POP LIFE – Ausstellung

Schon vor zwei Wochen war ich in der sehr sehenswerten Ausstellung Pop Life, die zur Zeit in der Hamburger Kunsthalle zu sehen ist. Völlig egal, wie man nun zu moderner Kunst steht, bietet sie mit einer guten Führung (ich hatte das Vergnügen, von Matthias Wellmer durch das Haus geleitet zu werden und seine launigen Erklärungen zu hören) eine gute Gelegenheit über Kunst, den Unterschied zwischen Kunst und Kitsch, sowie über Unterwanderung von Kommerz durch Kunst nachzudenken.

Oben seht Ihr das goldene Kalb, False Idol, von Damien Hirst.

Andy Warhol ist sicher der bekannteste Vertreter der Pop Art. Er ist in dieser Ausstellung vertreten, gewissermaßen als Vater und Wurzel einer ganzen Entwicklung. Der Ausstellungsname Pop Life zeigt, daß es durchaus um eine Weiterentwicklung dieser Kunstform geht, um das ganze Leben eines Künstlers als Kunstwerk. Das kann auch mal völlig beknackt sein, wenn beispielsweise eine Frau vier Jahre als Prostituierte arbeitet, im Nachhinein diese Zeit als Kunstwerk erklärt und dann sang & klanglos in der Versenkung verschwindet. Da ist sie dann wieder, die Frage was Kunst und was einfach nur Verarschung ist. Die Frage mag auch jeder für sich beantworten.

Einige Exponate ergeben auch ganz unterschiedliche Interpretationen, jenachdem, aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet. Hier sieht es ja so aus, als ob Barbie aus ihren übergroßen Eutern Milch verspritzt.

Mit nur etwas anderer Betrachtung könnte sie auch nur seilchenspringen.

Pop Art nutzt unsere Sprache, unsere alltägliche Umgebung, um ebendiese zu überspitzen, um sie umzukehren und uns zu zeigen, wie zweifelhaft unser Alltag ist. Sie ist wie ein Spion, ein Schläfer, der sich assimiliert, um dann in einem unerwarteten Moment zuzuschlagen. Wie bei diesem Selbstportrait. Es geht plötzlich nicht mehr um Körperlichkeit, sondern — wie im wirklichen Leben — um die richtigen Marken, mit denen man sich umgibt.

Leider ist die Ausstellung nicht ganz komplett. Pop Life ist keine einmalige Ausstellung, sondern eine Wanderausstellung, die schon im Londoner Tate zu sehen war. Richard Princes Spiritual America wurde in London noch vor der Eröffnung von der Polizei abgehangen, in Hamburg versuchte man erst gar nicht, das Brooke Shields – Bild zu zeigen. Auch Teile von Tracey Emins Werk haben es nicht nach Hamburg geschafft, obwohl sie in London zu sehen waren. Dafür ist Martin Kippenberger zu sehen (oben mit Bitte nicht nach Hause schicken), dessen ironischstes Werk, eine Einladungskarte mit dem Titel Dialog mit der Jugend, das Klippenberger zeigt, nachdem er vor seiner Kneipe SO36 niedergeschlagen worden war, auch fehlt.

Andere Künstler, oben Garvin Turk, nehmen den Betrachter direkt mehrfach auf den Arm. Hier vermischt Turk verschiedene  Bilder, die sich in unser kulturelles Gedächtnis eingeprägt haben, zu etwas neuem. Wir meinen, Ché Guevara in der legendären Pose zu sehen, die Warhol mit Elvis Presley für dessen Film Flaming Lips schuf. Dabei sehen wir einfach nur ein Selbstportrait Turks, der uns etwas anderes sehen machen will. Eben weil wir es so wollen, weil uns kleine Anreize genügen, um uns ein Trojanisches Pferd unterzuschieben.

Einige Bilder, wie hier von Jeff Koons, hängen in einem abgeschlossenen Bereich, der erst ab 18 zugänglich ist. Das wird auch kontrolliert. So durfte ein sechzehnjähriger Teilnehmer unserer Führungsgruppe nicht mit in diesen Raum, obwohl sein Vater mit dabei war und nichts dagegen einzuwenden hatte, daß der Sohn sieht, was er im Internet sowieso sehen kann. Gerade bei einer Führung kann ich das ehrlicherweise nicht verstehen, werden die Werke doch da kritisch hinterfragt.

Auch diese Kollage ist nicht das, für das man sie im ersten Blick hält. Zu sehen sind nicht Nazigrößen. Jedenfalls keine echten. Zu sehen sind Schauspieler aus zahlreichen Filmen, in denen sie Nazis dargestellen. Wir sind kaum in der Lage, das zu unterscheiden.

Schließen möchte ich mit einem fast österlichen Bild. Neben den verschiedenen Fragen zu Kunst und Religion, die man rund um dieses Kunstwerk diskutieren kann, beeindruckt es erstmal allein durch die Größe. Da liegt eben ein richtiges, ausgewachsenes Pferd. Ja, ausgestopft. Trotzdem aber groß und hervorragend präpariert; man meint fast, die Adern am Hals pulsen zu sehen. Und somit schließt sich der Kreis ja zum Anfang der Ausstellung mit dem Kalb.

Zu dieser Ausstellung gab es in der Presse sehr unterschiedliche Besprechungen. Mir hat sie sehr gut gefallen, was sicher auch an der hervorragenden Führung lag, die mit provokativen Thesen zum Nachdenken anregte. Ich kann einen Besuch sehr empfehlen; bis zum 09. Mai ist das in Hamburg noch möglich.

Sternenhimmel

Da wo man es nicht vermutet kann man ein Stück Himmel sehen: das Kunstwerk „Firnament“ steht in einer ungenutzten U-Bahn – Röhre unterm Hamburger Hauptbahnhof. Die Konstruktion des Tunnes erlaubt drei Ansichten, die jeweils ganz andere Perspektiven ergeben. Leicht abseits des Laufweges, mäßig beleuchtet und im Laufe der Jahre verdreckt und seitlich mit Umbauresten zugestellt, vermittelt es auf mich eher eine melancholische Atmosphäre. Hochfliegende Träume sind abgestürzt und rosten nun in der Realität vor sich hin.

Junge und Alte

Heute waren wir mal wieder in den Deichtorhallen; Anlaß war die Ausstellung „Gute Aussichten“, die besten neun Photographen des gleichnamigen Nachwuchswettbewerbs für Photographen. Ehrlicherweise, um meinen Eindruck vorwegzunehmen, fand ich die Aussichten für moderne Photographie am Ende der Ausstellung nicht ganz so gut, wie der Titel versprach. Zu wenig, das nicht nur formal und technisch gut war, sondern mich auch berührte. Letzteres finde ich einen ganz wichtigen Faktor. Und auch wenn ich hier jetzt nicht Beispiele zeigen kann, weil ich natürlich nicht gegen die Urheberrechte verstoßen möchte, so will ich die Eindrücke zu den einzelnen Künstlern doch kurz beschreiben.

Laura Bielau lichtete im Wesentlichen innerhalb eines Photolabors ab. Und ausgerechnet das einzige Bild, daß im Freien aufgenommen wurde — eine Landschaftsphotographin bei ihrer Arbeit — hat für mich den meisten Witz. Zwar steht im Katalog, daß ihre Arbeiten vergangene Größen der Photographie zitieren, aber das muß mich als bekennende Banause ja nicht unbedingt beeindrucken. Dabei hat die Idee, Stripperinnen im Rotlicht eines Schwarzweißlabors zu photographieren, durchaus war. Letztlich fand ich die Arbeiten aber alle … nichtssagend. Sorry.

Jürgen Staacks zeigte keine eigenen Bilder, obwohl er ausgebildeter Photograph ist. Seine gezeigten Arbeiten bestehen darin, Menschen Bilder beschreiben zu lassen, diese Beschreibung wiederzugeben und eine mit Edding unkenntlich gemachte Kopie des Bildes zu der Beschreibung zu hängen. Das mag Kunst sein, ich find’s aber absolut überflüssig.

Reza Nadjis und Maziar Moradi zeigen beide völlig unabhängig voneinander Bilder aus dem Iran und Tehran. Da mag das Thema natürlich interessant und exotisch sein, die Bilder sind es für mich nicht wirklich. Sie geben einen Einblick in eine fremde Stadt, in eine fremde Kultur, sind photographisch aber eher langweilig. Dabei bin ich mir sicher, daß es hier packende Perspektiven gegeben hätte. Schade.

Sarah Strassmann hat dann die ersten Bilder, die mich berühren. Ganz klare Photos, ein Großteil kolossal unterbelichtet, aber gerade dadurch von einer unglaublichen Mystik, die mich einfängt und zum Träumen animiert. Dazu kommen perfekte Vergrößerungen, die in ihrer Ausführung den Inhalt der Bilder noch mal unterstützen. Das ist keine Kunst um der Kunst willen, sondern gutes Handwerk mit einer hintersinnigen Botschaft, die einen erst langsam erreicht. Das finde ich richtig gut, mehr noch: es sind für mich die besten Bilder der Ausstellung.

Katrin Trautner präsentiert eine Bilderserie über Liebe im Alter. Bei diesen Photos bin ich zwiegespalten: erst mal ist es in unserer Gesellschaft natürlich schon ein Tabubruch, körperliche Liebe von alten Menschen zu zeigen und es macht mir natürlich auch ein wenig Mut — so jund bin ich nun auch nicht mehr. Dann aber finde ich die Bilder zwar von der Botschaft her gut, sie sprechen mich aber nicht an, mir fehlt der Funken.

Markus Georg hat gar keine „richtigen“ Bilder an der Wand hängen, sondern zeigt seine Arbeiten in einem Postkartenständer eben als Postkarten. Das ist erst einmal rafiniert, bietet er doch so als Einziger der Künstler die Möglichkeit, das Lieblingsbild zu einem günstigen Preis mit nach Hause zu nehmen. Seine Photos wirken gerade in dem kleinen Format der Postkarte, weil sie auf den ersten Blick bekannte Motive darstellen, auf den zweiten Blick aber genau das nicht sind, was man erst meint. Eine gute Idee.

Heiko Schäfer hängt ebenfalls keine Bilder, sondern zeigt sie auf einer Art niedrigen Tischchen. Alte, geschundene Holzboote von oben. Wenn man dann den Begleittext zu den Bildern liest registriert man plötzlich, daß es Boote von Boatpeople sind. Boote, mit denen Menschen versuchten, von Afrika nach Italien zu kommen. Zu jedem Photo gibt es eine kurze Geschichte. Auch dieses Konzept finde ich ganz gut.

Florian Rexroth beweist, daß man das Freistellen von Bildern auch ganz anders angehen kann, als im Photoshop: man macht es „einfach“ vor Ort mit gigantischen weißen Tüchern. Florian hebt so Stadtbäume aus ihrer Umgebung hervor, in der sie sonst optisch untergehen würden und zeigt, daß auch die Natur in der Stadt sehr schön sein kann, wenn man ihr nur einen Blick würdigt. Ebenfalls eine gute Idee.

Alle Teilnehmer sind Studenten (oder gerade nicht mehr, waren es aber noch zur Einreichung der Bilder), alle sind unter 30. Sooooooooo innovativ waren die Arbeiten jetzt nicht. Vielleicht findet ja der ein oder die andere noch seinen Weg.

Die Ausstellung ist in den Deichtorhallen noch bis 01.03. zu sehen und geht dann auf Tour.

Parallel dazu läuft die Ausstellung „New Color Photography“, die wir uns natürlich auch noch ansahen. In den 70ern gab es die ersten Künstler, die Farbphotos als Kunststil einsetzten. Bis dahin war der Kunst eher das Schwarzweißbild vorbehalten und Farbbilder waren eher Alltagsphotographie. Was damals fast als künstlerische Revolution galt, wirkt heute fast ein wenig altbacken. Für mich haben monochrome Bilder aus der Zeit tatsächlich oft mehr Ausdruck, als die Farbbilder. Trotzdem interessant zu sehen, wie sich Photographie in den letzten 30 Jahren entwickelt hat; gerade auch im Vergleich zu den jungen Künstlern im Nebenraum.

Robert Lebeck

Am Sonntag las ich nicht nur Automatenheftchen, sondern besuchte auch die Ausstellung „Robert Lebeck — Fotografien 1955 – 2005″ im Martin Gropius Bau, Berlin. Lebeck war viele, viele Jahre Photoreporter; hauptsächlich des Stern, aber auch einiger anderer Publikationen. In dieser Zeit sammelte er eine unglaubliche Fülle an herausragenden Photographien, die aus einer Mischung von handwerklichem Können, Geduld, einem guten Auge und eben der kleinen Portion Glück, die man benötigt um im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein, entstanden. Sicher 95% der ausgestellten Werke sind schwarz/weiß.

Die Ausstellung im Gropiusbau hat berechtigterweise so großen Erfolg, daß der Katalog zur Ausstellung leider ausverkauft ist. Die Bilder ziehen einen dicht in das Geschehen, in die Emotionen des Photographierten, in andere Kulturen. Lebeck gelingt es fast immer, sich selbst völlig auf dem Bild herauszunehmen, nicht inszenieren zu müssen, sondern einfach die Situation aus perfekter Perspektive abzubilden. Er selbst sah sich nie als Künstler, sondern eben als Reporter; und genau das ist in meinen Augen die große Kunst in seinen Bildern. Leider war in der Ausstellung photographierverbot, so daß ich hier keinen Überblick einstellen kann. Der Besuch lohnt aber auf jeden Fall.

Außerhalb der Ausstellung, aber noch im Gropiusbau selbst, gelang mit dieses Bild. Ich lag schon auf dem Boden, aber es fehlten eben doch noch ein paar Zentimeter zum perfekten Photo. Trotzdem gefällt mir die Perspektive auf die Architektur sehr gut.

So weit kein Auge reicht

Wie ja schon angekündigt war ich in der Ausstellung So weit kein Auge reicht der Berlinischen Galerie und direkt am Anfang kann ich sagen, daß ich diese Galerie begeistert verlassen habe.

Zwischen 1949 und 1952 schoß ein Photograph namens Tiedemann (der Vorname schon ist nicht belegt, es handelt sich vermutlich um Emil Tiedemann, einen Berufsphotographen) im Auftrag des Ostberliner Magistrats unzählige Photos in der Stadt als Bestandsaufnahme der Zerstörung, des Wiederaufbaus und der Bausubstanz. Diese Aufnahmen wurden fein säuberlich katalogisiert und wanderten dann ohne weitere Beachtung ins Archiv, welches nach der Wende in den Besitz der Berlinischen Galerie überging. Da wußte man lange Zeit auch nichts von dem Schatz im eigenen Keller, bis durch Arbeiten an einem anderen Projekt diese Bilder wieder zum Vorschein kamen.

Da lagen sie nun. Kontaktabzüge auf Karteikarten. Einige zu kurzen Panoramen zusammengeklebt, viele aber einzeln, nach Hausnummern sortiert. Erst wenn man sich einmal mehrere Karteikarten hintereinander anschaute konnte man erkennen, daß es ganze Straßenzüge als Abwicklung gab. Arwed Messmer setzte sich dann daran, die Mittelformatnegative aller dieser Einzelbilder zu scannen, sichten und sie mittels Photoshop manuell zusammenzufügen.

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Herausgekommen sind Bilder von unglaublichem Wert. Die Photos sind absolut sachlich, sie wurden für städtebauliche Zwecke erstellt und nicht zu Propagandazwecken. Jede Schönfärberei, jede Parteinahme schloß sich aus. Wir sehen heute die Stadt, wie sie zu Beginn der 50er tatsächlich war. Straßenzügelang. Daß Propaganda zu dieser Zeit durchaus üblich war, ist den Bildern auch zu entnehmen: an vielen Häusern hängen Plakate und Sprüche.

Durch die kongeniale Arbeit zweier Profis über fast 60 Jahre hinweg — der eine erstellte analytische Aufnahmen mit hoher Sorgfalt, der andere verarbeitete sie mit unglaublicher Geduld und moderner Technologie — entstanden Panoramen, die fesselnd sind. Die durch ihre ungestellte Alltäglichkeit eine Wucht entwickeln. Und die gerade dadurch eine bestechende Ästhetik haben.

Kunst durch reine Beherrschung des Handwerks.

Jedem, der die Gelegenheit dazu hat, möchte ich den Besuch der Ausstellung sehr ans Herz legen. 7,00€ Eintritt sind hier absolut gut angelegt. Für alle anderen empfielt sich das hervorragend gemachte Buch zur Ausstellung (So weit kein Auge reicht, Berliner Panoramafotografien aus den Jahren 1949-1952, Berlinische Galerie, Dumont Verlag, ISBN 978-3-832191-87-0) mit den Panoramen zum Ausklappen und vielen Erklärungen.

The Kennedys

Bei Camera Work lag ein Prospekt über die Ausstellung The Kennedys und weil wir sowieso grob in die Richtung wollten, gingen wir da mal vorbei. Weil man genau am Samstag zweijährigen Geburtstag hatte, gab es am Eingang Berliner (wobei die Dinger in Berlin ja Pfannkuchen heißen) und Sekt.

Die Ausstellung selbst … viele Bilder, einige wenige Devotionalien JFKs, noch weniger über den noch lebenden Bruder Edward und ganz wenig kritische Auseinandersetzung mit den Personen.

Natürlich dreht sich Vieles um den Besuch JFKs in Deutschland und speziell Berlin, hier ein Photo das ihn bei seiner legendären Rede vor dem Schöneberger Rathaus zeigt (das Bild unterliegt sicher dem Copyright). Darüber hinaus wird er als charmanter Hoffnungsträger mit heiler Familie gezeigt. Daß dem nicht immer so war, daß er viele der in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte, daß er für das Schweinebuchtfisako maßgeblich verantwortlich war, daß er schwer unter verschiedenen Krankheiten litt und daß auch sein Familienleben nicht immer … leicht … war, wird maximal gestreift. Da bleibt diese Ausstellung vieles schuldig.

Für 7,00€ regulären Eintritt hätte ich ehrlicherweise mehr erwartet. Mehr als zahlreiche Bilder von John, Jackie und Bobby.  Immerhin gab es bei einer Tafel in einem Nebensatz einen interessanten Hinweis auf die Medienwirksamkeit und das geschickte Spielen damit: bei den Fernsehduellen vor der Präsidentenwahl 1960 waren am Ende der Sendung die Radiohörer eher pro Nixon und die Fernsehzuschauer eher pro Kennedy; er sah einfach besser aus, da mußte man nicht auf die Argumente hören.

Fashion

Während ich noch auf eine Bilderfreigabe warte kann ich ja mal erzählen, was wir am Wochenende sonst noch so machten. Wir schauten uns am letzten Tag der Ausstellung noch „Fashion“ in der Galerie der Camera Work AG an. Wie immer bei den Veranstaltungen dort handelte es sich um eine Verkausausstellung; die meisten Werke waren also „mitnehmbar“ und der Eintritt frei. Wer also schon immer mal ein von Karl Lagerfeld geschossenes Photo bei sich zu Hause aufhängen wollte, der konnte das für günstige 2.500,00€ tun. Ein großformatiges Bild von Helmut Newton kostete dann auch schon 350.000,00€.

Der Begriff „Fashion“, unter dem die Ausstellung stand, war schon recht weit gefaßt. Was mich ein wenig störte war die Art der Hängung. Wie oben zu sehen, hingen die Bilder in den fünf Räumen wie bei Großmutter über’m Kamin. Das lenkte dann mich bei der Betrachtung schon ab und unterstützt meiner Meinung nach auch nicht die Wertigkeit mancher Photos. Wenn ich für ein A4 – Format 75.000,00€ bezahlen soll, dann verstehe ich das vielleicht eher, wenn das Werk dementsprechend wertig präsentiert wird. Aber vielleicht bin ich da auch zu kleinlich.

Trotz des leichten Abstrichs war es aber dennoch eine gute Gelegenheit, sich einmal eine Übersicht über Photographie zwischen 1928 und 2006 zu verschaffen. Auch sind die Räumlichkeiten an sich sehr schön: eine alte Remise im zweiten Hinterhof an der Kantstraße.

Gastbeitrag: Ab in die Kiste !


In Augsburg kann man noch bis zum 9. November seine ganz persönlichen Stars aus der Puppenkiste besuchen. Zum 60-jährigen Jubiläum der Puppenkiste gibt es eine Sonderausstellung in der die berühmtesten Puppen aus verschiedenen Aufführungen und aus dem Fernsehen zu sehen sind. Da ich zu der Generation gehöre, die zum Abendessen mit Gouda-Nutellabroten, der Biene Maja, Wickie, Captain Future und den Sendungen der Augsburger Puppenkiste ernährt worden ist, habe ich aus Anhänglichkeit den Puppenkisten-Newsletter abboniert und daher von der Ausstellung erfahren. Da mein Kind ähnlich ernährt wurde, standen wir alsbald auf dem Speicher des alten Heilig-Geist-Spitals, in dem die Puppenkiste seit 1948 ihre Vorstellungen gibt. Und los. Das Kind setzt sich sofort vor einen Bildschirm und sieht sich Jim Knopf an, den sie auf DVD zuhause mindestens 500 mal gesehen hat. Auch gut. Dann habe ich Ruhe.

Die Figuren in Schaukästen und in ihren Kulissen … aha, schön, schön … ja,  so unbeweglich sind sie schnell fertig betrachtet. Also mal lesen was denn da noch so alles steht … aha, in den 50-ern ging die junge Puppenkiste auf Deutschlandtournee. Sie hüppelten von Kaff zu Kaff, von Turnhalle zu Gemeindesaal. Einmal schaffte es der Bus nicht die Berge hoch, da haben sie auf einen Ochsenkarren umgeladen. Das muss ich gleich Markus erzählen. Ich stelle mir vor: Annett Louisan auf Tour mit Ochsenkarren und Markus als TL  brüllt sich am Berg die Seele aus dem Leib und schwingt die Peitsche, aber die Ochsen schert es nicht … hihi. Zurück zur Ausstellung. Nun, wo ist der Puppenkistenzauber ?  Eine Gruppe Schüler taucht auf, sie bleiben vor der Insel Lummerland stehen, auf der Emma nach Fahrplan alle 20 Minuten ihre Runden dreht. Sofort reißen sie beide Hände hoch — mit ihren Digicams benehmen sie sich wie Paparazzi — und blitzen Emma ab, bevor sie überhaupt hingesehen haben.  So ist das Leben als Star. Aber Hallooooo… ?  Wo ist hier der Zauber ?  Ein Mann, ein Herr, nicht mehr ganz jung, führt die Gruppe. Er sagt: „hier ist das und hier ist das und hier ist das … Wer kennt diese hier ?“ Meine vom Fernsehen wieder auferstandene Tochter ruft: „Das ist die Katze mit Hut !“ „Ah“ sagt der Mann, „das ist schön. Die meisten Kinder kennen ja nur noch den Jim Knopf und vielllllleicht noch das Urmel.“ In diesem Moment halte ich meine Erziehung doch für gelungen und lächele selbstgefällig in mich hinein.

Puh, denke ich mir. Nun haben wir schon alles gesehen, u.a. die Figuren der Frau Holle, den Kater Mikesch, die Wutz, den Kalle Wirsch, das Kalte Herz, den kleinen Prinz,  fertige und unfertige Holzköppe und ich war gar nicht berührt. Wie schade. Bin halt kein Kind mehr. Komm Tochter, wir gehen einen Braten essen.

Da kommt plötzlich eine kleine lila Gestalt mit dreieckigem Hut an 10 Fäden angewackelt. Sie ist sofort umringt, denn sie plaudert fröhlich und ist sehr zutraulich. Zu welchem Stück gehört sie? Ich weiß es. Der Traumkobold aus dem Urmel. Der nicht mehr ganz junge Mann erklärt, an welchen Strippen man ziehen muß, um Bewegung in die Puppe zu bringen. Ungern gibt er sie aus der Hand. Zwei Kinder dürfen mal kurz Puppenführer sein, das Mädel macht es ganz gut. Ja, guck, er läuft, ja, so musst du es machen, die Füßchen müssen ganz auf den Boden sonst sieht es nichts aus, ja, so ist es gut. … Aber, schwupps, hat der nicht mehr ganz junge Mann die Fäden selbst in den Händen, man merkt deutlich, dass es ihm so am liebsten ist. Unter seinen Händen fängt die kleine Puppe wieder an, ein kecker Kobold  zu werden und sich fremden Leuten aufs Knie zu setzten. Und da war er dann doch noch, der Puppenkistenzauber, in dem liebevollen Blick des nicht mehr ganz jungen Mannes auf seine Puppe und in der Art wie die Puppe in meinen Augen anfing lebendig zu werden und wie ich anfing, kindisch mit der Puppe zu werden. Alles Freaks da. Nicht mehr ganz Junge.

Sicherlich zauberhafte Vorführungen finden (bis auf Montags) 2-mal täglich statt.  Spielplan unter www.diekiste.net

Wir haben bei unserem Besuch leider genau die Sommerpause erwischt und konnten uns keine Aufführung ansehen. Sehr schade. Aber das wird nochmal klappen.

Text und Bilder: Annette Prüfer

Multimar Tönning

Freitags besuchte ich auch noch das Multimar Wattforum in Tönning. Es ist als Meeresmuseum rund um das Wattenmeer gedacht und hinterläßt bei mir aber einen zwispältigen Eindruck. Erst mal ist es durchaus schon liebevoll gemacht, es gibt viele, gut aufbereitete Erklärungen, es ist offen und schön gebaut, die Aquarien sehen gut aus. Von daher ist es einen Besuch wert.

Bestimmt ist der Besuch auch in 45 Wochen im Jahr sehr schön. Bei unserem Besuch am Freitag jedoch war es unglaublich voll. Vor allem die vielen wild in der Gegend herumkreischenden Kinder machen dann den Aufenthalt für einen latenten Kinderhasser wie mich zu einer echten Prüfung. Es gab kaum Möglichkeit, sich wirklich etwas in Ruhe anzuschauen. Das fand ich schon sehr schade. Darüber hinaus wurden die Becken teilweise mit Lebewesen jenseits der Nordsee aufgepeppt. So machen sich beispielsweise Seepferdchen für Kinder bestimmt total toll, aber sie kommen nun mal im Wattenmeer nicht vor. Da das Museum aber das Leben im Wattenmeer näherbringen will, sollte man zumindest erwähnen, daß diese Tiere hier eigentlich nicht hingehören.

Was hier wie ein klassisches Gespenst aussieht ist nicht HuiBuh, sondern ein kleiner Rochen von unten. Auch sehr interessant (aber leider schlecht für mich zu photographieren) war ein Pottwal, der vor Jahren gestrandet war und der nun präpariert zu bewundern ist. Gerade dieser Bereich rund um Meeressäuger war wirklich schön gemacht, litt aber eben auch unter den vielen Menschen.

Diese zwei „Herren“ erinnerten mich sehr an Waldorf und Statler. Und bevor ich hier wie diese noch weiter herummäkle empfehle ich einfach, das Multimar entweder außerhalb der Hauptsaison, oder aber an einem sonnigen Tag zu besuchen. Dann macht ein Besuch bestimmt Spaß.

Kultur am Abend

Collage von Mario Wagner

Während Fußball – Deutschland sich schon mal warmtrainierte besuchten wir dann Abends die Vernissage „Nur zu Besuch“ von Mario Wagner im Feinkunst Krüger. Und entkam dann erst Recht nicht dem Fußball, denn die Gallerie ist mitten im Portugiesenviertel. Die Arbeiten von Mario sind bunte Kollagen im Stil der 70er; viele sind auf Buchdeckeln gearbeitet. Dabei kommen eine Menge Zeitungs- und Buchausschnitte, aber auch Acrylfarben zum Einsatz.

Collage von Mario Wagner
Die Bilder gefielen mir eigentlich durchweg ganz gut. Humor ist bei bildenden Künstlern ja nicht immer zu erkennen; hier jedoch pieken Finger durchaus mal in Augen oder liegen wie oben gezeigt Ringer im Scheinwerferlich eines Autos.

Da in der Ausstellung das typische Vernissagenpublikum herumstand, gingen wir später noch schräg gegenüber zu einem Portugiesen etwas essen und erlebten dann recht schnell was es heißt, bei einem Fußballgewinn mitten in Portugal zu sitzen. Wenn diese Straßenparty (die Polizei mußte daß Viertel für Autos sperren) ein Zeichen für die nächsten Wochen ist, dann haben wir ja noch allerhand vor uns. Jedenfalls war das ein fröhliches Ende eines langen Tages.