Hamburg in frühen Luftaufnahmen

Mal wieder bin ich zufällig auf ein Buch gestoßen, dieses Mal ist es Hamburg in frühen Luftaufnahmen, das sogar von einer Hamburger Behörde herausgegeben wurde. In knapp über 100 Luftaufnahmen sieht man die Entwicklung des Fuhlsbütteler Flughafens (ja, auch vom Knast gibt es eine Aufnahme), Schächte im U-Bahn – Bau, den Hafen, Pauli, St. Georg & die Altstadt und viele weitere Details. Leider ist die Gegend in der ich wohne auf zwei Bildern nur knapp nicht zu sehen. Ich hätte schon gerne mal gewußt, wie es hier vor dem Krieg aussah. Beim Photo auf dem Umschlag, bei dem die Mönckebergstraße und der Rathausmarkt zu sehen ist, frag ich mich ja, was es denn Besonderes im Rathaus gab, daß man in so langen Schlangen anstand. Freibier wird es ja nicht gewesen sein.

Wenn man das Buch mit ein wenig Ruhe durchschaut, dann ist es schon interessant zu sehen, wie sich die Stadt verändert hat und was heute eigentlich genau so ist wie vor 80 Jahren. Manche Bilder hätte ich mir größer und detailreicher gewünscht. Daran könnte man bei einer Neuauflage noch arbeiten.

Neujahrstradition

Eigentlich wißt Ihr schon, was zu Anfang eines Jahres immer kommt: das Neujahrskonzert von Stefan Gwildis in der Laeiszhalle. Das war wie immer ausverkauft und wie immer bebte nach kurzer Zeit bereits der Rang. Neu ist, daß alle außer Stefan selbst nun nicht mehr mit Wedges (Monitorlautsprechern) versorgt werden, sondern das bereits erwähnte InIhr – Monitoring haben. Das kommt nicht nur dem Sound in einer Konzerthalle zugute, sondern ist für die Musiker außerdem ohrenschonend.

Es gab viele Songs der neuen Scheibe und natürlich ein paar „Klassiker“; insgesamt ein gutes, knackiges Programm. Eben genau das, was man von einem Gwildis – Konzert erwartet.

Um kurz vor Elf gab es dann noch etwas Neues: Stefan hatte Klavierunterricht und bot als allerletzte Zugabe noch solo ein Stück am Flügel über die Geburt seines Sohnes. Ein schöner Abschluß eines schönen Abends.

Ein gutes 2009 !

Um den Sprung ins neue Jahr angemessen zu begehen, begaben wir uns ganz oldschool unter den Schutz eines Drachen, der uns gut und sicher geleitete. Dieser hier hängt an der Decke des Mandarin Kasinos, in welches das Mojo – Team geladen hatte. Ich war insofern erst mal etwas enttäuscht, als daß sich das Mojo – Motto „uncompromising turntables“ im zweiten Wort weitgehend nicht bewahrheitete, kamen die meisten der gespielten Tunes doch als fertige Playlist aus dem Apple. Jungs, daß ist schon ein wenig Mord am eigenen Ruf. Wenn schon fast alle Clubs auf dem Kiez erstaunlich unvoll waren, muß man doch nicht auch noch Strom sparen, in dem die Motoren der Technics‘ ausgeschaltet bleiben.

Zum Glück nahte Livespaß in Person von Mr. Moneypenny and the Soul Agents, die teilweise recht eigen arrangierte Soul-, Funk- und Reggae – Klassiker gekonnt und mit Feuer zum Besten gaben. In zwei Sets sorgten sie dafür, daß das neue Jahr vom Tanzen naßgeschwitzt begann. Also ein perfekter Start.

Und so bleibt mir nur noch, auch Euch ein wirklich tolles 2009 zu wünschen. Lehren wir alle der vielbeschworenen Krise mit guter Musik und tollen Konzerten das Fürchten. Ich jedenfalls freue mich schon auf ganz viele Veranstaltungen auch in diesem Jahr.

Krabat im Deutschen Schauspielhaus

Wer das Buch Krabat von Otfried Preußler kennt weiß, daß es eigentlich keinen besseren Tag als ausgerechnet Silvester gibt, um es zu lesen — oder eben zu sehen. Nach dem für mich recht enttäuschenden Film starteten wir also gestern Nachmittag den Versuch im Deutschen Schauspielhaus.

Schon nach Öffnen des Vorhangs mit dem Krabat – Schriftzug hatte ich das Gefühl, daß es eine gute Inszenierung werden würde. Es erwartete uns kein überladenes Bühnenbild, kein buntes Kindertheater, sondern eine faktisch leere Bühne, nur mit Mühlrad, Meister und Krabat.

Die Verwandlungen des Bühnenbildes erfolgten in der Mehrheit nicht durch einfliegende Kulissen aus der Obermaschinerie, sondern durch den offenen Einsatz der Untermaschinerie: Drehbühne und Hubpodien veränderten im Wesentlichen das Bild in dem Stück, das ohne Unterbrechungen, ohne Vorhänge gespielt wurde. Mit geprägt wurde die Inszenierung durch musizierende Knappen, die den Rhytmus, die Dynamik der Mühle unterlegten und dem ganzen einen guten Drive gaben.

Natürlich mußte es Anpassungen des Buches an die Bühne geben. Die wurden aber nach meinem Geschmack deutlich geschickter, schlüssiger gelöst als im Film: aus drei Jahren wurden zwei, aus zwölf Knappen sieben und aus der Kutsche des Herrn Gevatter wurde eine knochige Hand, die in den Vollmondnächten die Knochen zum mahlen brachte.

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Hamburg schwarz-weiß

Ich weiß nicht, ob es Euch genau so geht, aber Schwarzweißbilder üben auf mich eine besondere Faszination aus. Sie fühlen sich vertrauter an, als Farbbilder. Sie erinnern mich an Kindheit, obwohl meine Eltern schon farbig photographierten. Sie erzeugen in mir ein Gefühl von Heimweh, obwohl ich beispielsweise vor meiner Geburt natürlich nie in Hamburg war. Und so konnte ich natürlich nicht widerstehen, als ich gestern dieses Buch in einer Buchhandlung sah.

Michael Fackelmann zog als Jugendlicher und junger Erwachsener mit seiner M3 durch Hamburg und fing die Atmosphäre auf den Straßen ein. Das ist ihm so gut gelungen, daß es seine Bilder nun als Buch zu bestaunen gibt. Es sind Bilder aus dem Alltag; vom Fischmarkt, vom Stangeneislieferanten, von spielenden Kindern auf der Straße. Aber beispielsweise auch von Konzerten in der Musikhalle, im Stadtpark und in den unzähligen Clubs rund um die Reeperbahn.

Mir gefällt dieses Buch sehr. Die Photos sind mit einem guten Auge entstanden, sie zeigen Hamburg in den beginnenden sechziger Jahren so, daß man faktisch in die Bilder hineinspazieren kann.

Herbert Knebel

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Vorgestern Abend gab es beim NDR die Herbert Knebel – Nacht und weil es doch etwas spät war, nahm ich große Teile auf, um sie dann heute Abend zu sehen. Und es ist doch immer wieder schön.

Herbert Knebel (Wikipedia) ist die Figur eines ehemaligen Bergarbeiters aus Essen in Frührente, der in bestem Ruhrgebietsdeutsch über Gott und die Welt erzählt. Entweder allein, oder eben mit seinem Affentheater, also mit noch drei Kollegen. Ich sah ihn das erste Mal vor etwa 15 bis 17 Jahren, amüsierte mich damals schon und heute war es fast so etwas wie nach Hause kommen. Hier im Norden ist der Humor ja deutlich anders als im Ruhrgebiet und so passiert es mir häufiger, daß meiner einfach nicht verstanden wird. Bei den Shows merkte ich sehr deutlich: ja, ich bin aus dem Ruhrgebiet und ja, das ist mein Humor.

Natürlich ist Herbert überzogen; ja, so ist selbst in Essen niemand. Und doch erkenne ich sofort Menschen aus dem Ruhrgebiet wieder. Nein, ich nenne jetzt hier keine Namen. Herbert Knebel ist das Kondensat, die Essenz des Ruhrgebietlers: selbstbewußt, mit einer klaren Meinung zu allem — auch wenn man keine Ahnung hat — und eben sympatisch bescheuert.

Leider tourt Herbert nicht hier im Norden, aber wer einmal die Gelegenheit hat, der sollte sich unbedingt einen Abend können.

Basta !

Als das Deutsche Haus für die Proben der Gregorian gebucht wurde, gab es schon andere gebuchte Veranstaltungen im Haus. Also fand man den Kompromiß, daß wir bis nachmittags proben und abends die anderen Produktionen über unsere Technik spielen. Gestern Abend war das die a cappella – Formation Basta.

Das Programm des Quintetts besteht aus einer guten Mischung von Gesang und Comedy, in der man beispielsweise lernt, daß Sex total überschätzt würde und Licht nicht; was unsere Lichtcrew natürlich sehr freut.

Bei einer a cappella – Kapelle denke ich spontan an die Prinzen; mit diesen kann man aber Basta zum Glück nicht vergleichen. Basta sind spritziger, treffen meinen Humor deutlich besser, sind einfach moderner. Dabei gibt es einen wilden Mix aus eigenen Songs und sehr speziellen Coverversionen bekannter Songs. Ich war eben durch meine Prinzen – Assoziation erst mal sehr skeptisch, wurde aber ganz schnell eines Besseren belehrt und hatte dann großen Spaß, der Show zu folgen.

Wenn ich mir die Liste der Tourtermine auf der Webseite anschaue, dann spielt die Truppe ganz schön viele Termine im Jahr und den Erfolg haben sie verdient. Wenn Ihr mal die Gelegenheit habt, Euch einen Abend anzuschauen, dann kann ich Euch das sehr empfeheln.

katholische Lausch Lounge

Gestern Abend gab es die angekündigte Lausch Lounge im erst am Samstag wieder neu eröffneten Hamburger Mariendom. Diese Kirche war für die Lounge eine in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliche Location. Zwar hatte es schon lauschige Abende in der Katharinenkirche gegeben, der Dom ist aber doch deutlich anders. Sehr schön ganz frisch renoviert; mit heller, klarer Beleuchtung (das Licht auf dem Photo ist gewissermaßen mitgebrachtes Showlicht) und edlem Steinboden. Im Dom ist’s deutlich vornehmer als in der Kirche. Und dann sind die Evangelen doch … flexibler … als die Katholen: gestern gab es weder Speis‘ noch Trank. Was ich eigentlich etwas schade fand, lauscht es sich doch gemütlicher mit einem Getränk in der Hand. Einige hatten das wohl schon kommen sehen und so machten heimlich Tupperdosen die Runde, was auch lustig war.

Ansonsten war der Empfang aber herzlich und die Atmosphäre wirklich schön, so daß man über ein da capo bestimmt einmal nachdenken kann. Toll war auch, daß die Zuschauer im Gegensatz zu den üblichen Lounge – Abenden in Clubs durch die Gemeinde eingeladen waren, der Eintritt war frei.

Den Opener des Abends machte Graziella Schazad, eine Künstlerin, die ich bisher noch nicht kannte, obwohl sie tatsächlich schon durch die harte Schule Stefan Raabs ging. Die Musik und gerade der Gesang gefielen mir sehr. Graziella hat eine sehr gute, ausdrucksstarke Stimme. Etwas irritierten mich allerdings doch ihre Ansagen: sie muß aus einer sehr dramatischen Familie stammen, kann man zusammenfassend sagen. Die Sängerin paßte durch ihren samplergestützten Soloauftritt perfekt ins Ambiente und in die sehr hallige Akustik. Durch die sehr sparsam arrangierten Songs gab es einen klaren, durchdringenden Sound, der durch die Kirchenakustik gestützt wurde.

Johannes Oerding folgte als zweites und entgegen den Auftritten, die ich bisher sah, gefiel es mit gestern nicht ganz so gut. Zum einen waren es meiner Meinung nach für die Kirchenaktustik zu viele Instrumente; nach dem sehr klaren Sound Graziellas war es doch etwas matschig. Zum anderen war die Setliste zu viel in Moll; nach dem recht ruhigen ersten Set hätte ich mir als zweites dann doch etwas mehr Drive gewünscht. Nichtsdestotzotz schmolzen die Damen dahin und das ist ja auch etwas.

Nach der Pause enterte dann Timo Breker den Altarraum. Michy Reincke, der den Abend wie immer moderierte, kündigte ihn an als Sänger mit einer leisen, kraftvollen Stimme, die ihm die Gänsehaut über den Arm treibe. Nun. Geschmäcker sind ja verschieden. Ich fand den Gesang deutlich zu nuschelig, verstand kein Wort. Die Musik war ganz ok., aber ein bißchen mehr Kraft wäre echt schön gewesen. Für mich war Timo der schwächste Künstler des Abends.

Und dann ging die Sonne auf. Man kann Anna Depenbusch ja nicht nachsagen, daß sie knallige, laute Musik mache. Sie war im Gegenteil ganz sparsam. Aber Anna spielte mit ihrer Stimme, dem Mikro und der umwerfenden Akustik des Raums; war auch gut zu hören, wenn das Mikrophon mal zwei Meter weg stand von ihr. Sie war nicht dramatisch, smart oder cool, sondern einfach sie selbst und sie sang mit sichtbarer Freude. Das war es, was ich bei den vorangegangenen Künstlern so vermißt hatte: Feuer. Und so nahm der Abend noch ein gutes Ende.

Zum Abschluß des Abends noch ein Gebet des Erzbischofs; kurz, weltoffen und herzlich. Man war ihm anzusehen, daß er sich über seinen frischrenovierten Dom, die Musiker im Altarraum und die volle Kirche freute.

Eintritt frei !

Am morgigen heutigen Montag ist mal wieder Lausch Louge in Hamburg. Weil es schon gut in die vorweihnachtliche Zeit reingeht und außerdem der Hamburger Mariendom frisch renoviert eingeweiht werden muß, findet die Lounge morgen ausnahmsweise genau dort im Dom mitten in St. Georg statt. Bei freiem Eintritt, denn die Kirchengemeinde finanziert im Rahmen der Wiedereröffnungsfeierlichkeiten alle Kosten. Da lohnt es sich dann gleich doppelt, hinzugehen, denn es kommen auch noch fantastische Künstler.

Daß ich Fan von Anna Depenbusch bin, habe ich hier ja des öfteren bekannt. Zwei Mal (1, 2) sah ich sie schon und ich bin sicher, daß auch das dritte Mal wunderschön werden wird. Johannes Oerding sah ich schon drei Mal (1, 2, 3) und auch hier bin ich sicher, daß ich nicht enttäuscht werde.

Neu für mich sind Graziella Schazad und Timo Breker, aber deren Seiten im Web sehen vielversprechend aus. Außerdem wurde ich in der Lausch Lounge bisher selten enttäuscht. Es wird also ein toller Abend werden, bei dem ich mich freute, sähe ich einige von Euch auch dort.

Krabat

Eine wirklicht gute literarische Vorgabe zu verfilmen ist verdammt schwer. Und diese Bürde muß der Film Krabat, den ich gestern Abend sah, leider tragen. Otfried Preußlers Adaptation der sorbischen Sage ist ein hervorragendes Jugendbuch (Wikipedia), in allen Teilen schlüssig. Wäre es ein Film nach einer unbekannten Vorlage geworden, so empfände ich das Ergebnis wahrscheinlich als ganz akzeptabel. So muß ich leider sagen, daß der Film deutlich nicht die Tiefe des Buches erreicht.

Wirklich toll sind die Landschaftsaufnahmen geworden. Genau so düster, trostlos und verlassen stellte ich mir die Lausitz im Dreißigjährigen Krieg vor. Das allein rettet den Film im Vergleich zum Buch aber leider nicht. Obwohl sich die Verfilmung an Preußlers Buch anlehnt, ist sie eben nur sehr frei nach dem Buch und keine Buchverfilmung. Wichtige Handlungsstränge wurden verändert, vieles bleibt zu sehr an der Oberfläche, die gesellschaftliche Bedeutung des Meisters wird überhaupt nicht berührt. Die Schauspieler schaffen es in der Regel nicht, in ihrer Rolle mittelalterliches Denken zu verkörpern. Daniel Brühl bleibt eben ein smarter, gutaussehender Kerl unserer Zeit. Dazu gibt es einige logische Brüche im Plot. Sehr, sehr schade.

Für jeden der das Buch nicht kennt mag der Film ein schöner Einstig ins Thema sein und hoffentlich Motivation, das Buch zu lesen. Für Leute die Preußlers Buch kennen mögen die Bilder vielleicht auch schön sein, die Handlung aber sicher enttäuschend.

Menschen im Osten Deutschlands werden Preußlers Version der Geschichte oft gar nicht kennen; sie wuchsen eher mit dem Krabat von Juij Brězan auf, eine Fassung, die viel blutiger ist als die westdeutsche Variante. Der Film hat mit dieser Version nicht viel zu tun. Vielleicht also auch ein guter Einstieg, um sich mal mit anderen Deutungen der Sage zu beschäftigen.