
Ich erwähnte ja schon im Bericht über den Tag, daß viele Anwohner des Schanzenviertels heute nicht mehr ganz glücklich darüber sind, daß der Schwarze Block das Schanzenfest traditionell als Keilerei mit der Polizei nutzt. Das hat tatsächlich Tradition bis zu den Urtagen der Besetzung der Roten Flora und wenn ich mir die Polizei anschaue, dann freuen die sich da auch immer schon drauf. Jedenfalls habe ich den Eindruck, daß man sich gegenseitig schön provoziert. Schon Nachmittags, Oma und Opa sind noch zum Kaffeetrinken da, kreist der Beobachtungshubschrauber über dem Gelände. Und gegen Abend wird die Präsenz der Uniformierten dann doch recht aufdringlich.

Die beiden ersten Bilder zeigen Einheiten, an denen man vorbei muß, wenn man zum Fest will, das zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch absolut friedlich abläuft. In den Straßen sind auch ein paar Schwarzblockhansels, aber größtenteils ganz normale junge Leute, die einfach auf dem Fest und in den reichlich vorhandenen umliegenden Kneipen einen schönen Abend erleben wollen. Das Schanzenviertel ist nämlich auch das angesagte Kneipenviertel in Hamburg.

Auch die Patrouillengänge haben nichts mehr vom freundlichen Freund und Helfer, sondern dienen in meinen Augen nur einem Zweck: der Provokation. Irgendwann muß doch mal eine Flasche oder ein Stein fliegen, der die Schlacht eröffnet. Und bis es so weit ist, läuft man halt schön marzialisch auf und ab. Es muß sich einfach jemand finden lassen, der den Anfang macht.

Diese Herren, auch in einer der Zugangsstraßen, erinnern mich allerdings so wie sie da stehen eher an die Damen ein Stückchen weiter auf der Davidstraße. Was mich dann doch lachen läßt. Ich habe mich leider nicht getraut, mal hinzugehen und nach dem Preis zu fragen.

Derweil läuft auf der Bühne noch ein Konzert. Die Stimmung ist trotz der massiven Polizeipräsenz erstaunlich entspannt, das Wetter ist lau, man ist gewillt, einen schönen Abend zu haben.

Plötzlich ist es dann soweit. Die Uniformierten fühlen sich bedroht und in einem Affenzahn knallen die Wasserwerfer herbei. Das fand ich unglaublich: es sind große, richtig schwere Fahrzeuge und die heizen dann in einem unglaublichen Tempo an wegspringenden Passanten vorbei. Schon das ist unverantwortlich. Jedem ist doch klar, daß Abends der ein oder andere schon was getrunken hat und dann vielleicht nicht ganz so schnell von der Straße kommt. Da hätte schon mal der erste überfahren werden können. Während von den Autos also Durchsagen kommen, wird hektisch die Bühne abgebaut. Die wäre jetzt im Weg.


Zum jetzigen Zeitpunkt, Nachts um 03:00 Uhr, kann man in den Agenturmeldungen lesen, daß es vor der Flora brennende Barrikaden gegeben habe. Das ist Quatsch. Gelogen. Vielleicht ein Standardtext, den man jedes Jahr neu aus der Schublade holt. Diese Photos hier sind vor der Flora entstanden und da brennt nichts. Gar nichts. Der einzige Qualm der entsteht sind die heftigen Abgase der Wasserwerfer. Es fliegen auch keine Flaschen oder Steine. Statt dessen bedeckt die Polizei die Leute, die vor den umliegenden Kneipen an den Biertischen sitzen, mit Salven aus den Wasserwerfern. Leute, die nicht zum Schwarzen Block gehören, sondern einfach nur ihr Samstagsbier trinken wollen. Das halte ich für taktisch unklug, weil so Symphatisanten geboren werden.

In den Agenturmeldungen kann man auch lesen, die Polizei sei dieses Jahr mit relativ wenig Polizisten vor Ort. Auch das ist Quatsch. Die Uniformierten kommen aus allen Löchern angerannt und auf der Plazza sind ganz schnell mehr „Staatsdiener“ als Zivilisten.

Statt dezenter Salven wird der Wasserdruck nun deutlich erhöht und die meisten Unbeteiligten sehen zu, daß sie verschwinden. Das mache ich auch. Ich glaube, hätte ich mir noch weiter angesehen, wie die Polizei vorgeht, wäre ganz schnell auch ein Stein in meinen Händen gewesen. Für einen Einsatz in dieser Form gab es in meinen Augen noch nicht mal ansatzweise einen Grund.
Was bleibt als Fazit ? Die Polizei spielt mit solchen Aktionen den Schwarzblöcklern in die Hände. Statt komplett wegzubleiben und einen netten Grillabend im Polizeivereinsheim zu veranstalten, müssen die Uniformierten als Terminator so lange in der Gegend herumlaufen, bis es dann tatsächlich zur Keilerei kommt. Was mich deutlich befremdete waren die Gesichter einiger Polizisten: die freuten sich richtig darauf, jetzt endlich loslegen zu dürfen. Endlich Party. Das macht sie keinen Deut besser, als irgendwelche rauflustigen Jugendliche.
Wenn unser Land, unsere Demokratie, keinen kleinen Haufen linksextremer Hansel vertragen kann, die ein paar bekloppte Parolen skandieren, dann tut mir dieses Land leid, dann hat es nichts anderes verdient, als vor die Hunde zu gehen. Der Einsatz jedenfalls hatte in meinen Augen — und ich war immerhin vor Ort — eindeutig totalitären Charakter. Und da kann ich der Polizei nur zurufen: „Ihr seid erwachsene Leute, Ihr solltet Euch was schämen !“. Letztlich habe ich den Polizeistaat gesehen, gegen den tagsüber manchmal gewettert wurde. Und ich habe erheblich Achtung verloren.