Heute mal ein Konzertbericht ohne Bilder. Warum ? Weil ich nicht wußte, was mich erwartet. Ich war zu dem Abend eingeladen worden; nach dem Motto „Halt‘ Dir mal den Abend frei.“. Als es dann losging frug ich, wohin’s denn ginge und erfuhr, daß wir ins Schauspielhaus gingen; mehr verriet man mir nicht. Danach fällte ich ein paar folgenschwere Fehlentscheidungen: erstens zog ich einen Anzug an, schön mit Krawatte, und zweitens ließ ich die Kamera zuhause. Ich rechnete mit einem vorweihnachtlichen Theaterstück und im Schauspielhaus währenddessen zu photographieren empfand ich als Sakrileg. Erst im Theater, wir waren schon auf dem Weg zu unseren Plätzen (erste Reihe Mitte im Rang, schon sehr tolle Plätze) fand ich dann heraus, worum’s denn ging. Da saß ich dann nun. Leicht overdressed und ohne Kamera.
Ich war bisher nur arbeitenderweise im Schauspielhaus, bin privat er Operngänger als Schauspielgucker, und ehrlicherweise finde ich den Saal in der Einlaßphase aus Zuschauersicht sehr ranzig beleuchtet. Besseres Putzlicht. Daß sich da bisher keiner Gedanken drum gemacht hat, entzieht sich meines Verständnisses. Es gibt den Kronleuchter im hinteren Teil des Parketts (in dem auch mal das ein oder andere Leuchtmittel ersetzt werden könnte), aber die vordere, reich verzierte Gewölbedecke ist völlig unbeleuchtet. Dabei wäre das ohne weiteres ganz einfach möglich. Na ja, egal, darum soll es ja heute nicht gehen. Daß Texas Lightning dieses Haus als Konzertort wählte, kann ich verstehen: ihr größter Erfolg, der Sieg der nationalen Grand Prix – Ausscheidung, war hier. Da kommt man ja mal ganz gerne zurück.
Der Aufbau gefiel mir sehr gut; schön aufgeräumt, mit (künstlichem) Lagerfeuer, fast wie Tannenbäume beleuchteten großen Kakteen und statt der üblichen Bütecs gab es unverkleidete Theaterportablen aus Holz als Podest für Schlagzeug und Pedalsteel. Das paßte sehr gut zum Gesamtbild.
Die Show wirklich gut gemacht und mit toller Stimmung. Ehrlicherweise ist Texas Lightning ja ’ne bessere Coverband. Das Geheimnis liegt darin, bekannte Songs zu nehmen und ihnen ein Country – Gewand überzuziehen. Das klappt richtig gut und manchmal hat man fast den Eindruck, daß die Stücke eigentlich jetzt erst ihr wahres Gesicht zeigen, ihre richtige Qualität bekommen. „Like a virgin“ beispielsweise gefällt mir als Countrycover deutlich besser als das Original. Und das, obwohl ich Madonna für eine der begnadetsten Künstlerinnen alive halte. Auch vor deutschen Songs macht man nicht halt. „Ich bin ich“ von Rosenstolz wird mit einem englischen Text versehen und wirkt plötzlich sehr viel relaxter (da ich Rosenstolz nicht so mag, ist das auch nicht schwer), oder auch Reinhard Mays Klassiker „Über den Wolken“ ist vor einer englischen Countryversion nicht sicher. Bemerkenswert finde ich, daß es nie peinlich wird oder man denkt „Na jetzt haben sie den Bogen aber überspannt.“. Ganz im Gegenteil, die Songs treiben mir immer ein Grinsen ins Gesicht.
Daß es nicht nur mir gefällt, merkt man dann am frenetischen Mitklatschen der anderen Konzertbesucher. Und da kommt ja eine urdeutsche Eigenschaft zum Vorschein. In fast allen Musikrichtungen wird die 2 und die 4 des Taktes betont. Da spielt die Snare des Schlagzeugs, da wird der Schellenkranz geschlagen (hier tatsächlich; was das Publikum geflissentlich übersieht). Und überall auf der Welt klatschen da auch die Leute. Nur nicht in Deutschland. Da wird auf 1 und 3 geklatscht. Der einzige Musikstil, bei dem die 1 und die 3 betont werden ist der Marsch. Da möge man dann mal drüber nachdenken; es scheint in deutschen Genen zu liegen. Ich kenne einige internationale Künstler, die bei ihrem ersten Deutschlandauftritt aus dem Takt gekommen und heillos gestrandet sind, weil sie vom deutschen Rhythmus überrannt wurden.
Weil es eine Weihnachtsshow war, gab es auch Geschenke; nämlich Gäste. Zum einen den Dauergast Niels, der Pedalsteel und ein paar Slidegitarren bediente. Dann hatte die Band ein weißrussisches Trio (umwerfend gute Baßbalalaika, Knopfakkordeon und eine Art russische Manoline) aufgetan, das ebenfalls und völlig zu Recht frenetisch gefeiert wurde. Allerdings war die Begeisterung noch nichts gegen die beim nächsten Gast: Mr. Piggy alias Schildkröte sang und bediente so umwerfend das Rock ’n‘ Roll – Klavier, daß man sich schon Gedanken über die Statik des Hauses machen mußte. Zu guter Letzt kam noch Sascha, der tatsächlich als Countrysänger eine wirklich gute Figur machte (was mich ehrlicherweise erstaunte; aber man muß ja auch bereit sein, Vorurteile aufzugeben). Insgesamt eine tolle, spaßige Show, die mit dem grandios countryfizierten AC/DC – Song „Highway to hell“ nach über zwei Stunden ein Ende hatte. Fast.
Daß es danach dann noch meinen meistgehaßten Song gab, wenngleich auch er tatsächlich als Countrysong besser war als das Original (ist ja auch nicht schwer), will ich niemandem negativ ankreiden.
Der Sound war die ganze Show über wirklich exzellent, nur das Licht… das Licht…… Ich weiß nicht, wer das Licht gemacht hat. Wenn es ein Lehrlingsprojekt der Schauspielhausazubis war, dann hätte der betreuende Meister da mal eingreifen müssen. Sollte es ein Profi gewesen sein, der da auch noch Geld für bekommt, dann hoffe ich einfach mal, daß er die Show vorher noch nie gesehen hat und die Techniker für den Aufbau erst ganz, ganz spät auf die Bühne durften und einfach keine Zeit war, sich richtig vorzubereiten. Es war nämlich schlecht. Holzig. Lieblos. Durcheinander. Singende Künstler bekamen irgendwann mal Licht. Lampen gingen sehr hart und völlig unpassend an und aus (ohne Fade, einfach AN und AUS), es wurde gepröbelt. Nicht schön. Üben !
Trotzdem unter’m Strich ein schönes Konzert mit witzig arrangierten Songs von guten Musikern. Anschauenswert !