In den vergangenen Monaten gab es immer wieder einmal Gespräche unter Kollegen über dieses Thema, nun widmet sich sogar die PMA der Situation mit den Motoren, also mal höchste Zeit, sich darüber Gedanken zu machen und vielleicht auch, um mal ein wenig zur sachlichen Ruhe aufzurufen. Und damit auch mitlesende Laien etwas davon haben, hole ich mal ein wenig aus.
Wenn wir bei Veranstaltungen Technik „fliegen“, also unter die Decke hängen, dann tun wir das in der Regel mit motorisch angetriebenen Kettenzügen, schlicht Motor genannt. Diese Motoren kann man sicherheitstechnisch laut Berufsgenossenschaft in drei Gruppen einteilen:
- D8: der Motor hat nur ein Bremssystem wenn er nicht fährt. Wenn er fährt wird er nicht weiter überwacht.
- D8+: der Motor hat ein redundant (also doppelt) aufgebautes Bremssystem wenn er nicht fährt. Wenn er fährt wird er nicht weiter überwacht.
- C1: der Motor hat ein redundant aufgebautes Bremssystem wenn er nicht fährt. Wenn er fährt werden seine Bewegungen genau überwacht; wenn es eine unvorhergesehe Bewegung gibt, stoppt und bremst das System automatisch.
In der Vergangenheit war es so, daß im Tourbetrieb ausschließlich D8 – Motoren eingesetzt wurden, die in den letzten gut 15 Jahren auch am Ende des Aufbaus mittels Stahlseilen gesichert wurden, es sei denn, daß Traversen während der Show verfahren werden mußten, dann setzte man C1 – Motoren ein. Seit ein paar Jahren gibt es nun die D8+ – Motoren, die man nicht mehr sichern muß, weil sie eine zweite Bremse besitzen und außerdem die zulässige Belastbarkeit um 50% reduziert ist, um größere Sicherheit zu haben. Diese Motoren sind etwas teurer und vor allem tragen sie bei gleicher Baugröße (zulässig) nur die Hälfte eines D8 – Gegenstücks, was dazu führt, daß sie zwar einen gewissen Marktanteil gewannen, aber sich noch nicht flächendeckend durchsetzten.
Schon immer war es so, daß man sich unter fahrenden D8 und D8+ – Motoren nicht aufhalten sollte. Nun wird also diskutiert, daß auch unter nicht fahrenden, ungesicherten D8 – Konstruktionen sich solange grundsätzlich niemand aufhalten darf, bis das komplette Rigg gesichert ist. Erschwerend kommt hinzu, daß Konstruktionen, die mit ungesicherten D8 – Motoren geflogen werden, auch nicht beklettert werden dürfen, solange sie nicht gesichert sind. Was im Klartext heißt, daß man D8 – Riggs nur per Steiger sichern darf. Wird neuerdings behauptet.
Ach Kinners.
Jetzt mal ganz ehrlich und ohne „ich kenne einen, der kennt einen und dessen Kumpel hat ’ne Schwester und deren Schwippschwager sein Bruder hat gehört, daß …“: wer von Euch kennt ganz konkret einen Fall, in dem indoor ein D8 – Punkt, der einmal hochgefahren und in den nicht nach dem Hochfahren noch zusätzliche Last angebracht wurde, heruntergekommen ist ? Wie praxisnah ist tatsächlich die Forderung, daß im Touralltag so lange unter einem D8 – Rigg nicht gearbeitet wird, bis alle Punkte im Stahl hängen ? Wie praxisnah ist tatsächlich die Forderung, daß ungesicherte D8 – Konstruktionen nicht beklettert werden dürfen ? Müssen wir alle unsere D8 – Motoren verschrotten und zumindest in D8+ investieren ?
Und damit es was zum Diskutieren gibt, direkt auch mal meine Meinung dazu: alle Unfälle die ich kenne geschahen nicht, weil ein ungesichertes D8 – Rigg in Ruhelage plötzlich aufgrund eines nachgebenden Motors heruntergekommen wäre. Ich halte Tabellen wie in der PMA, in denen ein D8 – Motor in allen ungesicherten Lebenslagen als unzulässig bezeichnet wird, für praxisfern.
Ich rede nicht von Riggs, in denen nach dem Hochfahren noch nachträglich Last eingebracht wird. Ich rede nicht von OpenAir – Konstrukionen, die nach dem Hochfahren noch Windlast aufnehmen müssen. Und ich rede auch nicht von Konstruktionen, die ein Wahnsinniger unter qualmenden Rutschkupplungen so gerade eben nach oben geprügelt hat. Sondern ich rede von einem Rigg, das indoor gewissermaßen freiwillig nach oben fuhr.
Und dann mal Eure Meinung: lebe ich hinter dem Mond ? Habe ich mich von der realen Entwicklung der Branche entfernt ? Bin ich unverantwortlich leichtsinnig ? Ich bin gespannt.