Roadcrew

Und wenn ich eben den Stagehands – Film gezeigt habe, dann kann ich noch über ein Video schreiben, das hier schon seit Wochen liegt, um es hier im Blog mal vorzustellen: Roadcrew ist ein Film über eine deutsche Tourcrew, die unter anderen mit den Hosen und den Ärzten unterwegs ist und der mir sehr, sehr, sehr gefällt.

Es ist meistens unglaublich schwer, Menschen, die nichts mit unserem Business zu tun haben, zu erklären, was wir da machen, warum wir so bekloppt sind, uns den Arbeitsbedingungen auszusetzen und warum wir eigentlich in einer Nebenwelt leben, zu der nur schwer Zugang zu finden ist. Selbst unseren engsten Angehörigen, Partnerinnen, Freunden ist das oft kaum bis nicht zu vermitteln. Manchmal noch nichtmal den Technikern, die nur Einzeljobs machen und nie Tour fahren. Der Film bietet zu diesen Fragen zumindest einen Zugang, den ich verstehe (ob das dann Externe wirklich verstehen, kann ich nicht beurteilen; dazu stecke ich einfach viel zu tief drin im Toursumpf). Und er berührt Fragen, die jeden von uns im Laufe der Zeit auch berühren; wie zum Beispiel, wie man diesen gottverdammtgeliebten Beruf und erfüllendes Privatleben unter einen Hut bekommen kann. Wenn man ehrlich ist, geht es kaum.

Roadcrew ist ein Dokumentarfilm, ein Familienfilm, eine Hommage. Er zeigt das Leben von Roadies so wie es ist: ohne Parties, mit viel Routine. Er räumt mit Klischees auf, zeigt wenig Glamour, zeigt Leben.

Mir gefällt er.

Mittler zwischen Hirn und Händen muß das Herz sein

Copyright: UfA

Der Film Metropolis ist ja eine Legende; wenn von ihm die Rede ist, wird geraunt. Erstaunlich wenige haben den Film dann aber tatsächlich gesehen, die meisten kennen nur Photos, wie das hier oben abgebildete. Ich hatte nun heute die Gelegenheit, die restaurierte Fassung von 2010 zu sehen. Ein 145minütiges Mammutwerk, in dem zur Originalfassung aber immer noch gut sieben verschollene Minuten Filmmaterial fehlen und das in diesen Tagen in einigen Kinos gezeigt wird.

Wenn man mal beiseiteläßt, daß die Schauspieler in dem Film so unglaublich übertrieben spielen — das war zu Stummfilmzeiten halt so üblich, damit man die Botschaft transportiert bekam —, dann ist Metropolis schon ein wirklich gigantisches und geniales Werk. Die Ausstattung und die Sorgfalt, mit der Modellbau betrieben wurde, sucht nicht nur für die Zeit des Entstehens (Mitte der 20er Jahre) seinesgleichen. Die Bilder sind schon alle sehr durchgestylt, sie haben einen architektonisch – ästhetischen Guß, der gerade in der Welt der Arbeiter sicher vom damals entstehenden Bauhaus geprägt war. Ich fand es äußerst interessant, wie „modern“ der Film in manchen Einstellungen daherkommt, für 1925/26 war er sicher sensationell. Die Ideen und die Ästhetik des Films, der zum Start 1927 in den Kinos grandios floppte, waren so bahnbrechend, daß sie bis in unsere heutige Zeit für andere Werke „ausgeliehen“ werden.

Copyright: UfA

Jetzt mal ganz ehrlich: wenn man diesen Maschinenmensch sieht, dann ist er doch gar nicht so weit weg von Designs, die wir auch heute noch als modern akzeptieren würden. Die Konstruktion war übrigens damals aus Holz und soll ziemlich schwer gewesen sein. Denn natürlich steckte da ein Mensch drunter; die Kombination aus Zeichentrick und Realfilm war damals ja noch nicht möglich. Trotzdem nutzte Lang für die damalige Zeit hochmoderne Filmtechniken, um die „Special Effects“ so hinzubekommen, wie er sie sich vorstellte. Es wurden Filme mehrfach belichtet, mehrere fertig belichtete Filme wurden übereinandergelegt und zu einem neuen Film belichtet, teilweise wurden Lichteffekte nachträglich bei der Entwicklung eingefügt. Für die ganz oben gezeigte Stadtszene wurde in Stop-Motion – Technik gearbeitet. Es wurde also ein Bild belichtet, dann die Modellautos einen Millimeter weiterbewegt, dann wieder ein Bild gemacht, etc.. Für zehn Sekunden Film wurde über eine Woche gedreht. Insgesamt gab es an 310 Tagen und 60 Nächten Dreharbeiten, ein Drehtag hatte in der Regel 14 Stunden, dabei entstanden auf 600km Film etwa 350 Stunden Rohmaterial.

Neben aller modernen Ästhetik, neben allem Vorbild für ganze Generationen von Science Fiction – Filmen, hat der Film aber auch durchaus eine ganz handfeste Botschaft, die an manchen Stellen für unseren jetzigen Geschmack vielleicht etwas zu kitschig transportiert wird, aber durchaus auch heute seine Gültigkeit hat: der Klassenkampf zerstört letztlich die Lebensgrundlage der Beteiligten; Denker können nicht ohne Arbeiter und Arbeiter nicht ohne Denker leben. Nur ein partnerschaftliches Miteinander aller Klassen kann die Gesellschaft in gemeinsamen Fortschritt führen.

Auch wenn der Film in der jetzigen Version für meinen Geschmack ein paar Längen hat, so ist der Mythos, der der Film umgibt, doch berechtigt. Metropolis ist tatsächlich ein Meilenstein in der Filmgeschichte und ich bin der Meinung, daß man ihn gesehen haben sollte.

Life in a day

Gestern war ich schon wieder im Kino und wieder war es eigentlich kein richtiger Kinofilm, sondern genaugenommen ein Internetfilm. YouTube hatte letzten Sommer dazu aufgerufen, den 24.07. aus der ganz persönlichen Sicht zu filmen. Zusammengekommen sind über 80.000 Beiträge und über 45.000 Stunden Material aus der ganzen Welt. Diese Flut an Bildern wurde nun zu einem Gesamtwerk zusammengeschnitten; von den ersten Frühaufstehern bis zu melancholischen Gedanken vor dem Schlafengehen. Das Ergebnis gefällt mir sehr, weil der Mix stimmt. Die Mischung aus ganz kurz hintereinandergeschnibbelten Passagen und Stücken, an denen längere Ausschnitte fließen. Die Mischung aus hellen, fröhlichen und lebensbejahenden Momenten und traurigen, nachdenklichen. Und weil der Film trotz einiger harter Bilder doch eines nicht aus dem Blick verliert: Das Leben ist schön und Liebe zum Leben und zu den Menschen ist das, was das Leben lebenswert macht.

Life in a day“ ist ein richtiger Film geworden, den man sich im Kino anschauen kann, aber auch auf YouTube ist er zu sehen. Interessanterweise dort aber nicht als typischer YouTube – Film, sondern eher als Fernsehprogramm; er läuft nur zu ganz bestimmten Zeiten. Er ließ mich warm lächelnd aus dem Kino gehen und das ist das Beste, was so ein Film bewirken kann.

Die Nordsee von oben

Copyright: comfilm

Gestern war ich nach langer Zeit mal wieder im Kino (und dabei laufen gerade zur Zeit wirklich ein paar interessante Streifen). Ich sah Die Nordsee von oben, ein Film, der komplett aus dem Helikopter gedreht ist und wunderschöne, manchmal an die Südsee erinnernde Bilder zeigt.

Über 40 Stunden Rohmaterial an Filmen aus dem Helikopter mit modernster Kamera gedreht waren gewissermaßen „Abfallmaterial“ einer ARD – Dokuserie über die Nord- und Ostsee. Filmmaterial von unglaublicher Schönheit, das eigentlich in der Vergessenheit versinken sollte. Und so kamen Silke Schranz und Christian Wüstenberg auf die Idee, der ARD die Nutzungsrechte für dieses Materials abzukaufen. Sie schlossen sich ein, stritten sich tage wochen monatelang, welche Passagen rausgeworfen werden und herausgekommen ist ein wirklich traumschöner Heimatfilm über die deutsche Nordseeküste, an der an manchen Stellen auch sehr klar zeigt, warum wir alles dransetzen sollten, diese Gegend zu erhalten.

Im Film sprechen Bilder, aber es gibt auch sehr norddeutsche Kommentare und Informationen zu dem, was man da sieht …… wobei ich mir vorstellen könnte, daß ein noch etwas längerer Film mit längeren „sprachlosen“ Passagen sicher auch sehr schön gewesen wäre.

Natürlich hat man manche Bilder schon mal so ähnlich im Fernsehen gesehen, aber einen Film konsequent aus der Helikopterperspektive in hervorragender Qualität und dann auf großer Leinwand gezeigt ist doch nochmal etwas ganz, ganz anderes — das ist etwas, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Dabei sind wir direkt beim Problem des Films: das ist kein Blockbuster. Der Film wird, wenn er überhaupt gezeigt wird, nicht lange zu sehen sein. Darum solltet Ihr auf der Homepage des Films nachschauen, wo er zu sehen ist und die Chance nutzen. Wenn es mehrere Kinos gibt, wählt das mit der größeren Leinwand. Es lohnt sich.

Nichts als die Wahrheit

Nichts als die WahrheitIn diesen Tagen lief ich an einigen Filmplakaten zur aktuellen Filmproduktion „Nichts als die Wahrheit“ von Rod Lurie vorbei und die erinnerten mich an …… nein, nicht an das gleichnamige Buch von Pöbel – Dieter, da kam ich dann erst im Rahmen meiner Googleleien drauf, sondern an den 1999 entstandenen deutschen Film (Wikipedia / Amazon VHS und ab März auch als DVD) mit diesem Titel, den ich für die beste Rolle halte, die Götz George je spielte. Auf internationalen Festivals heimste er einige Preise ein, nur in Deutschland wurde er todgeschwiegen und auch von der Filmförderung boykottiert, was dazu führte, daß die Schauspieler statt Gage zu bekommen sich an den Produktionskosten beteiligten, weil sie an ihr Werk und die Botschaft des Films glaubten. Leider hatten sie da wohl die Selbstkritikfähigkeit des deutschen Publikums unterschätzt, der Film ging unter.

Die Geschichte handelt von der Fiktion, Josef Mengele sei nicht in Brasilien verstorben, sondern würde sich der deutschen Gerichtsbarkeit stellen, um seine Sicht der Dinge darzulegen, um sich zu rechtfertigen und um seine Unschuld zu beweisen. „Seine Unschuld ?“ wird man sich fragen, „wie soll das gehen ?“. Genau das ist die Kunst des Films und aller Beteiligten: er zeigt uns, wie gern wir uns verführen lassen von kleinen Rechtfertigungen und Verdrehungen, nur um uns reinzuwaschen von Schuld und Zweifeln. Und genau das ist es wohl, was diesen großartigen Film in Deutschland hat scheitern lassen. Daß wir uns bis heute nur allzugern verführen lassen von beschönigenden Worten. Daß wir bis heute lieber den „Wir haben ja nichts gewußt !“ – Sprüchen glauben wollen, als offensichtlichen Fakten. Daß wir uns bis heute lieber belügen, als der Wahrheit wohlmöglich unserer eigenen Familie in die Augen zu sehen.

Auch wenn Nichts als die Wahrheit kein Actionthriller ist, so bleibt er doch die gesamten 120 Minuten der Laufzeit packend. Dazu tragen nicht nur alle Schauspieler, sondern auch die hervorragende Kameraarbeit bei, die dicht an den Details bleibt, ohne das große Ganze zu verlieren. Ich habe mir das Video heute noch mal angesehen und kann auch Euch den Film nur ganz besonders empfehlen.

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Cadillac Records

In den letzten Jahren gab es einige Filme über die Geschichte von Musikern; warum also nicht auch ein Film über ein Label. Chess Records war in den Fünfzigern die Keimzelle für Blues und Rock ’n‘ Roll, machte als erstes schwarze Musik auch für Weiße populär. Und weil erfolgreiche Musiker einen Cadillac bekamen, hieß die Plattenfirma bei den Künstlern bald so, wie auch der Film: Cadillac Records. Über die Verfilmung liest man nun Lobeshymnen und Verrisse, und weil die Bandbreite der Kritiken so groß ist kann man schon mal sicher sein, daß sie sehenswert ist.

Wenngleich ich der Meinung bin, daß der Film gut zehn Minuten länger hätte sein müssen, um besser auf die gesellschaftliche und politische Situation zur Entstehungszeit eingehen zu können, so finde ich das Werk doch sehr gut gemacht. Es ist ja immer schwer, Musiker durch Schauspieler darstellen zu lassen; das ist hier hervorragend gelungen. Vielleicht auch, weil man größtenteils eben keine Schauspieler, sondern aktuelle Musiker besetzte, die ihre Sache wirklich überzeugend rüberbringen. Auch finde ich gut dargestellt, daß es gar nicht so einfach ist, als Star zu leben, daß viele am Starsein zerbrechen und daß es auch für das Management nicht immer klar ist, wie man nun Künstler optimal betreut.

Ich fühlte mich jedenfalls bestens unterhalten; die Geschichte ist gut, die Musik wirklich hervorragend und so kann ich Euch den Film sehr empfehlen. Unten noch den Trailer.

Filmdreh

Tatsächlich war ich heute morgen das erste Mal in meinem Leben in einem Großraumbüro. Seit dem habe ich großen Respekt vor den Menschen, die dort arbeiten. Ich könnt‘ das nicht. Ich hatte eher das Gefühl, in einem Legehennenbetrieb zu sein, als wirklich in einer Firma. So hat jeder seine Vorlieben; ich kenne auch genug Menschen, die meinen Beruf mit der ganzen Reiserei und den doch sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten nicht machen könnten.

In und an diesem Großraumbüro gab es heute Dreharbeiten zum Film „Same same but different„. Für mich ein interessantes Erlebnis, kenne ich doch gewissermaßen die Originalpersonen zur Geschichte.

Hier seht Ihr nun die Akteure des Tages: Mario Adorf in einer Nebenrolle als Redaktionschef, Jens Harzer als großer Bruder (der hier Henry heißt), David Kross als Hauptakteur Ben, Marie Jung als Henrys Freundin und Regisseur Detlev Buck. Zumindest die beiden Brüder tragen schon Eigenschaften der Originale, sie sind also aus … Familiensicht … erst mal gut besetzt.

Insgesamt war die Atmosphäre am Set entspannt, die Arbeitsweise des Regisseurs Buck sehr sympathisch. Wir waren ja nur Zaungäste, wurden aber herzlich aufgenommen. Ich bin sehr gespannt, wie der Film wird.

Nebenher gelang mir dieses Photo von Mario Adorf, das mir sehr gefällt.

Krabat

Eine wirklicht gute literarische Vorgabe zu verfilmen ist verdammt schwer. Und diese Bürde muß der Film Krabat, den ich gestern Abend sah, leider tragen. Otfried Preußlers Adaptation der sorbischen Sage ist ein hervorragendes Jugendbuch (Wikipedia), in allen Teilen schlüssig. Wäre es ein Film nach einer unbekannten Vorlage geworden, so empfände ich das Ergebnis wahrscheinlich als ganz akzeptabel. So muß ich leider sagen, daß der Film deutlich nicht die Tiefe des Buches erreicht.

Wirklich toll sind die Landschaftsaufnahmen geworden. Genau so düster, trostlos und verlassen stellte ich mir die Lausitz im Dreißigjährigen Krieg vor. Das allein rettet den Film im Vergleich zum Buch aber leider nicht. Obwohl sich die Verfilmung an Preußlers Buch anlehnt, ist sie eben nur sehr frei nach dem Buch und keine Buchverfilmung. Wichtige Handlungsstränge wurden verändert, vieles bleibt zu sehr an der Oberfläche, die gesellschaftliche Bedeutung des Meisters wird überhaupt nicht berührt. Die Schauspieler schaffen es in der Regel nicht, in ihrer Rolle mittelalterliches Denken zu verkörpern. Daniel Brühl bleibt eben ein smarter, gutaussehender Kerl unserer Zeit. Dazu gibt es einige logische Brüche im Plot. Sehr, sehr schade.

Für jeden der das Buch nicht kennt mag der Film ein schöner Einstig ins Thema sein und hoffentlich Motivation, das Buch zu lesen. Für Leute die Preußlers Buch kennen mögen die Bilder vielleicht auch schön sein, die Handlung aber sicher enttäuschend.

Menschen im Osten Deutschlands werden Preußlers Version der Geschichte oft gar nicht kennen; sie wuchsen eher mit dem Krabat von Juij Brězan auf, eine Fassung, die viel blutiger ist als die westdeutsche Variante. Der Film hat mit dieser Version nicht viel zu tun. Vielleicht also auch ein guter Einstieg, um sich mal mit anderen Deutungen der Sage zu beschäftigen.

Rumba

Gestern Abend war ich im Kino und mit meiner Begleitung einigte ich mich auf den Film Rumba. Eine gute Wahl. Der Film war nämlich herrlich bescheuert.

Die Handlung ist schnell erzählt und spielt auch eine so große Rolle nicht: Fiona und Don sind Lehrer, miteinander verheiratet und gemeinsam einer großen Leidenschaft verfallen, der Rumba. Durch einen Autounfall verliert Fiona ein Bein und Don seine Erinnerung. So stoplern sie durch Katastrophen, bis sie nach einem Jahr erkennen, daß sie, egal was ist, doch zusammengehören.

Wenn man den Plot jetzt liest, dann denkt man sich sicher: was für eine sülzige Geschichte. Dabei kommt Sülz nicht ein Mal auf im Publikumslieblingsfilm von Cannes. Dafür aber Komik alter französischer Tradition, die gerne auch mal an Slapstik erinnert. Den Film trägt nämlich nicht, was die Geschichte erzählt, sondern wie sie erzählt wird. Mit vielen bunten Farben, mit herrlichen Übertreibungen, mit verrückten Situationen und mit viel liebe zu den Darstellern.

Und darum kann ich den Film auch empfehlen. Er ist kein Blockbuster. Er läuft nur in kleinen Kinos. Und er wird meiner Befürchtung nach auch nicht lange laufen. Er ist kein großes Kino. Sondern er ist ein schöner, altmodischer, liebenswerter, kleiner Film. Darum solltet Ihr schnell losziehen und einen gemütlichen und verrückten Abend erleben.

Der Baader Meinhof Komplex

Am Freitag sah ich den Film Der Baader Meinhof Komplex (Wikipedia) und war berührt von der Aktualität und von den Unterschieden zu heute. Ich kann mich noch aus meiner Kindheit bruchstückhaft an das Desaster in München 1972 erinnern und auch in meiner Jugend war die RAF durchaus ein Thema. Nicht vergessen werde ich auch eine allgemeine Verkehrskontrolle im Rahmen der RAF – Fahndung, in die ich kurz nach meiner Führerscheinprüfung geriet. Allein bei der Armbewegung zu meinem Autoradio sah ich mich plötzlich den Mündungen von vier Maschinenpistolen ausgesetzt. Ich ließ die Musik laut.

Der Film zeigt nun, wie eine Organisation wie die RAF entstehen konnte und warum die erste Generation so breiten Rückhalt in der Bevölkerung hatte. Später, nachfolgende Generationen hielten sich nicht mehr an die politischen Linien, wurde diese Sympathie verspielt und machte einer allgemeinen Terrorhysterie Platz, wie sie heute wieder unseren Innenminister befällt. Damals wie heute ist Terrorangst Vorwand für weitreichende Einschränkungen der Bürgerrechte. Wobei der Protest heute deutlich moderater ausfällt, obwohl die Einschränkungen weitreichender sind.

Von vielen wird dem Film vorgeworfen, daß er keine Stellung beziehe, daß er nur darstelle, ohne zu bewerten. Gerade das macht ihn meiner Meinung nach so stark. Ich halte es für sehr schwer, eine schlüssige Bewertung der Entwicklung der damaligen Zeit vorzunehmen. Willy Brandts Motto „Mehr Dekokratie wagen“ ist aus dem Druck der Straße entstanden, die Festigung der Demokratie in Deutschland und das Selbstbewustsein von Widerstandsgruppen entstammt dieser Zeit, aus der die RAF entstammte und die sie mit geprägt hat. Wie soll man also diese Zeit und die RAF bewerten ?

Es ist unzweifelhaft, daß die Methoden dieser Organisation letztlich falsch waren. Der politische Unterbau jedoch zeugte von einem wachen Geist und einer kritischen Haltung gegenüber dem Weltgeschehen. Schon damals führten die USA Krieg für Öl und betrieben eine zum Himmel schreiende Außenpolitik. Deutschland spielte dabei als Truppenstandort und Rückzugsgebiet eine erhebliche Rolle. In Polizei und Justiz saßen oft noch Leute, die ihre Grundausbildung und Überzeugung in der NS – Zeit erhalten hatten. Der Staat beging ebenso viele Verbrechen wie die RAF. Wie soll da ein Film werten ?  Allein die Zeit kann dargestellt und bewertet werden. Und das leistet der Film meiner Meinung nach ganz hervorragend.

Ein Manko ist sicher die Tatsache, daß die ganze Geschichte der Organisation mit allen Hintergründen in knapp zweieinhalb Stunden dargestellt werden sollen. Das klappt natürlich nicht und gerade zum Ende hin wirkt der Film dann doch etwas gehetzt. Aber er kann Anstoß sein, sich mit dieser Zeit zu befassen. Und mit der Frage, warum Jugend heute so viel unpolitischer ist als die damalige. Vielleicht ist ja gerade das die Revolte der heute Jungen.

So wenig ich die RAF glorifizieren möchte, 34 Morde sind 34 zu viel, so wenig kann ich das politische Umfeld dieser Zeit verdammen. Wenn ich mir heute Diskussionen anhöre, bei denen die sogenannten 68er verurteilt werden, so kommt mir der Gedanke, daß man heute einfach große Angst hat, erhebliche Teile der Bevölkerung könnten wie damals wieder wirklich politisch aktiv werden und das im Grunde beschauliche Leben der politischen Kaste könne wieder so deutlich hinterfragt werden. Meiner Meinung nach täte es unserer Demokratie gut. Politikverdrossenheit ist auf Dauer jedenfalls auch keine Lösung.

Jetzt bin ich ganz schön abgeschweift, darum meine Meinung zum Film noch mal zusammengefaßt: ein guter Überblick über die Zeit der RAF, leider manchmal dann doch zu kurz und zum Glück nicht wertend, dafür aber glänzend gespielt.