Hits & Zeit

Die Radiolandschaft in Hamburg ist in etwa so desaströs wie das Wahlergebnis der SPD in Hamburg – Eimsbüttel. Letzteres ist bei dem aufgestellten Kandidaten kein Wunder, ersteres liegt an der so unglaublichten Formatierung der Stationen, daß man sie einfach nicht ertragen kann. Da macht mir dieser Flyer echten Mut, denn er wirbt gewissermaßen mit dem Gegenentwurf aller anderen empfangbaren Stationen: Keine besten Hits aus welchem Jahrzehnt auch immer. Leider ist das Angebot zeitlich begrenzt. Liebe Motor – Entscheider: laßt die Stadt Eurer Geburt nicht hängen.

Ansonsten gäbe es ganz viel zu erzählen; auch viele tolle Bilder habe ich gemacht …… ich komme aber zu nichts, weil einfach so viel zu tun ist. Ab Sonntag bin ich erst mal wieder in Kastelruth, der jährliche Zeltwahnsinn steht wieder vor der Tür und da hoffe ich, daß ich dann auch mal wieder die Zeit finden werde zu bloggen. Und ab Ende Oktober geht’s dann auch wieder richtig auf Tour. Da sollte sich dann hoffentlich ein täglicher Rhytmus einspielen.

Bleibt mir gewogen.

Wählen, wählen, wählen

Zur Zeit habe ich so viel zu tun, daß ich nicht zum bloggen komme; ein Thema möchte ich aber trotzdem hier noch mal ansprechen: die Bundestagswahl am Wochenende. Auch wenn der Wahlkampf keiner ist und bei mehreren Umfragen im Bekanntenkreis die Ratlosigkeit groß war, welche Partei man denn zur Zeit überhaupt wählen kann, so halte ich es doch für elementar, wählen zu gehen. Ulrich Wickert hat dazu ein wirklich tolles Beispiel gebracht: wir Wähler können mit ein wenig Ausdauer die politische Landschaft massiv verändern. Und selbst wenn ich mich dazu entschließen sollte, daß wirklich niemand wählbar ist, dann kann ich immer noch ungültig wählen. Dann gibt es wenigstens für mich keine Ausrede wie gutes Wetter / schlechtes Wetter / interessantes Fernsehprogramm.

Wer von Euch keine Ahnung hat, welche Partei er denn nun wählen soll, kann sich im Internet Anregungen holen. Er gibt einige Wahlberatungstools:

Über diese Hilsmittel kann man mal eine gewisse Richtung feststellen und dann ist man auch so im Thema, daß man sich vielleicht noch zwei, drei andere Informationen holt. Ruck-zuck stellt man fest, daß vielleicht eine Partei doch schon relativ viel von der eigenen Meinung vertritt. Oder man überlegt sich, daß man vielleicht eine Partei nicht unbedingt wählen möchte, aber daß diese vielleicht schlimmeres verhindern könnte. Deshalb noch mal:

geht wählen !

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Ab nach Hause !

Ich mache mir gerade ein paar Gedanken über unsere Gesundheitspolitik. Überall muß gespart werden, das ist klar. Aber ob es wirklich sinnvoll ist, eine alleinerziehende Mutter keine 24 Stunden nach einer endoskopischen Operation, die im Bauch so kleinflächig nicht war, nach Hause zu schicken, wage ich doch zu bezweifeln. Im Krankenhaus muß man ruhig liegen und hat eben auch Ruhe. Zuhause  muß aufgeräumt, Wäsche gewaschen, gekocht werden; selbst wenn man es nicht müßte, so ist Disziplin zuhause einfach viel schwerer einzuhalten. Da wäre ein Tag mehr erzwungene Ruhe sicher auch im Sinne der Heilung. Wäre da nicht der Kostendruck.

Geht mir so durch den Kopf.

total bekloppt !

Daß die HSH Nordbank nach ihrem Finanzdesaster kein Geld für die Namensrechte am Volksparkstadion raushauen kann, ist mehr als verständlich. Und so wird das Fußballrund ab nächstem Jahr den dritten Namen seit drei Jahren tragen: AOL – Arena, HSH Nordbank – Arena und jetzt dann imtech – Arena. Total bekloppt. Das zeigt, daß der Verkauf der Namensrechte eine völlig bescheuerte Idee ist, die kein Mensch mehr ernstnehmen kann. imtech wäre gut beraten gewesen, den alten Namen Volksparkstadion finanziell zu unterstützen und diese Unterstützung positiv nach außen zu verkaufen. Das wäre beim Publikum sicher deutlich besser angekommen, als diese ständigen Umtaufereiaktionen, bei denen sich kein Mensch mehr den aktuellen Namen merkt. Setzen, sechs.

37 Jahre her und doch präsent

Gestern nacht dudelte der Fernseher nebenher, während ich noch ein wenig aufräumte und plötzlich erklang da eine Melodie, die mich sofort aufhorchen lies, die ganz, ganz starke Emotionen hervorrief. Hört sie Euch unten mal an.

Das war die Olympia – Fanfare der Spiele in München 1972. Ich kann mich tatsächlich noch ganz genau daran erinnern, wie aufgeregt ich als Siebenjähriger war. Die ganze Familie saß vor dem Saba – Schwarzweißfernseher. Olympia !  In Deutschland !  Der Moderator mit vor Aufregung zitternder Stimme, Blacky mit würdiger Stimme im Stadion. Der Läufer mit der Fackel in der Hand. Die vielen Sportler mit den bunten Fahnen, die in das Stadion einliefen und eine Bigband spielte passende Musik zu den Ländern (damals tatsächlich LIVE; das würde heute kein Mensch mehr verantworten wollen). Die Wettkämpfe in den nächsten Tagen. Ich durfte fernsehen (das gab es in meiner Kindheit sonst eher nicht). Vom tragischen Ende der Spiele bekam ich dann weniger mit. Meine Eltern schützten mich davor. Aber ich weiß noch als sei es gestern gewesen, daß ich als Kind maßlos enttäuscht und verständnislos war, wie man etwas so …… heiliges und großes wie die Olympischen Spiele so zerstören konnte. Und ich weiß gar nicht, ob die Fanfare nach dem Anschlag überhaupt noch gespielt wurde. Ich verbinde sie ausschließlich mit dem heiteren Teil, mit meinem kindlichen Mitfiebern, mit meinem …… Stolz, an so etwas teilhaben zu dürfen.

All‘ das kam da gestern Nacht hoch.

Und dann hörte ich mit der Aufräumerei auf und sah die Sendung konzentriert zu Ende. Sie war über Bert Kaempfert und in Teilen eben auch über seinen Mitautor Herbert Rehbein, von dem diese Fanfare geschrieben wurde.

Wer wie ich noch ein wenig in Erinnerungen schwelgen will, der kann das hier ganz gut tun.

Das Copyright für die Fanfare liegt bei Herbert Rehbein und dem NOK. Da ich diese Fanfare mehrfach ganz leicht und auch an offiziellen Stellen im Internet fand, gehe ich davon aus, daß die Nutzung freigegeben ist. Sollte dem nicht so sein, bitte ich um eine kurze Nachricht, dann entferne ich das Stück sofort wieder.

Alice im Flatrateland

So eine Flatrate ist ja praktisch. Die meisten Internetnutzer haben sie sowieso, aber es gibt sie natürlich auch als Mitgliedsbeitrag im Fitnessclub, als Monatskarte der öffentlichen Verkehrsmittel, zur Unterstützung des Absturzes in der Kneipe und zuletzt sogar konnte man im Puff zum Pauschalpreis bis zur Besinnungslosigkeit ficken. Man weiß vorher, was da finanziell auf einen zukommt und kann dann hemmungslos loslegen, ohne sich weitere Gedanken machen zu müssen. Letztlich haben alle Beteiligte etwas davon: ich als Nutzer, weil die finanzielle Seite überschaubar ist und auch der Anbieter, weil er sich natürlich vorher ausgerechnet hat, daß er im Durchschnitt sicher auf seine Kosten kommt. Denn tatsächlich nutzen dann viele die einmal abgeschlossene Flatrate gar nicht so exessiv. Was liegt also näher, auch für die Nutzung kultureller Inhalte eine solche Flatrate einzuführen; die sogenannte Kulturflatrate ?  Jeder zahlt einen monatlichen Betrag und damit kann man hemmungslos alles nutzen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, daß da plötzlich der Staatsanwalt beispielsweise wegen Raubkopiererei vor der Türe steht. Auf den ersten Blick ein schlüssiger Gedanke.

Leider nur auf den ersten Blick.

In der Praxis kann das leider so einfach gar nicht funktionieren.

Während es nämlich bei allen oben genannten Beispielen jeweils einen Anbieter und (hoffentlich) viele Kunden gibt, gäbe es bei der Kulturflatrate zehntausende Anbieter; Komponisten, Autoren, Journalisten, Künstler. Nach welchem Schlüssel soll das Geld verteilt werden ?  Es wäre also eine irre Verwaltung notwendig, die erhebliche Teile des eingenommenen Geldes für sich verbraten würde. Zumal die dann irgendwie getroffene Regelung ständig umstritten wäre, weil so ein Schlüssel einfach nicht gerecht sein kann. Hinzu kommt, daß ein Autor bislang bestimmen kann, wer seine Werke wie nutzt. Er kann auch bestimmte Verwendungen ausschließen. Wie soll das gehen, wenn plötzlich alles „flat“ ist ?  Wie komplex das Thema ist und wie wenig gerecht umsetzbar, zeigt unter anderem eine Übersicht, die die deutschen Buchautoren zusammengestellt haben.

Die Problemlösung kann meiner Meinung nach nicht in einer Flatrate liegen, sondern in einem Umdenken. Wenn jemand zum Bäcker geht und Brötchen will, dann wird er selbstverständlich dafür bezahlen. Der Bäcker hat sich mitten in der Nacht hingestellt, die Brötchen gebacken, vorher die Zutaten und Maschinen gekauft und muß Miete für seinen Laden zahlen. Dafür braucht er Geld und niemand wird das anzweifeln. Wenn jemand zu einem Autohändler geht und einen Wagen will, dann wird er selbstverständlich dafür bezahlen. Das Fahrzeug wurde aufwendig entwickelt und gebaut, viele Menschen waren daran beteiligt, die müssen alle leben, die Fabriken müssen finanziert werden. Dafür braucht die Firma Geld und niemand wird das anzweifeln. Warum sollen also Kulturschaffende, sollen Buchautoren, Filmemacher, Journalisten, Photographen, Musikkomponisten nicht fair dafür bezahlt werden, daß sie sich hinsetzen und diese kulturellen Güter schaffen ?  So ein System haben wir im Grunde. Oder hätten, wenn wir nicht täglich versuchten, es auszuhebeln, indem wir diese Werke einfach kopieren.

Die Lösung kann meiner Meinung nach nicht sein, daß man ganze Kunstzweige amateurisiert, daß die Künstler also sich einen „richtigen“ Beruf suchen und nur noch nebenher ihrer Kunst nachgehen. Das wäre eine Bankrotterklärung. Und die Lösung einer Kulturflatrate ist keine, schafft sie nämlich mehr Probleme, als sie löst.

Nachtrag 10.08.2009: weil das in der Diskussion in den Kommentaren untergeht hier noch mal zwei Punkte, die man bei der Kulturflatrate und dem Urheberrecht gern vergißt: Es geht in der Musik beim Urheberrecht nicht um die aufführenden Musiker, sondern um die Menschen, die die Musik geschrieben haben. Das sind oft nicht die selben. Die Autoren eines Stückes können durch Konzerte, Merchandising, oder ähnlichem kein Geld verdienen, da man sie im Zweifelsfall öffentlich gar nicht kennt. Nur mal ein Beispiel: Joe Cocker, den meisten von uns als erfolgreicher Sänger bekannt, hat nicht ein Stück selbst geschrieben. Er hat Autoren. Und die werden über das Urheberrecht bezahlt.

Zum anderen: es geht bei der Kulturflatrate nicht nur um Musik. Es geht um viel mehr: es geht um Photographen, um Buchautoren, um Journalisten, um Filmemacher und deren Arbeit. Ja, es geht dann auch um Musikkomponisten …… aber eben „auch“. Wie soll ein Photograoph überleben, wenn das Urheberrecht untergraben wird ?

Und weil so gerne über die „Rechteindustrie“ gehetzt wird: warum nur begeben sich ein Großteil der Künstler bis heute freiwillig in die „Fänge“ ebendieser ?  Weil es für die meisten der beste Weg ist, finanziell zu überleben. Natürlich gibt es Ausnahmen, die gibt es ja immer. Aber in fast allen künstlerischen Branchen gibt es Verlage und Verwertungsgesellschaften, die bis heute ihre Berechtigung haben.

Es geht weiter. Sicher.

Es stand ja zu befürchten. Und jetzt unken nicht nur Hinterbänkler, sondern auch die erste Reihe: die Ausweitung der Zensur im Internet wird es geben. Auch wenn die CDU in ihrem Wahlprogramm das Internet faktisch ausläßt und sich nur sehr kurz (Seite 55) und auch noch sachlich falsch äußert (das Internet ist auch heute schon kein rechtsfreier Raum, wie viele Betroffene bestätigen können), äußert sich nun Ursula von der Leyen in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt sehr eindeutig: man wird darüber nachdenken, Netzsperren auch für andere Bereiche als Kinderpornographie einzurichten.

Was regt mich daran auf ?  Unstreitbar ist Kinderpornographie ja eine äußerst schlimme Sache, die hart verfolgt und verboten werden muß. Äußerst fragwürdig ist für mich aber der verfassungsrechtlich absolut zweifelhafte Umgang mit diesem Thema. Wenn die Exekutive unter Umgehung der Judikative Inhalte unterbinden kann, dann spricht man von Zensur. Und genau das geschieht hier. Bundesbehörden erlassen Sperrlisten ohne richterlichen Beschluß und diese müssen umgesetzt werden. Das ist einer Demokratie nicht würdig. Schon heute gibt es rechtstaatliche Wege, diese Inhalte zu unterbinden (übrigens nicht nur Kinderpornographie, sondern auch jeden anderen rechtswidrigen Inhalt) und die Verfasser strafrechtlich zu verfolgen. Dieser Weg wird nur nicht (oder im zu geringen Umfang) gegangen.

Wenn dieser Zensurgedanke nun auf andere Bereiche ausgeweitet wird, dann ist Behördenwillkür Tür und Tor geöffnet, ohne daß es ein Rechtsmittel dagegen gibt. Oder wie es Udo Vetter, Anwalt, in seinem exzellenten Artikel zum Thema formuliert: die Meinungsfreiheit wird zum Sondermüll.

Ich kann von einer großen Volkspartei erwarten, daß sie auf dem Boden des Grundgesetzes rechtlich einwandfreie Politik betreibt, ohne in Orwell’sche Überwachungs- und Machtphantasien zu verfallen. Erliegt sie dieser Versuchung, so begibt sie sich in den Bereich der Unwählbarkeit. Natürlich wird es immer Menschen geben, die der Menung sind, daß ein rechtschaffender Bürger ja nichts Negatives zu erwarten habe. Das ist zum einen naiv und zum anderen gab es von dieser Meinung in den 30ern zu viele. Das was unsere Väter und Großväter an modernem, freiheitlichen Grundgesetz schufen, sollten wir nicht achselzuckend aufgeben.

Nachtrag 04.08.2009: Thomas Jurk, Spitzenkandidat der sächsischen SPD, erklärt in einem Gespräch bei der Freien Presse: „Wenn wir gegen das Grundgesetz verstoßen, weil wir Pädophilen unmöglich machen kinderpornografische Bilder aus dem Internet herunterzuladen, dann nehme ich das in Kauf.“ Streng genommen müßte jetzt natürlich der Verfassungsschutz mit seinen Ermittlungen beginnen (was nicht passieren wird, davon können wir ausgehen). Allerdings finde ich diesen selbstherrlichen Umgang mit dem Grundgesetz durch einen Spitzenkandidaten einer großen Partei ehrlich gesagt zum Kotzen. Denn es gäbe ja durchaus auch verfassungsgemäße — und dazu auch noch letztlich viel effektivere —Wege, das selbe Ziel zu erreichen.

Gleichgeschaltet

Die Metzelei im Schanzenviertel und auf St. Pauli am letzten Wochenende läßt mich noch nicht ganz los. Neben dem Vorgehen der Staatsvertreter verwundert mich auch das Verhalten der Presse. Es waren ausreichend Pressevertreter vor Ort und auch Fernsehteams haben alles festgehalten, letztlich war davon aber später kaum etwas zu sehen. Alles aufgenommene Material wurde dazu verwendet, um den Polizeibericht zu bebildern; echte Berichterstattung mit kritischen Tönen jenseits von Schubladenmeinungen fand faktisch nicht statt. Es wird ja viel erzählt von der vierten Macht im Staat, aber die scheint gerade zu schlafen, oder sich auf die Wiedergabe von Agenturmeldungen zu beschränken. Eine Diskussion über das polizeiliche Vorgehen findet nur in Internetforen, nicht aber ernsthaft in Offlinemedien statt. Wenn Presse und Fernsehen sich aber in purer Wiedergabe beschränken, dann brauche ich sie auch nicht mehr zu kaufen, dann haben sie sich selbst überflüssig gemacht. Schade.

Schanzenfest — abends

Ich erwähnte ja schon im Bericht über den Tag, daß viele Anwohner des Schanzenviertels heute nicht mehr ganz glücklich darüber sind, daß der Schwarze Block das Schanzenfest traditionell als Keilerei mit der Polizei nutzt. Das hat tatsächlich Tradition bis zu den Urtagen der Besetzung der Roten Flora und wenn ich mir die Polizei anschaue, dann freuen die sich da auch immer schon drauf. Jedenfalls habe ich den Eindruck, daß man sich gegenseitig schön provoziert. Schon Nachmittags, Oma und Opa sind noch zum Kaffeetrinken da, kreist der Beobachtungshubschrauber über dem Gelände. Und gegen Abend wird die Präsenz der Uniformierten dann doch recht aufdringlich.

Die beiden ersten Bilder zeigen Einheiten, an denen man vorbei muß, wenn man zum Fest will, das zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch absolut friedlich abläuft. In den Straßen sind auch ein paar Schwarzblockhansels, aber größtenteils ganz normale junge Leute, die einfach auf dem Fest und in den reichlich vorhandenen umliegenden Kneipen einen schönen Abend erleben wollen. Das Schanzenviertel ist nämlich auch das angesagte Kneipenviertel in Hamburg.

Auch die Patrouillengänge haben nichts mehr vom freundlichen Freund und Helfer, sondern dienen in meinen Augen nur einem Zweck: der Provokation. Irgendwann muß doch mal eine Flasche oder ein Stein fliegen, der die Schlacht eröffnet. Und bis es so weit ist, läuft man halt schön marzialisch auf und ab. Es muß sich einfach jemand finden lassen, der den Anfang macht.

Diese Herren, auch in einer der Zugangsstraßen, erinnern mich allerdings so wie sie da stehen eher an die Damen ein Stückchen weiter auf der Davidstraße. Was mich dann doch lachen läßt. Ich habe mich leider nicht getraut, mal hinzugehen und nach dem Preis zu fragen.

Derweil läuft auf der Bühne noch ein Konzert. Die Stimmung ist trotz der massiven Polizeipräsenz erstaunlich entspannt, das Wetter ist lau, man ist gewillt, einen schönen Abend zu haben.

Plötzlich ist es dann soweit. Die Uniformierten fühlen sich bedroht und in einem Affenzahn knallen die Wasserwerfer herbei. Das fand ich unglaublich: es sind große, richtig schwere Fahrzeuge und die heizen dann in einem unglaublichen Tempo an wegspringenden Passanten vorbei. Schon das ist unverantwortlich. Jedem ist doch klar, daß Abends der ein oder andere schon was getrunken hat und dann vielleicht nicht ganz so schnell von der Straße kommt. Da hätte schon mal der erste überfahren werden können. Während von den Autos also Durchsagen kommen, wird hektisch die Bühne abgebaut. Die wäre jetzt im Weg.

Zum jetzigen Zeitpunkt, Nachts um 03:00 Uhr, kann man in den Agenturmeldungen lesen, daß es vor der Flora brennende Barrikaden gegeben habe. Das ist Quatsch. Gelogen. Vielleicht ein Standardtext, den man jedes Jahr neu aus der Schublade holt. Diese Photos hier sind vor der Flora entstanden und da brennt nichts. Gar nichts. Der einzige Qualm der entsteht sind die heftigen Abgase der Wasserwerfer. Es fliegen auch keine Flaschen oder Steine. Statt dessen bedeckt die Polizei die Leute, die vor den umliegenden Kneipen an den Biertischen sitzen, mit Salven aus den Wasserwerfern. Leute, die nicht zum Schwarzen Block gehören, sondern einfach nur ihr Samstagsbier trinken wollen. Das halte ich für taktisch unklug, weil so Symphatisanten geboren werden.

In den Agenturmeldungen kann man auch lesen, die Polizei sei dieses Jahr mit relativ wenig Polizisten vor Ort. Auch das ist Quatsch. Die Uniformierten kommen aus allen Löchern angerannt und auf der Plazza sind ganz schnell mehr „Staatsdiener“ als Zivilisten.

Statt dezenter Salven wird der Wasserdruck nun deutlich erhöht und die meisten Unbeteiligten sehen zu, daß sie verschwinden. Das mache ich auch. Ich glaube, hätte ich mir noch weiter angesehen, wie die Polizei vorgeht, wäre ganz schnell auch ein Stein in meinen Händen gewesen. Für einen Einsatz in dieser Form gab es in meinen Augen noch nicht mal ansatzweise einen Grund.

Was bleibt als Fazit ?  Die Polizei spielt mit solchen Aktionen den Schwarzblöcklern in die Hände. Statt komplett wegzubleiben und einen netten Grillabend im Polizeivereinsheim zu veranstalten, müssen die Uniformierten als Terminator so lange in der Gegend herumlaufen, bis es dann tatsächlich zur Keilerei kommt. Was mich deutlich befremdete waren die Gesichter einiger Polizisten: die freuten sich richtig darauf, jetzt endlich loslegen zu dürfen. Endlich Party. Das macht sie keinen Deut besser, als irgendwelche rauflustigen Jugendliche.

Wenn unser Land, unsere Demokratie, keinen kleinen Haufen linksextremer Hansel vertragen kann, die ein paar bekloppte Parolen skandieren, dann tut mir dieses Land leid, dann hat es nichts anderes verdient, als vor die Hunde zu gehen. Der Einsatz jedenfalls hatte in meinen Augen — und ich war immerhin vor Ort — eindeutig totalitären Charakter. Und da kann ich der Polizei nur zurufen: „Ihr seid erwachsene Leute, Ihr solltet Euch was schämen !“. Letztlich habe ich den Polizeistaat gesehen, gegen den tagsüber manchmal gewettert wurde. Und ich habe erheblich Achtung verloren.

Selbstdemontage

Gerade komme ich vom Hamburger Schanzenfest zurück. Was ich da an Polizeiaktion gesehen habe, läßt mich ganz grundsätzlich an diesem Staat zweifeln. Ich bin noch nicht in der Lage, in ganzen Sätzen darüber zu berichten, so sehr regt mich das auf. Das hat ganz eindeutig etwas von totalitärem Staat und ganz sicher nichts von freiheitlich – demokratischer Grundordnung. Egal, was die Medien darüber berichten werden: der Polizeieinsatz war durch die Polizei selbst provoziert, er war unnötig und ganz eindeutig überzogen. Man sah den … ‚tschuldigung, aber in diesem Zusammenhang muß das wirklich sein … Bullen ganz eindeutig die Freude an, in den Krieg zu ziehen. Mehr dann später, wenn ich mich wieder gefangen habe.