Show Design

In der gleichen Reihe erschien auch das Buch Show Design. Darin geht es aber nicht um Shows an sich, sondern um Showrooms und Messestände. Zu den beiden anderen Büchern unterscheidet es sich zum einen in der Größe —  es ist ist mit A5+ nur halb so groß —, zum anderen auch in den Informationen zu den einzelnen Beiträgen, die es hier nämlich einfach nicht gibt. So hat zwar auch dieses Buch gute Photos, erscheint aber liebloser, schneller, billiger gemacht und hinterläßt nicht den selben positiven Eindruck wie die beiden großen Brüder. Nichtsdestotrotz kann man natürlich auch hier in den Ideen der führenden Agenturen schwelgen und vielleicht auch etwas für eigene zukünftige Projekte herausziehen.

Event Design

Vor rund einem Jahr stellte ich hier schon das Buch Stage Design vom daab – Verlag vor. Dieser Verlag hat einige Bücher rund um Veranstaltungsdesign in seinem Programm, so auch den Photoband Event Design.

Das Buch stellt zahlreiche Veranstaltungen in kurzen Worten und zahlreichen, sehr guten Bildern vor. Dabei geht es im Wesentlichen um sogenannte Industrieproduktionen. Es wird gezeigt, mit welchen Ideen in den letzten vier Jahren im Eventbereich gearbeitet wurde und auch, daß in den Agenturen gute Ideen noch nicht ausgehen. Auffällig ist aber auch, daß die hier vorgestellten Events alle deutlich nicht am unteren Ende des Etatbereichs angesiedelt sind. Das ist etwas schade, denn manchmal gibt es ja gerade Events mit kleinen Etats, die die tollen Ideen haben. Nichtsdestotrotz ist dieses Buch Pflichtlektüre für alle Veranstaltungsleute, die im Eventbereich zuhause sind.

Dokumentationen über Berlin

Bei meinem Bericht über die Ausstellung „So weit kein Auge reicht“ erwähnte ich, daß die dort zusammengestellten Photos im Rahmen eines anderen Projekts das Dunkel des Archivs erstmals verließen. Die Magistratsverwaltung im Osten Berlins beschäftigte Photographen zur Dokumentation des Zustands und des Aufbaus der Stadt. Diese Bilder, immerhin etwa 50.000, wurden nun vor drei Jahren durch die Berlinische Galerie, die heute Besitzerin des Archivs ist, erfaßt, ausgewertet und sollen auch langfristig öffentlich im Internet zugänglich gemacht werden. Eine Übersicht über dieses Archiv bietet das Buch Ost – Berlin und seine Bauten, das ich nach der besuchten Ausstellung kaufte.

Nicht nur Berliner, sondern alle an Architektur und Stadtentwicklung Interessierte werden hier fundiert, mit Hintergrundinformationen und vor allem mit vielen Photos in die Entwicklung Ost – Berlins eingeführt. Für mich selbst ist es aus heutiger Perspektive interessant zu sehen, wie rücksichtslos nach dem Krieg auch erhaltene Gebäude einem uniformierten, angeblich moderneren Bauen Platz machen mußten. Ehrlicherweise wurden solche Bausünden ja auch im Westen begangen.

Ebenfalls in diesem Buch zu sehen sind einige Entwürfe, Modelle und Alternativplanungen zu prominenten Plätzen wie dem Alexanderplatz, die so nie realisiert wurden. Da die Originale meist verschollen oder vernichtet sind, bieten die Photos die einmalige Chance, sich den Ideenreichtum neben dem industrialisierten Plattenbau vor Augen zu führen.

Schon in meinem Bericht erwähnte ich das Buch zur Ausstellung. Auch hier gibt es zahlreiche Hintergrundinformationen zur Zeit zwischen 1949 und 1952 im Osten Berlins und über die Entstehung der Bilder. Nicht nur die in der Galerie gezeigten Panoramen, auch weitere Bilder sind hier großformatig dargestellt. Teilweise können die Photos vierfach ausgeklappt werden, um auch große Panoramen gut darstellen zu können.

Hochinteressant bei der Durchsicht der Bilder finde ich, daß nur alte und keine jungen Menschen darauf zu sehen sind. Das macht mich tatsächlich nachdenklich. Sahen die Menschen in dieser Zeit unabhängig ihres Alters einfach alle alt aus ?  Waren tagsüber auf den Straßen nur die Alten und in den Büros nur die Jungen ?

Beide Bücher gefallen mir sehr und ich kann sie jedem, der sich für diese Thematik, oder überhaupt für Photographie interessiert, guten Gewissens empfehlen.

So weit kein Auge reicht

Wie ja schon angekündigt war ich in der Ausstellung So weit kein Auge reicht der Berlinischen Galerie und direkt am Anfang kann ich sagen, daß ich diese Galerie begeistert verlassen habe.

Zwischen 1949 und 1952 schoß ein Photograph namens Tiedemann (der Vorname schon ist nicht belegt, es handelt sich vermutlich um Emil Tiedemann, einen Berufsphotographen) im Auftrag des Ostberliner Magistrats unzählige Photos in der Stadt als Bestandsaufnahme der Zerstörung, des Wiederaufbaus und der Bausubstanz. Diese Aufnahmen wurden fein säuberlich katalogisiert und wanderten dann ohne weitere Beachtung ins Archiv, welches nach der Wende in den Besitz der Berlinischen Galerie überging. Da wußte man lange Zeit auch nichts von dem Schatz im eigenen Keller, bis durch Arbeiten an einem anderen Projekt diese Bilder wieder zum Vorschein kamen.

Da lagen sie nun. Kontaktabzüge auf Karteikarten. Einige zu kurzen Panoramen zusammengeklebt, viele aber einzeln, nach Hausnummern sortiert. Erst wenn man sich einmal mehrere Karteikarten hintereinander anschaute konnte man erkennen, daß es ganze Straßenzüge als Abwicklung gab. Arwed Messmer setzte sich dann daran, die Mittelformatnegative aller dieser Einzelbilder zu scannen, sichten und sie mittels Photoshop manuell zusammenzufügen.

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Herausgekommen sind Bilder von unglaublichem Wert. Die Photos sind absolut sachlich, sie wurden für städtebauliche Zwecke erstellt und nicht zu Propagandazwecken. Jede Schönfärberei, jede Parteinahme schloß sich aus. Wir sehen heute die Stadt, wie sie zu Beginn der 50er tatsächlich war. Straßenzügelang. Daß Propaganda zu dieser Zeit durchaus üblich war, ist den Bildern auch zu entnehmen: an vielen Häusern hängen Plakate und Sprüche.

Durch die kongeniale Arbeit zweier Profis über fast 60 Jahre hinweg — der eine erstellte analytische Aufnahmen mit hoher Sorgfalt, der andere verarbeitete sie mit unglaublicher Geduld und moderner Technologie — entstanden Panoramen, die fesselnd sind. Die durch ihre ungestellte Alltäglichkeit eine Wucht entwickeln. Und die gerade dadurch eine bestechende Ästhetik haben.

Kunst durch reine Beherrschung des Handwerks.

Jedem, der die Gelegenheit dazu hat, möchte ich den Besuch der Ausstellung sehr ans Herz legen. 7,00€ Eintritt sind hier absolut gut angelegt. Für alle anderen empfielt sich das hervorragend gemachte Buch zur Ausstellung (So weit kein Auge reicht, Berliner Panoramafotografien aus den Jahren 1949-1952, Berlinische Galerie, Dumont Verlag, ISBN 978-3-832191-87-0) mit den Panoramen zum Ausklappen und vielen Erklärungen.

The Kennedys

Bei Camera Work lag ein Prospekt über die Ausstellung The Kennedys und weil wir sowieso grob in die Richtung wollten, gingen wir da mal vorbei. Weil man genau am Samstag zweijährigen Geburtstag hatte, gab es am Eingang Berliner (wobei die Dinger in Berlin ja Pfannkuchen heißen) und Sekt.

Die Ausstellung selbst … viele Bilder, einige wenige Devotionalien JFKs, noch weniger über den noch lebenden Bruder Edward und ganz wenig kritische Auseinandersetzung mit den Personen.

Natürlich dreht sich Vieles um den Besuch JFKs in Deutschland und speziell Berlin, hier ein Photo das ihn bei seiner legendären Rede vor dem Schöneberger Rathaus zeigt (das Bild unterliegt sicher dem Copyright). Darüber hinaus wird er als charmanter Hoffnungsträger mit heiler Familie gezeigt. Daß dem nicht immer so war, daß er viele der in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte, daß er für das Schweinebuchtfisako maßgeblich verantwortlich war, daß er schwer unter verschiedenen Krankheiten litt und daß auch sein Familienleben nicht immer … leicht … war, wird maximal gestreift. Da bleibt diese Ausstellung vieles schuldig.

Für 7,00€ regulären Eintritt hätte ich ehrlicherweise mehr erwartet. Mehr als zahlreiche Bilder von John, Jackie und Bobby.  Immerhin gab es bei einer Tafel in einem Nebensatz einen interessanten Hinweis auf die Medienwirksamkeit und das geschickte Spielen damit: bei den Fernsehduellen vor der Präsidentenwahl 1960 waren am Ende der Sendung die Radiohörer eher pro Nixon und die Fernsehzuschauer eher pro Kennedy; er sah einfach besser aus, da mußte man nicht auf die Argumente hören.

Fashion

Während ich noch auf eine Bilderfreigabe warte kann ich ja mal erzählen, was wir am Wochenende sonst noch so machten. Wir schauten uns am letzten Tag der Ausstellung noch „Fashion“ in der Galerie der Camera Work AG an. Wie immer bei den Veranstaltungen dort handelte es sich um eine Verkausausstellung; die meisten Werke waren also „mitnehmbar“ und der Eintritt frei. Wer also schon immer mal ein von Karl Lagerfeld geschossenes Photo bei sich zu Hause aufhängen wollte, der konnte das für günstige 2.500,00€ tun. Ein großformatiges Bild von Helmut Newton kostete dann auch schon 350.000,00€.

Der Begriff „Fashion“, unter dem die Ausstellung stand, war schon recht weit gefaßt. Was mich ein wenig störte war die Art der Hängung. Wie oben zu sehen, hingen die Bilder in den fünf Räumen wie bei Großmutter über’m Kamin. Das lenkte dann mich bei der Betrachtung schon ab und unterstützt meiner Meinung nach auch nicht die Wertigkeit mancher Photos. Wenn ich für ein A4 – Format 75.000,00€ bezahlen soll, dann verstehe ich das vielleicht eher, wenn das Werk dementsprechend wertig präsentiert wird. Aber vielleicht bin ich da auch zu kleinlich.

Trotz des leichten Abstrichs war es aber dennoch eine gute Gelegenheit, sich einmal eine Übersicht über Photographie zwischen 1928 und 2006 zu verschaffen. Auch sind die Räumlichkeiten an sich sehr schön: eine alte Remise im zweiten Hinterhof an der Kantstraße.

Rumba

Gestern Abend war ich im Kino und mit meiner Begleitung einigte ich mich auf den Film Rumba. Eine gute Wahl. Der Film war nämlich herrlich bescheuert.

Die Handlung ist schnell erzählt und spielt auch eine so große Rolle nicht: Fiona und Don sind Lehrer, miteinander verheiratet und gemeinsam einer großen Leidenschaft verfallen, der Rumba. Durch einen Autounfall verliert Fiona ein Bein und Don seine Erinnerung. So stoplern sie durch Katastrophen, bis sie nach einem Jahr erkennen, daß sie, egal was ist, doch zusammengehören.

Wenn man den Plot jetzt liest, dann denkt man sich sicher: was für eine sülzige Geschichte. Dabei kommt Sülz nicht ein Mal auf im Publikumslieblingsfilm von Cannes. Dafür aber Komik alter französischer Tradition, die gerne auch mal an Slapstik erinnert. Den Film trägt nämlich nicht, was die Geschichte erzählt, sondern wie sie erzählt wird. Mit vielen bunten Farben, mit herrlichen Übertreibungen, mit verrückten Situationen und mit viel liebe zu den Darstellern.

Und darum kann ich den Film auch empfehlen. Er ist kein Blockbuster. Er läuft nur in kleinen Kinos. Und er wird meiner Befürchtung nach auch nicht lange laufen. Er ist kein großes Kino. Sondern er ist ein schöner, altmodischer, liebenswerter, kleiner Film. Darum solltet Ihr schnell losziehen und einen gemütlichen und verrückten Abend erleben.

Panoramaphoto – Ausstellung

Ihr wißt ja alle, daß ich Panoramaphotos ziemlich klasse finde. Heute erfuhr ich nun, daß ab dem 03.11.2008 in der Berlinischen Galerie eine Ausstellung von Panoramabildern aus den 50ern gezeigt wird. Da werde ich natürlich hin.

Die Senatsverwaltung vergab Anfang der 50er Jahre einen Auftrag vermutlich an den bisher unbekannten Photographen Emil Tiedemann, die Zerstörung und den Wiederaufbau der Stadt zu dokumentieren. Entstanden sind so rund 1.500 Photos, das obige beispielsweise in einer Größe von 1,25m x 5,84m. Einen Teil der Werke kann man nun in Berlin bewundern und ich bin sicher, daß das eine sehr lohnenswerte Ausstellung ist.

Der Baader Meinhof Komplex

Am Freitag sah ich den Film Der Baader Meinhof Komplex (Wikipedia) und war berührt von der Aktualität und von den Unterschieden zu heute. Ich kann mich noch aus meiner Kindheit bruchstückhaft an das Desaster in München 1972 erinnern und auch in meiner Jugend war die RAF durchaus ein Thema. Nicht vergessen werde ich auch eine allgemeine Verkehrskontrolle im Rahmen der RAF – Fahndung, in die ich kurz nach meiner Führerscheinprüfung geriet. Allein bei der Armbewegung zu meinem Autoradio sah ich mich plötzlich den Mündungen von vier Maschinenpistolen ausgesetzt. Ich ließ die Musik laut.

Der Film zeigt nun, wie eine Organisation wie die RAF entstehen konnte und warum die erste Generation so breiten Rückhalt in der Bevölkerung hatte. Später, nachfolgende Generationen hielten sich nicht mehr an die politischen Linien, wurde diese Sympathie verspielt und machte einer allgemeinen Terrorhysterie Platz, wie sie heute wieder unseren Innenminister befällt. Damals wie heute ist Terrorangst Vorwand für weitreichende Einschränkungen der Bürgerrechte. Wobei der Protest heute deutlich moderater ausfällt, obwohl die Einschränkungen weitreichender sind.

Von vielen wird dem Film vorgeworfen, daß er keine Stellung beziehe, daß er nur darstelle, ohne zu bewerten. Gerade das macht ihn meiner Meinung nach so stark. Ich halte es für sehr schwer, eine schlüssige Bewertung der Entwicklung der damaligen Zeit vorzunehmen. Willy Brandts Motto „Mehr Dekokratie wagen“ ist aus dem Druck der Straße entstanden, die Festigung der Demokratie in Deutschland und das Selbstbewustsein von Widerstandsgruppen entstammt dieser Zeit, aus der die RAF entstammte und die sie mit geprägt hat. Wie soll man also diese Zeit und die RAF bewerten ?

Es ist unzweifelhaft, daß die Methoden dieser Organisation letztlich falsch waren. Der politische Unterbau jedoch zeugte von einem wachen Geist und einer kritischen Haltung gegenüber dem Weltgeschehen. Schon damals führten die USA Krieg für Öl und betrieben eine zum Himmel schreiende Außenpolitik. Deutschland spielte dabei als Truppenstandort und Rückzugsgebiet eine erhebliche Rolle. In Polizei und Justiz saßen oft noch Leute, die ihre Grundausbildung und Überzeugung in der NS – Zeit erhalten hatten. Der Staat beging ebenso viele Verbrechen wie die RAF. Wie soll da ein Film werten ?  Allein die Zeit kann dargestellt und bewertet werden. Und das leistet der Film meiner Meinung nach ganz hervorragend.

Ein Manko ist sicher die Tatsache, daß die ganze Geschichte der Organisation mit allen Hintergründen in knapp zweieinhalb Stunden dargestellt werden sollen. Das klappt natürlich nicht und gerade zum Ende hin wirkt der Film dann doch etwas gehetzt. Aber er kann Anstoß sein, sich mit dieser Zeit zu befassen. Und mit der Frage, warum Jugend heute so viel unpolitischer ist als die damalige. Vielleicht ist ja gerade das die Revolte der heute Jungen.

So wenig ich die RAF glorifizieren möchte, 34 Morde sind 34 zu viel, so wenig kann ich das politische Umfeld dieser Zeit verdammen. Wenn ich mir heute Diskussionen anhöre, bei denen die sogenannten 68er verurteilt werden, so kommt mir der Gedanke, daß man heute einfach große Angst hat, erhebliche Teile der Bevölkerung könnten wie damals wieder wirklich politisch aktiv werden und das im Grunde beschauliche Leben der politischen Kaste könne wieder so deutlich hinterfragt werden. Meiner Meinung nach täte es unserer Demokratie gut. Politikverdrossenheit ist auf Dauer jedenfalls auch keine Lösung.

Jetzt bin ich ganz schön abgeschweift, darum meine Meinung zum Film noch mal zusammengefaßt: ein guter Überblick über die Zeit der RAF, leider manchmal dann doch zu kurz und zum Glück nicht wertend, dafür aber glänzend gespielt.

Gastbeitrag: Circus Roncalli in Hamburg

Echte Männer, … bitte mal kurz herschauen.

Das könnt Ihr doch sicher auch alle. Einfach mal nachmachen, davon ein Photo an Markus senden und … dann habt Ihr einen Wunsch frei — oder beste Aussichten auf eine Karriere als Artist im Circus Roncalli.

Das Motto des aktuellen Programms  „All you need is Laugh“  gilt aber nur für das Publikum, sofern man überhaupt noch lachen kann, nachdem man so viel Geld an der Kasse gelassen hat. Die Artisten jedenfalls müssen richtig was tun. Der Herr oben auf dem Photo heißt Encho Keryazov und ist ehemaliger bulgarischer Landesmeister der Sportakrobatik. Und ich würde mit ihm keinen Streit anfangen.

Es gab auch weibliche Artisten, besonders gefiel mir das Trio Belissimo. Absolventinnen der Zirkusschule in Kiev, die ähnlich muskulös gebaut waren und sich auf sehr heikle und elegante Weise stapeln konnten. Von denen sah keine so aus, als würde sie so schnell aus der Puste kommen, wenn sie mal dem Bus hinterher rennt. Die machten eher den Eindruck, als ob sie so einen Bus im Flic Flac links überholen.

Wie man es vom Cirkus Roncalli gewohnt ist, gibt es viel echte, anmutige Körperarbeit, echte Musik, echten Gesang, echt romantische Inszenierung, echt wenig Tier, echt schöne Clownerien mit dem Papi aus dem Publikum, jede Menge Konfetti auf Kinderköpfe und Liebesäpfel und zum Schluss das klassische weinende Auge, als der zum dummen August gemachte Manegendiener das Kostüm und  die rote Nase wieder abgeben muss und er zurück zum Besenschwinger mutiert. Echt echte Melancholie.

All you need is Laugh, das muß sich Herr Paul auch gesagt haben als er den Standort gesehen hat. Der Zuckerwattecircus Roncalli gastiert  im nüchternen Gewerbegebiet an der Nordkanalstraße. „Auf einem neuen, zentralen Platz in Hauptbahnhofnähe.“ Schöne Umschreibung für: Parkplatz am Rande der Welt.

Es hat mir sehr gefallen, doch bin ich eher berührt als beschwingt aus der Vorstellung gegangen. Es war mir, als wäre ich mit lauter verlorenen Werten bombardiert worden, als hätte man mich in eine Zeitmaschine gesteckt, in verschiedenen Gängen durchgeschleudert und mich dann zum abkühlen wieder in den Wind der Nordkanalstraße gestellt.

Text und Bilder: Annette Prüfer