hafens. Interessanterweise gibt es mitten im Hafenbecken eine große Sandbank, die bei Niedrigwasser auch trockenfällt. Sowas wundert mich dann schon, denn damit rechnet man ja nicht unbedingt.

Ramsgate ist ein ganz schönes Städtchen, das ganz typisch englischen Charme hat und natürlich auch ganz typisch englische Pubs.

Beim Betreten der Kneipen gibt es aber gewisse Regeln, damit die überall gegenwärtige Videoüberwachung auch funktioniert. Ich finde es ja schon ein wenig lächerlich.

Hier mal ein Blick auf unser kleines Bötchen inmitten des Hafens.

Dieses Gebäude im Hafen gefiel mir besonders gut.

Am nächsten Tag wäre ich sehr gern noch nach Brighton gefahren. Da muß man ja mal gewesen sein. Blöderweise war der Wetterbericht aber für uns von der Windrichtung her so ungünstig, daß wir uns lieber wieder auf den Weg in Richtung Festland machten. Schade eigentlich.

Nieuwpoort

Mit diesem Photo wird Euch vielleicht klar, warum ich die niederländische Küste so lobte: das ist nämlich der typische Eindruck im belgischen Teil der Nordseeküste. Wie kann man nur so unfaßbar häßlich bauen !  Nicht, daß es nicht auch in Deutschland einzelne Orte gäbe, die man als fleischbetongewordenen Albtraum bezeichnen könnte, aber in Belgien zieht sich das komplett durch.

In Nieuwpoort wird es optisch etwas besser, wenn man die direkte Küste hinter sich läßt und den Kanal in Richtung Altstadt fährt. Der Marktplatz kann sich ja durchaus sehen lassen. Aber so richtig schick ist es zumindest für uns im Detail nicht geworden. Die offizielle Hafenbehörde empfing uns mit den Worten „Für Sie haben wir hier kein Platz, die können woanders hinfahren.“ Nett, oder ?  Dabei wäre durchaus reichlich Platz gewesen. Und so legten wir dann an einem Schwimmsteg im etwas Abseits gelegenen Yachthafen an. Das ging auch nur, weil faktisch kein Wind wehte. Wäre er stärker gewesen hätten wir wahrscheinlich die komplette Anlage mit uns gerissen. Es gab keine Poller, sondern Festmacherchen. Außerdem scheint das Wasser im Kanal faktisch zu stehen, es stank gerade bei Ebbe ziemlich extrem und sah auch merkwürdigst aus. Dafür war aber der Hafenmeister der Marina sehr nett. Wenigstens was.

Als wir am nächsten Morgen in Richtung England losfuhren, machte ich noch ein paar Bilder von der Gestaltung des Kanals, der vom Meer zur Altstadt führt. Da hat man sich tatsächlich mal etwas einfallen lassen und ihn schön künstlerisch gestaltet. Finde ich eine tolle Idee.

Der Weg nach Vlissingen

Bei einem so langen Sprung von Helgoland bis zum niederländischen Vlissingen bei nur lauem Wind und teilweise Gegenströmung hat man ja viel Zeit. Da kann man nicht nur Reibekuchen backen und viele tolle Bücher lesen (da komme ich in ein paar Tagen noch zu), sondern auch ein paar Bilder von Bord machen, die ich Euch hier mal zeigen möchte.

Bei aller Ruhe muß man natürlich trotzdem darauf achten, daß man weder jemanden umfährt, noch umgefahren wird. Aber dafür gibt es ja einen aufmerksamen Ausguck.

Durch dieses Loch in der Bordwand kann man nicht nur aufs Wasser schauen, sondern man kann von außen auch im Hafen eine Trosse hineinführen und dann belegen [festmachen]. Während des Segelns wird hier der Bullenstander des Großsegels festgemacht. Und außerdem sieht das noch interessant aus.

Auch dieser Poller dient nicht nur zum Festmachen im Hafen, sondern auch wie hier für den „Bullen“ des Schonersegels.

Zu jedem anständigen Schiff gehört natürlich ein richtiger Kompaß. Den gibt’s hier natürlich auch. Sogar einen besonders schönen.

Und überall hängen Taue rum, die man gescheit festtüddeln muß.

Im Laufe der Zeit veränderte sich die Küstenansicht ganz schön. Um das zu zeigen fange ich hier mal mit der Küste Terschellings an (das Bild ist natürlich größerklickbar). Als Kind sind wir da in den Osterferien hingefahren und man konnte ganz todesmutig und rasant die Dünen herunterrutschen. Das darf man zwar heute aus Dünenschutzgründen nicht mehr, trotzdem mag ich die Insel immer noch, weil man da gerade bei rauhem Wetter ganz toll am Strand spazieren gehen kann.

Vor Seeland (so heißt ein Bundesland der Niederlande) gibt es natürlich auch Öl- und Gasplattformen. Hier ist eine davon.

Nach der zweiten Nacht kamen wir an Rotterdam vorbei. Das ist mal wirklich ein großer Hafen, auch im Vergleich zu meiner Lieblingsstadt Hamburg. Da muß man auch richtig aufpassen, daß man nicht von einem vollgeladenen Containerschiff umgenietet wird. Auch ein Großsegler wie unser Schiff hat da nicht viel gegenzusetzen.

Interessant ist auch ein anderer Aspekt: beim Auto gibt es ja immer große Diskussionen über die Luftbelastung und die Abgaswerte; über die Seefahrt wird kaum gesprochen. Wenn man sich mal die maritimen „Rennstrecken“ der modernen Containerschiffahrt anschaut, dann kann man die schon von weitem ganz leicht erkennen und auch riechen. Dadurch daß Schweröl in den Maschinen der großen Schiffe verbrannt wird, schwebt eine unübersehbar große Schwefelwolke über den Gebieten mit viel Schiffsverkehr. So auch in der Zufahrt zum Rotterdamer Hafen.

Kurz nach dem Hafen sahen wir auch ein Schiff, das in hohem Bogen Schlamm, der zuvor aus der Fahrrinne gebaggert wurde, wieder ins Meer sprüht.

Das ist nun der Badestrand bei Vlissingen. Sieht doch ganz gut aus, oder ?  In den nächsten Tagen wird es deutlich weniger gemütlich.

Holland ohne Windmühlen geht ja gar nicht. Das wissen auch die Tourismusmanager und darum steht vor der Vlissinger Hafeneinfahrt natürlich eine Mühle, die auch noch im (Show-) Betrieb ist.

Auch direkt an der Stadt sieht der Strand noch sehr einladend aus.

In der rechten Hälfte des Bildes geht es dann in den Vlissinger Stadthafen. Wir sind noch ein kleines Stückchen weiter gefahren und landeten dann in einer Schleuse, die vielleicht 20cm breiter war als unser Schiff. Das war schon spannend, zumal ein Motorbootfahrer sich natürlich nicht an die Funkanweisungen des Schleusenwärters hielt und er uns etwas im Weg war. Er konnte dann noch so gerade unter unserem Klüverbaum „parken“.

Später am Abend gewann dann auch Holland und wir hatten einen gutgelaunten Kaptain.

St. Pauli – Fan

Kapitän Mike war als Niederländer während der WM natürlich Holland – Fan, aber außerhalb internationaler Meisterschaften schlägt sein Fußballherz für den FC St. Pauli, was man an ziemlich vielen Stellen an Bord sehen kann. Nur ausgerechnet hier nicht, denn an dieser Stelle steht der Totenkopf ausnahmsweise tatsächlich mal für eine echte Gefahr.

Kochkünste

Wenn man 55 Stunden am Stück durchsegelt, dann kann man nicht gemütlich kochen, wenn man im Hafen liegt, sondern dann, wenn man Hunger hat. Die Reibekuchenbackerei fing bei einem Raumschots – Kurs an, bei dem das Schiff recht gerade liegt, dann drehte der Wind aber und frischte auch auf, so daß wir plötzlich mit Halbem Wind fuhren. Da wird Kocherei in der Kombüse dann schon etwas sportlicher, wie man hier ganz gut sehen kann. Schließlich soll ja auch nichts überschwappen.

Helgoland

Bevor es schon wieder fast verjährt ist, muß ich auch mal erzählen, wie es denn mit unserer Segelei weitergegangen ist. Von Brunsbüttel aus wollten wir also die Elbe hinunterfahren. Cuxhaven hatte ich Euch ja schon gezeigt und dann sollte es also in Richtung westfriesische Inseln gehen. Terschelling war angedacht. Nun ist Segeln ja eine Sache, die immer ein wenig vom Wind abhängt und mit so einem Schoner kann man nicht so hoch an den Wind [so gut gegen den Wind] gehen, wie mit einer schnittigen Yacht. Und darum war das Ziel Terschelling an diesem Tag nicht so ohne weiteres zu erreichen. Deshalb disponierten wir ein wenig um und entschieden uns für Helgoland. Das war zwar ein Umweg, ist alkoholzolltechnisch aber natürlich ein strategischer Vorteil und das ist in der Seefahrt ja auch immer ein schlagendes Argument.

Auf dem Weg dorthin kamen wir nicht nur an großen Containerschiffen, sondern auch an Fischern vorbei, die vor der Elbmündung fleißig ihrer Arbeit nachgingen.

Hier seht Ihr übrigens Felix, der als Stuur (sprich: Stühr) mit an Bord war.

Im Helgoländer Hafen waren wir sicher aufgehoben, ist da doch ein großer Rettungskreuzer beheimatet. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger ist übrigens ein privater Verein, der komplett ohne Steuergelder nur durch Spenden fianziert wird und zusammen mit der Bundeswehr die Seerettung vor den deutschen Küsten übernimmt. Für jeden deutschen Seefahrer ist es quasi Ehrensache, dort Mitglied zu sein.

Außerdem gab es dort auch einen Regenbogen, der sich meiner Meinung nach ideal mit unseren Masten kombinieren ließ.

Die roten Felsen von Helgoland sind ja legendär, heißt es doch so schön

Rot ist der Felsen,
weiß ist der Strand,
das sind die Farben
von Helgoland.

Nach einem langen Tag auf See muß man auch mal seine Beine bewegen und so stiefelten Felix und ich noch los, um ein Mal um die Insel zu laufen. Was auf Helgoland jetzt nicht so schwer ist.

In der roten Steilküste nisten neben Lummen vor allem Baßtölpel zu Tausenden und machen einen ganz schönen Lärm dabei.

Ein Blick auf die Lange Anna darf natürlich nicht fehlen, zumal die Tage dieses Felsens gezählt sind. Trotz zahlreicher Schutzmaßnahmen ist der Buntsandstein mittlerweile durch Frost und Brandung so porös und rissig, daß die oberen Zweidrittel wohl in näherer Zeit abbrechen werden.

Die „Rückseite“ der Insel ist nicht so sturmgepeitscht, dort gibt es auch richtige Sandstrände.

Nachdem ich schon in Brunsbüttel sehr früh morgens Brötchen holen war, habe ich freiwillig für den Rest der Reise diesen Job übernommen, weil die Stimmung morgens einfach so schön ist. Auf Helgoland war ich sogar morgens noch mal laufen, um die Felsen in anderem Licht photographieren zu können. Interessanterweise war ausgerechnet Helgoland der Ort, in dem wir mit 20 Cent die mit Abstand günstigsten Brötchen der Reise erstanden. Aber auch Alkohol und Pafümerieartikel sind unschlagbar billig. „Mein“ Armani – Deo, in Hamburg zur Zeit für 27,00€ zu haben, erstand ich dort für 15,00€. Wenn man seinen Einkauf ein wenig plant, dann hat man die Kosten eines Tagestrips ganz schnell raus und zusätzlich noch einen schönen Ausflug gemacht.

Im Morgenlicht sehen auch die bunten Häuschen rund um den alten Hafen sehr schön aus; wie immer kann man das Panorama größerklicken.

Nach unserer Abfahrt hatten wir dann auch noch mal einen schönen Blick auf den Helgoländer Felsen mit der Langen Anna. Wir segelten weiter, dieses Mal tatsächlich in Richtung Holland und weil wir ja durch den Helgolandschlenker Zeit verloren hatten, segelten wir sogar ohne festzumachen die kommenden zwei Nächte durch. Aber davon erzähle ich später.

Auto

Ich bin eigentlich jemand, der sehr gern mit der Bahn fährt. Die Erlebnisse der letzten Monate lassen mich jedoch stark darüber nachdenken, ob es nicht doch sinnvoll sein könnte, ein eigenes Auto zu kaufen.

Im Winter besteht die Gefahr des Winters, im Sommer die Gefahr des Sommers. Diese simple Erkenntnis sollte sich doch auch in den Vorstandsetagen der Deutschen Bahn AG herumgesprochen haben. Während in Frankreich alle drei Züge pünktlich und gut klimatisiert verkehrten und auch sonst keine größeren Verstätungen angezeigt wurden, bricht, kaum daß ich deutschen Boden betrete, wieder das Chaos aus. Schlecht gewartetes Material trifft auf diletantisches Personal. Na klasse.

Nachtrag 15.07.2010: gekrönt wurde meine Reise dann noch durch einen Taxifahrer, der ganz offensichtlich eine Überdosis Trill Sprechperlen zum Abendessen verspeist hatte. Trotz deutlichen Hinweises, daß mich es nicht sonderlich interessierte, referierte er ausführlich über Ludmillas und Taigatrommeln, die ja deutlich zuverlässiger als aktuelle Bahntechnik seien. Ich hätte es vor dem Einsteigen wissen können: sein Wagen war mit Aufklebern von Pufferküsservereinen gepflastert.

Die Tour

Zur Zeit komme ich noch nicht dazu, ausführlich von unserer Tour zu berichten, aber Ihr sollt schon mal sehen, was Euch in den nächsten Tagen hier erwarten wird. Von Kiel aus ging es über Brunsbüttel zu Deutschlands einziger Hochseeinsel und dann immer der blauen Linie entlang bis nach Cherbourg. Es war ein großer Spaß, den wir da hatten.