Am Anfang des Jahres war ich ja Opfer eines Putschversuchs (hier und da mehr dazu), nun muß ich erkennen, daß die Konkurrenz nicht schläft, sondern gleich im Dreierpack darauf wartet, die Macht zu übernehmen. Und das wenige Tage, bevor die nächste Spatzentour losgeht. Ob das ein Zeichen sein soll ? Möge die Macht mit mir sein.
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Proben
Zum heutigen Auftritt der Gregorian bei der SAT1 – Boxnacht mußte eine Nummer choreographisch umgestellt werden, damit es im Kamerabild besser aussieht. Hier nun mal einen Backstageblick dazu; in der Garderobe wurden die Möbel zur Seite gerückt und schon hatten wir einen Probenraum. Rechts im Bild Choreographin Eva.
Und gleich sah es auch auf der Bühne besser aus. Ist jetzt hier nicht richtig zu erkennen, müßt Ihr mir glauben. Heute Abend wird es dann noch mal besser.
Wie immer beim Fernsehen sind die Tage von viel Warterei geprägt. Was die Sänger dazu verleitete, das Buffet künstlerisch zu verschönern. Sind eben nicht nur Sänger, sondern Künstler.
Drinnen und draußen
Gestern Abend gab es noch einige Proben. Neben den Moderatoren, die hier schon mal schauten, wie bequem man auf dem ran – Logo fletzen kann, waren wir auch dran. Da bin ich aber nicht zum Photographieren kekommen.
Draußen vor der Halle gibt es eine große Eisschnellauf – Bahn. Ich habe sowas in Deutschland vorher noch nie gesehen, kenne solche Anlagen nur aus Holland und war dementsprechend erstaunt. Blöderweise habe ich hier keine echte Zeit, sonst hätte ich mir sehr gern mal in einer der öffentlichen Laufzeiten ein paar „Schaatsen“ untergeschnallt und wäre losgelaufen. Das habe ich ewige Zeiten nicht mehr gemacht.
Auf die Nuß
Mann gibt es noch viel nachzutragen. Damit ich nicht komplett versinke, mache ich mal mit dem Hier und Jetzt weiter. Dieses Wochenende sind wir mit den Gregorian in Dresden, weil die Truppe Showact bei der Sat1 ran – Boxnacht ist. Gestern Abend bin ich schon dorthin gefahren und heute morgen sah es in der Halle so aus wie auf dem Photo. Für die Mönche gibt es eine Showbühne, die sich gewissermaßen links an das Bild anschließen würde. Weil sie in den Rang hineingebaut ist, geht es an der Bühnenvorderkante ganz schön tief abwärts. Darum haben die Fernsehkollegen da einen Drahtzaun montiert. Mal sehen, wie das hinterher im Bild aussieht. Ich habe sicherheitshalber schon mal ein Schild „Bitte nicht füttern“ vorbereitet. Das klebe ich dort sonst etwa zehn Sekunden vor Show hin.
zurück
Nun bin ich zurück aus dem russischen Reich und ganz ehrlich: ich bin froh. Die Tour war anstrengend und in vielerlei Hinsicht desillusionierend. In den nächsten Tagen werde ich dann mal anfangen nachzutragen, was sich denn alles ereignet hat. Eines kann ich schon mal sagen: der Satz „This is Russia !“ als Standardentschuldigung für jeden Schwachsinn kann ich nicht mehr hören und auch die Standardantwort auf Fragen jedweden Inhalts, „HET“ (sprich: njet) brauche ich in nächster Zeit nicht mehr. Immerhin haben wir mit unserer Tour wohl einen Rekord aufgestellt. Der örtliche Tourveranstalter behauptete, daß wohl noch nie ein westlicher Künstler so viele Konzerte in so kurzer Zeit absolviert habe; wir würden damit in die Bücher der russischen Konzertgeschichte eingehen. Ehrlicherweise ein Rekord, auf den ich auch gern hätte verzichten können. In Rußland back to back reisen heißt große Schmerzen auf sich zu nehmen.
Jetzt gehe ich aber erst einmal ins Bett. Habe ich dringend nötig.
Tag 4: Khabarovsk
Nach unserem ersten Konzert hatten wir am nächsten Morgen einige Stunden Zeit, um uns die Stadt anzuschauen. Ich verband das direkt noch mit einer Einkaufstour durch örtliche Elektronikshops, da wir dringend ein Ersatzteil brauchten. Aber auch im Fernen Osten Rußlands ist man bestens sortiert und so war das kein Problem.
Das Bild zeigt den Blick aus meinem Hotelzimmerfenster hinaus auf den Amur und es zeigt auch, daß Khabarovsk eine sehr grüne Stadt ist. Sie steht schon im direkten Gegensatz zum ersten Eindruck, den ich von Ostrußland in Vladivostok bekam. Die Stadtregierung Khabarovsks legt großen Wert darauf, eine lebenswerte Stadt zu verwalten und das ist ihr auch gelungen.
Natürlich gibt es neben den im Osten üblichen Holzhäusern auch sozialistische Wohnbauten, aber trotzdem macht alles einen relativ gepflegten Eindruck und ich fühle mich recht wohl in der Stadt.
Bei der Planung hat sich mal jemand wirklich Gedanken gemacht: es gibt drei große Hauptstraßen, die parallel zueinander laufen. Damit die Fußgänger und Radfahrer sich nicht dem Verkehr aussetzen müssen, gibt es zwischen diesen Hauptstraßen immer Boulevards, also sehr breite, parkähnliche Grünstreifen, auf denen man wandeln kann. Finde ich eine gute Idee, den man auch in anderen Städten mal umsetzen könnte.
Aber auch richtig schöne Gebäude gibt es dort. Insgesamt wird das Gesicht der Stadt eben nicht wie woanders in der Gegend durch Bausünden, sondern durch halbwegs überlegte Architektur geprägt. Die Kirche ist übrigens relativ neu, erst nach dem Fall der Sowjetunion entstanden; sieht man ihr nicht an, finde ich.
Der Amur ist der Fluß der Stadt und seine Gewaltigkeit kann man aus dieser Perspektive heraus gar nicht erkennen, da nur ein Nebenarm bis zum nächsten Inselstreifen zu erkennen ist.
Am Fluß entlang verläuft eine Uferpromenade mit Verkaufsbuden und Kunst, meine lokale Führerin Julia erzählte mir, daß vor allem Abends die Promenade ein beliebter Treffpunkt der hiesigen Studenten sei. Die Kunst wird auch genutzt, wie man sehen kann. Die beiden hatten bei ihrem Photoshooting übrigens eine Menge Spaß.
Spaßig geht es hier nicht zu. Das ist das offizielle Kriegsdenkmal des zweiten Weltkriegs, an dem bis heute eine Gedenkflamme brennt. Auf diesem Denkmal sind alle aus der Stadt gefallenen Soldaten vermerkt. Nur aus dieser Stadt und nur die Soldaten. Da mußte ich tatsächlich erst einmal schlucken. Das sind ganz schön viele Namen, die da eingemeißelt sind. Europa ist sooo weit weg und Khabarovsk hat so viele Menschen verloren ? Wie kann das sein ? Erst langsam geht mir auf, daß der zweite Weltkrieg nicht von ungefähr Weltkrieg und nicht Europakrieg heißt. Japan war Verbündeter Deutschlands im Krieg gegen Rußland, gewissermaßen also die rückseitige Front. Auch hier war also Krieg.
Noch nachdenklicher wird man dann bei diesem, direkt hinter dem Weltkriegsmahnmal stehenden Denkmal für alle gefallenen Soldaten der Stadt bei den zehn Kriegen seit 1945; inklusive elf Jahren Afghanistan. Das wirkt dagegen, ohne das ich jetzt hier die Schicksale der Gefallenen vernachlässigen möchte, übersichtlich und läßt noch einmal sehr deutlich werden, wie unglaublich viel Elend die von Deutschland maßgeblich geprägte Zeit Anfang der 40er Jahre gebracht hat.
Nachmittags stiegen wir dann wieder in einen Flieger, der uns weiter ostwärts brachte. Die Sicherheitskontrollen incl. Abtasten wurden ausschließlich von jungen, äußerst attraktiven Frauen durchgeführt, die sogar lächelten. Das war für uns alle natürlich ein angenehmes Erlebnis. Auf dem Flughafen, wie auch schon in Vladivostok und dann auch später noch auf Sakhalin, standen einige alte Maschinen herum, teilweise ohne Triebwerke. Das wäre bestimmt ein tolles Photosafariegelände …… wenn man das Risiko einer Bekanntschaft mit russischen Sicherheitskräften eingehen möchte.
Der Sakhaliner Flughafen ist schon sehr spartanisch; es gibt erst gar keine Ankunftshalle. Am Flugzeug wird man per Bus abgeholt und an den Zaun des Vorfelds gefahren. Dort geht man dann durch ein Tor raus, ein Stück weit zum Flughafengebäude und wartet dann draußen (!), bis die Türe zum einzigen Gepäckband geöffnet wird. Das stelle ich mir bei Regen oder im Winter … suboptimal … vor, aber wir hatten Glück und stiegen dann trocken in unseren Bus.
In Rußland ist das mit den Sicherheitsvorschriften so eine Sache. In der Regel mag es zwar welche geben, aber es kümmert sich eigentlich niemand darum, weil man ja jemanden kennt, der dafür verantwortlich ist und den man schmieren kann. Sehr speziell sind diese Klappsitze, die sich in vielen Bussen im Gang befinden. Ist der Bus voll, werden einfach diese Sitze mit drei schnellen Handgriffen ausgeklappt und es gibt zusätzliche Sitzplätze. Daß man damit einen eventuellen Fluchtweg und natürlich auch den Weg für andere Fahrgäste zum Ausgang verbaut, nimmt man billigend in Kauf.
Das war es erst einmal für heute; hier noch alle Bilder des Tages.
Tag 3: auf nach Khabarovsk
Morgens früh, so früh, daß es im Hotel noch gar kein Frühstück gab, zogen wir auch schon weiter, um die letzte Etappe unserer Anreise hinter uns zu bringen. Damit wir was im Magen hatten, fuhren wir noch an einem Frühstückscafé vorbei. Überall in Rußland laufen in den Restaurants, auch in recht teuren, Fernseher (oft sogar mit Ton und manchmal auch mehrere Programme parallel, was echt nervig ist), dort gab es zum Frühstück eine russische Boxvariante, bei der offenbar mehr oder weniger alles erlaubt war und es recht blutig herging. In mir weckten diese Bilder, zu denen übriggebliebene Mietdamen und sehr kräftige Polizisten aßen, das Ressentiment des bösen Russen, wie es Menschen meiner Generation im Kalten Krieg eingeimpft wurde. Diese Kämpfe befremdeten mich auf der einen Seite, auf der anderen merkte ich aber auch, daß sich mein Stammhirn durchaus angesprochen fühlte und mitging. Ein komisches Gefühl.
Komisch sind für mich auch diese ganzen Uniformen hier, diese ganzen Mützen mit überhohen Spiegeln, die man im Westen eher als Karrikatur sehen würde, hier aber Autorität ausstrahlen sollen. Überall Wachmänner, Securities, die stiernackig nach Autorität lechtzen. Das ganze Machogehabe geht mir jetzt schon mächtig auf den Geist.
Auch dieser Transport vom Hotel zum Flughafen war nicht echt durchdacht. Zwar gab es diese Mal einen Bus, der hatte aber faktisch keinen Laderaum, sodaß sich das Gepäck auf und zwischen den Sitzen stapelte. Na ja.
Oben dann mal ein Teil unseres Gepäcks beim Ausladen aus dem Bus am Flughafen. Kommt schon was zusammen. 27 Teile plus Handgepäck.
Passend zu den Kämpfen im Fernsehen dann das Einchecken; fast gibt es eine Prügelei. Ein bulliger Typ, Frau und Kind hinter sich herschleifend, drängelt sich massiv vor und übersieht aber, daß wir als Gruppe einchecken, sich das Vordrängeln nicht lohnt und er im Gegenteil mit seinem Gepäck jetzt im Weg ist, weil wir ja alle Teile aufgeben müssen. Als einer der Mönche versucht, ihm das freundlich zu erklären, wird der Stiernacken direkt handgreiflich. Der Promoter übersetzt und beruhigt. Der Nacken zieht ab.
Wir fliegen entlang der chinesischen Grenze, der östlichen Grenze Chinas; das ist schon bemerkenswert. Für mich war Sibirien immer eine kleine, abgeschlagene Gegend im Nordosten Rußlands. Daß Sibirien faktisch die komplette Gegend östlich des Urals ist und damit der mit Abstand größte Teil des gigantischen russischen Staates, geht mir erst jetzt auf. Wenn man sich das mal anschaut versteht man plötzlich überhaupt gar nie nicht mehr, wie man als Feldherr auf das schmale Brett kommen kann, Rußland einnehmen zu wollen. So viel Soldaten und Material kann man doch gar nicht haben.
Beim Anflug auf Khabarovsk überfliegen wir eine bizarre Gegend, die ich leider nicht photographieren kann, weil ich nicht am Fenster sitze. Der Amur, Grenzfluß zu China, windet sich auf vier, fünf Kilometern Breite mit unzähligen Neben- und Altläufen durch die Landschaft und ändert auch regelmäßig sein Hauptbett, was genauso regelmäßig zu Grenzdiskusionen zwischen China und Rußland führt. Ein echter, wilder, ungebändigter, natürlicher Fluß, der von oben aussieht wie ein Flußdelta, aber eben doch nur der normale Flußverlauf ist. Toll.
Das ist also unsere erste Spielstätte dieser Tour quer durch Rußland, das Musiktheater Khabarovsk. Wir sind jetzt neun Zeitzonen von zuhause entfernt. Wenn die Kollegen in Crailsheim um 10:00 Uhr konzentriert an ihren Schreibtischen sitzen, oder in Kastelruth gerade Halbmittag ist, haben wir 19:00 Uhr und damit Showtime. Was die Kommunikation nicht immer vereinfacht.
Im Theater recht guter Service und sogar freundliche, lächelnde Menschen, nur das örtlich gestellte Pult, auch nur eine Hog 1000, kennt die ebenfalls örtlich gelieferten Futurelight – Movingheads nicht, es müssen Fictures geschrieben werden, was aufhält.
Plötzlich wildes Geschreie Backstage. Einer der örtlichen Schauspieler, schon etwas gealtert und mit offensichtlichem Egoproblem regt sich über zehn Minuten sehr lautstark darüber auf, daß er sich heute nicht komplett frei in „seinem“ Haus bewegen und einfach das Catering plündern darf. Dabei wollte er doch seiner deutlich jüngeren Begleitung beweisen, daß er ein echter Star ist. Sehr lustig.
Und das ist sie nun, unsere erste Show. Whow. Es ist alles sehr gut gelaufen und so weit von zuhause weg jubeln die Menschen der Truppe euphorisch zu. Das ist schon komisch und schön. Und damit dachten wir, daß es dann schon werden würde in Rußland, daß es alles immer so gut laufen würde wie in Khabarovsk. Nun. Das war — soviel kann ich nach zehn weiteren Tagen schon sagen — doch etwas naiv. Aber davon dann in den nächsten Tagen, wenn ich wieder Internetzugang habe. Wir sind nach der Show erst einmal noch lecker essen gewesen, haben ein wenig gefeiert und das hatten wir uns nach der langen Reise ja auch verdient.
Tag 2: Reise von Moskau nach Vladivostok
Nach stundenlangem Warten in Moskau ging es dann kurz vor Mitternacht ortszeit los mit unserem Flug nach Vladivostok. Die Boeing 777 ist ein klassisches Langstreckenflugzeug, das man bei einem Inlandsflug erst einmal nicht erwarten würde, wenn man in europäischen Dimensionen denkt. Ich möchte Euch bitten, Euch tatsächlich mal die Zeit zu nehmen und bei Google Maps, oder aber in Eurem guten alten Diercke Schulatlas nachzuschlagen, wie groß, wie wirklich unglaublich groß Rußland ist. Es ist mit weitem Abstand das größte Land der Erde, das bevölkerungsreichste Land China mit seinen großen Weiten paßt fünf Mal hinein. Und dann versteht man auch ganz schnell, warum ein Langstreckenflieger an den Start geht, wenn man 3/4 des Landes durchqueren will, was in diesem Fall eine Flugstrecke von rund 7.000km bedeutet.
Die komplette Crew des Fluges machte einen ziemlich gepißten Eindruck. Auch das ist für mich als Mitteleuropäer erst einmal ungewohnt, normalerweise lächeln die Jungs und Mädels ja um die Wette. Hier sollte das eine gute Einstimmung auf den typischen Russen östlich des Urals sein. Das Essen weist … nun ja … russische Qualitäten auf, so daß ich recht viel zurückgehen lasse und die Klimaanlage tut richtig etwas für unsere Gesundheit, indem es Kneipp’sche Wechselbäder während des Fluges ermöglicht. Ein echter Service.
Auf den Bildern oben kann man mal unseren Weg sehen und auch, daß wir einen kleinen Bogen fliegen mußten, um chinesisches Territorium zu umgehen.
Auch die Abfertigung ankommender Fluggäste ist in Rußland anders als anderswo. Kaum hat man das Flughafengebäude betreten, ist man auch schon von seinen Liebsten umgeben; sie stehen direkt an der Türe, man muß sich durch sie durchdrängen, will man weiter. Die Türe zum Gepäckband ist zu; man kann den Raum erst betreten, wenn das Gepäck auch da ist. Natürlich kommen Oma, Opa, Onkel Pit, Tante Kläre und die Kinder auch mit, was das Durcheinander am Band erst richtig perfekt macht.
Vor dem Flughafen stehen drei Toyota Minibusse (also VW-Bus – Größe), die 18 erwachsene Leute plus ihr Gepäck für vier Wochen plus sechs fette Koffer Props (Kostüme und sonstiges Geraffel) transportieren sollen. WTF. Auf russischer Seite zeigt man sich überrascht. Es kommt dann tatsächlich auf die Schnelle noch ein zusätzliches Fahrzeug.
Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel dauert über eine Stunde und führt durch Gegenden die deutlich nicht den Naturschutzpreis gewinnen würden. Industrieanlagen pusten ungefiltert und stinkend ihre Abgase in die Luft; die Gegend sieht deutlich mißhandelt aus. Als erster Eindruck vom Land ein Albtraum. In den Gärten brennen Feuer mit Abfällen, direkt daneben hängt Wäsche zum Trocknen. Später lese ich, daß die WHO 80% der Außenbezirke Vladivostoks als gesundheitsgefährdend einstuft. Da können wir bei uns zuhause noch so sehr einen Handstand machen, die ökologische Zukunft unserer Erde wird nicht in good old Europe, sondern in den Schwellenländern entschieden; da scheint diese Erkenntnis aber bisher nur bedingt angekommen zu sein.
Wir sind nicht nur in den Osten geflogen — Vladivostok liegt genau östlich von Nordkorea, hat aber faktisch keine asiatische Bevölkerung, was auch komisch ist —, sondern haben auch eine Zeitreise gemacht, die uns geradewegs in die 80er geführt hat. Die Herren tragen VoKuHiLa und Pornobalken, im Radio läuft Scooter, Scorpions, van Halen, Harold Faltermeier und Opus neben lokalen Größen. Sehr lustig.
Auf der Straße ist ganz normaler Rechtsverkehr, allerdings sind sicher 95% der Fahrzeuge japanische Rechtslenker – Autos; überhaupt spielt der europäische Automobilbau hier absolut keine Rolle. Auffällig ist auch der sehr hohe Anteil an SUVs, was bei den Straßen erst mal kein Wunder ist. Wenn man sich aber mal überlegt, was der durchschnittliche Ostrusse so verdient, dann reibt man sich schon die Augen und fragt sich, worauf er denn alles verzichtet, um sich so ein Angeberauto leisten zu können.
Unser Hotel Equador sieht von außen erst einmal nicht gerade vertrauenswürdig aus, ist von innen aber ok. Allerdings merkt man beim Bett doch die Nähe Japans (das auf dem Bild unten auch zu sehen ist), denn die Matratze ist betonhart. Und der gastronomische Service läßt doch zu wünschen übrig.
Die Stadt selbst ist städtebaulich eine brutale Mischung aus Sozialismus und Kapitalismus. Auf Ästhetik schaut hier jedenfalls niemand. Auch haben die Menschen hier nichts zu lachen. Im Gegensatz zu unserer letztjährigen Reise im Westen Rußlands sind selbst junge Frauen knallhart in ihrem Gesichtsausdruck, auch wenn sie nur minimalst bekleidet sind und Stiefel mit Absätzen tragen, für die man sicher einen halbjährigen Laufkurs mit Führerscheinprüfung absolvieren muß. Später lerne ich, daß in dieser Gegend es als dumm und ungebildet gilt, zu lächeln. Die wenigen lächelnden Ausnahmen, die ich kennenlernen werde, beweisen allerdings das Gegenteil.
Auch wenn ich jetzt hier erst über den zweiten Tag schreibe, so sind wir mit unserer Reise ja schon viel weiter. Dabei sind echt viele Bilder angefallen, die ich hier und auch im Photoblog nicht alle unterbringen kann, die aber doch einen guten Eindruck von Reise und Land vermitteln. Eigentlich hatte ich sie für eine bestimmte Person hochgeladen, aber da ich das Blog ja auch als Tagebuch für mich nutze, möchte ich sie eigentlich gar nicht aus meinem Webspace löschen. Darum gibt es ab sofort am Ende eines jeden Artikels den Link zu den Bildern des Tages; da könnt Ihr Euch dann alle Photos ansehen. Das sind heute noch nicht viele, aber in einigen Tagen werden es dann doch deutlich mehr.
In Rußland unterwegs
Es tut mir wirklich leid, daß ich Euch gerade nicht regelmäßig berichte, aber die Arbeit rund um die Konzerte und auch Rußland selbst erleben hält mich so in Atem, daß ich nicht dazu komme, auch noch zu bloggen. Reales Leben geht nun mal immer vor virtuellem Leben. Aber ich verspreche, daß ich das Erlebte hier noch ausführlich wiedergeben werde. Und wie es eine sehr gute Freundin formulierte: hier werden gerade Geschichten für die Legendenkiste geschrieben.
Euch allen ganz herzliche Grüße, gerade aus Irkustk am Baikalsee.
Tag 1: Flug nach Moskau
Am Freitag ging es los mit unserem Abenteuertrip und das Abenteuer fing direkt vor der Haustüre im Hamburger Flughafen an. Keine Ahnung, was genau los war, aber allein das Abgeben des Gepäcks für sechs Personen dauerte über eine halbe Stunde. Gut, zugegeben, wir hatten 200kg Übergepäck (und zahlten dafür dann auch 2.000,00€, aber daran kann es eigentlich nicht liegen. Dann war der Bereich der neuen Sicherheitskontrolle dermaßen überfüllt, daß sogar die alten Kontrollbereiche geöffnet wurden. Das Personal arbeitete dort aber so unglaublich langsam, daß das eigentlich auch keine echte Entlastung war. Letztlich kamen wir am Gate an, als die Abfertigung eigentlich schon geschlossen war. Wir wurden dann mit einem extra noch herbeibestellten Bus zum Flugzeug gefahren. Andere Gäste schafften es gar nicht mehr, davon aber später mehr. Als es dann endlich losging sahen wir auf dem Vorfeld dieses sehr bunte Flugzeug. Coole Idee und da der Flieger sicher nicht nur hier abgebildet wird, auch eine wirksame Werbung.
Auch auf dem Vorfeld stand dieser alte Flieger, der wohl kurz davor war, ebenfalls abzuheben. Ich bin mit so einer Maschine noch nie geflogen. Schade eigentlich, denn das ist bestimmt noch ein Erlebnis.
Hier ist dann die deutsche Ostseeküste zu sehen, im Hintergrund die mecklenburgische Seenplatte. Das sieht alles schon wirklich sehr schön aus von oben (und ist ja auch unten immer eine Reise wert). Hier ist das Wetter noch schön, mit Überschreiten der polnischen Grenze wurde es allerdings wolkig und so blieb es dann auch bis Moskau.
Ich erwähnte ja schon, daß es in Hamburg einige Gäste nicht bis in den Flieger geschafft hatten; ihr Gepäck allerdings schon. Das drehte dann im Moskauer Flughafen einsam auf dem Gepäckband seine Runden. Das wäre vielleicht gar nicht so schlimm, denn schließlich werden die Inhaber der Koffer ja auch irgendwann nachkommen ……
…… wenn das hier nicht die ganzen Gepäckstücke wären, die nicht abgeholt wurden. Diese Sachen liegen neben dem Gepäckband „auf Halde“, vom allgemeinen Zugriff nur durch eine Stuhlreihe getrennt. Das erweckt ehrlicherweise nicht so richtig mein Vertrauen.
Viele Leute sind ja immer begeistert, wenn sie von meinem Beruf hören weil sie meinen, ich käme ja viel rum und sähe viele interessante Städte. Nun. Viel rum komme ich tatsächlich, aber sehen …… das hier ist der Blick, den ich von Moskau hatte, obwohl wir durchaus sieben Stunden Aufenthalt hatten. Aber da man das Gepäck nicht durchchecken konnte, hatten wir unser ganzes Zeug am Bein und damit macht man sehr schlecht Sightseeing. Also hockten wir im Flughafen, bevor es dann nachts nach Vladivostok ging (das Übergepäck kostete dieses Mal übrigens nur umgerechnet etwa 800,00€). Davon dann im nächsten Artikel.
Vorher aber noch mal ein paar Gedanken zu den ganzen Ansagen, die da in so einem Flughafen laufen: in Moskau gibt es wirklich ununterbrochen Ansagen und keine ruhige Minute Sekunde. Wenn nicht gerade Flüge angekündigt, Passagiere ausgerufen, oder eine der unglaublich zahlreichen Gateumlegungen verkündet werden, dann gibt es den obligatorischen Sicherheitshinweis. Das ist alles so viel und vor allem so durchdringend laut, daß man unweigerlich abschaltet und dann eventuell einen tatsächlich wichtigen Hinweis nicht mitbekommt. Hier gilt wirklich: weniger ist mehr.