Heute Abend läuft das große ESC – Finale in Düsseldorf. Mein Lieblingstöchterlein war gestern Abend schon beim Juryfinale, also gewissermaßen bei der öffentlichen Generalprobe, bei der auch schon die Jurys aus den Ländern ihre noch hochgeheimen Punkte abgeben. Ihren Bericht lest Ihr hier:
Während das eigentliche Finale des Grand Prix d’Eurovision de la Chanson Eurovision Song Contests erst heute Abend stattfindet, waren wir gestern Abend bereits dabei, als in der Düsseldorfer Arena das Jury-Finale ausgetragen wurde. Der Ablauf ist hier eins zu eins derselbe wie im richtigen Finale und die jeweils fünfköpfigen Jurys der 43 teilnehmenden Länder verteilen bei dieser Veranstaltung vorab ihre Punkte, die zu 50% in die Endwertung einfließen.
Bereits am letzten Wochenende waren wir an der Arena, um uns alles einmal anzusehen. Als Normalsterbliche blieb uns natürlich nichts Anderes übrig, als im großen Bogen um das Gelände herum zu laufen, ein paar Eindrücke konnten wir dennoch einfangen.
So standen zum Einen auf einem großen Parkplatz die Busse aller Delegationen beisammen, die zu diesem Zeitpunkt gerade in der Arena beschäftigt waren, und zum Anderen ging es uns vor allem darum, einen Blick auf das aufblasbare Ersatzstadion der Fortuna Düsseldorf zu werfen. Da die Fortuna normalerweise in der Arena selbst ihre Spiele austrägt und die Saison erst an diesem Wochenende beendet ist, musste ein Ersatz geschaffen werden, in dem die drei noch ausstehenden Heimspiele (Alles Siege – Juchu!) stattfinden konnten. Also wurde kurzerhand eine Stahlkonstruktion auf der Fläche neben der Arena errichtet, auf der sich normalerweise zwei Fußballplätze für die Spiele der Jugendmannschaften etc. befinden. Rindenmulch drüber, Stahlgerüst mit Platz für 20.000 Zuschauer bauen, Flutlichtstrahler hinstellen, Rasen rein, fertig ist das Stadion. Um den Fußballersatztempel auch noch weiterhin nutzen zu können und das Geld hierfür nicht vollkommen aus dem Fenster zu werfen, erwirbt die Deutsche Fußball Liga das mobile Stadion mit Ablauf der Saison und ist so in der Lage, es auch in anderen Städten einzusetzen, wenn Umbaumaßnahmen oder sonstige Veranstaltungen in den einzelnen Stadien stattfinden.
Aber zurück zum eigentlichen Thema.
Ich war vorher noch nie in der Arena, um die Fortuna anzufeuern, kannte die Abläufe dort also nicht und war begeistert, wie reibungslos alles vonstatten ging. Trotz der großen Menschenmengen keine langen Schlangen, keine Warterei – noch nicht einmal vor der Damentoilette… In der Halle selbst dann natürlich Gigantismus pur. Groß, größer, ESC. Ich habe von solchen Dingen ja, im Gegensatz zu den meisten Lesern dieses Blogs, keine Ahnung von Technik und all‘ dem, was dazu gehört, aber was dort zu sehen war, war schon wirklich „fett“, um es mal ganz platt auszudrücken. Meine Kamera ist leider uralt und taugt ohne Blitz wirklich rein gar nichts, weshalb die Bilder eher mäßig sind, aber das Innere der Arena ist ja auch bereits aus den beiden Halbfinals bekannt.
Ein kleines und überschaubares Mischpult durfte natürlich auch nicht fehlen:
Diese ganzen LED-Anlagen, die plattentellerartige Bühne, die beleuchteten Wege, die zur Bühne selbst führen, die weiße Einfassung der niedlichen 60 x 18 m LED-Wand zusammen mit den beiden Bühnen, die in das Publikum hineinzulaufen scheint, das alles ist schon wirklich beeindruckend. Was im Fernsehen als kleine, unter der Decke hängende Plasmabildschirme herüberkommt, sind riesige Leinwände, auf denen man auch im Oberrang Nahaufnahmen gezeigt bekommt. Noch weiter oben und auf den Fotos nicht sichtbar, befinden sich weitere Bildschirme, auf denen für die Zuschauer das jeweils aktuelle Fernsehbild zu sehen ist. Direkt hinter uns, genau gegenüber der Bühne, wurden eigens für diese Veranstaltung die Kommentatorenkabinen errichtet. Hier wird auch Peter Urban heute Abend seinen Platz einnehmen und mit seiner unverwechselbaren Stimme das Gesehene kommentieren und uns mit zusätzlichen Informationen versorgen.
Insgesamt finde ich die Gestaltung der Halle wirklich gigantisch, ohne sich als Zuschauer darin verloren vorzukommen. Man ist trotzdem Teil des Ganzen und auch hinten auf den „billigen Plätzen“ mittendrin, statt nur dabei.
Vor der Show hampelte Steven Gätjen noch mit einem Kamerateam auf der Bühne herum, von der Show selbst habe ich keine Fotos.
Ich gehöre normalerweise auch zu den Menschen, die ganz gerne den Anfang einer Sendung verpassen und gerade bei Shows mit Vorgeplänkel schalte ich oft bewusst erst später ein. Wer von euch heute Abend den ESC sehen möchte, sollte diesen Fehler allerdings nicht machen, denn der Anfang ist sicherlich das Highlight der gesamten Show und absolut sehenswert. Mehr wird nicht verraten, damit auch noch etwas Neues und Überraschendes bleibt, nachdem die einzelnen Beiträge ja – zumindest für diejenigen, die sich auch die Halbfinals angesehen und fleißig das DUSlog gelesen haben – bereits bekannt sind. Nachdem ich anfangs eher kritisch war, finde ich das Moderatorengespann inzwischen auch wirklich gut und mein Begleiter freute sich sehr darüber, die heißgeliebte Frau Rakers einmal „hautnah“ zu erleben… ;-)
Zu den Beiträgen selbst muss ich sagen, dass in meinen Augen für ESC-Verhältnisse extrem viele gute Lieder im Finale sind. Bei den Halbfinals hatten wir uns jeweils nur zweimal vertippt, wer denn nun weiterkommen wird. Ich hätte Norwegen und Bulgarien gerne noch im Finale gesehen und zum Beispiel auf Slowenien und Rumänien ganz gut verzichten können. Beiträge, die ich selbst gut finde, sind folgende: Irland, Frankreich, Österreich, Schweiz, Island, Moldawien, Bosnien-Herzegowina, Georgien (wobei das Kleid hier wirklich gar nicht geht), Serbien, Finnland und natürlich Deutschland, alleine schon, weil es halt unser eigener Beitrag ist. Spanien und Italien fand ich auch noch ganz in Ordnung. Manche Beiträge decken sich hierbei auch noch mit dem Geschmack der Halle, in einigen Punkten unterschieden sich die Meinungen jedoch auch wirklich deutlich. Während ich den Boygroups aus Russland und England dem Vereinigten Königreich wirklich gar nichts abgewinnen konnte und auch das schwedische Lied ziemlich schrecklich finde, das vom Stil her ebenfalls in diese Musiksparte fällt, tobte hier der ganze Saal und war außer Rand und Band. Ähnliches war bei Estland, Dänemark (das Lied hätte gut werden können, wäre es doppelt so schnell und rockiger geworden), Aserbaidschan und vor allem auch bei Ungarn zu beobachten. Jetzt war am gestrigen Abend zwar vor allem deutsches Publikum vertreten, das natürlich keinen Querschnitt durch den europäischen Geschmack darstellt, es wurde aber deutlich, dass vor allem Beiträge richtig gut ankamen, denen ich jetzt nicht sonderlich viel abgewinnen konnte. Allerdings muss ich zugeben, dass vorort auch manche Lieder ganz passabel klangen, die ich Dienstag und Donnerstag im heimischen Wohnzimmer noch wirklich fürchterlich fand. Solche Beiträge live zu erleben, den Bass zu spüren und das Licht zu sehen, ist halt wirklich einfach was Anderes, als vor der Mattscheibe zu sitzen.
Ich finde es wirklich schwierig, mich auf einen Sieger festzulegen, da ich von meinem Geschmack nicht auf die Masse und schon gar nicht auf „den Europäer“ schließen kann. Allerdings sehe ich Irland und Aserbaidschan ziemlich weit vorne. Ich denke, einer von den Beiden könnte es machen, bin aber dennoch weit davon entfernt, mich wirklich festzulegen. Dafür sind einfach zu viele starke Beiträge dabei. Finnland finde ich persönlich auch gut, seitdem ich in einem Interview mit Stefan Niggemeier (circa ab 07:16) gesehen habe, dass der Sänger sein Lied durchaus ironisch und sarkastisch meint, bin mir aber nicht sicher, ob er sich damit durchsetzen kann. Wenn, dann wäre es quasi „Ein bisschen Frieden“ Teil 2.
Wer auf jeden Fall den ersten Platz verdient hat, ist der Mann/das Team, der/das hinter der LED-Wand steckt. Generell der Bühnenbau und das Licht waren wirklich beeindruckend und toll gemacht. Zum Ton kann ich als Laie nicht so wirklich viel sagen, fand ihn bei ein paar wenigen Liedern aber echt zu laut und unangenehm. Für das geneigte Fachpublikum kann ich auch hier wiederum auf den Beginn der Sendung verweisen. Hier wird in einem 90sekündigen Zeitraffer der Umbau vom Fußballstadion zum Austragungsort des ESCs gezeigt.
Nach den 25 Beiträgen der teilnehmenden Länder und diversen Schnelldurchläufen trat dann wie angekündigt Jan Delay auf, um die Wartezeit gut zu überbücken, wie es in den Halbfinals die Cold Steel Drummers und die Flying Steps taten. Ich war mir vorher nicht sicher, ob Jan so eine gelungene Wahl für ein internationales Publikum ist, da er ja schon eine sehr eigene Stimme hat, aber die Show hat mir wirklich gut gefallen. Etwas schade fand ich es allerdings, dass er kein langes Medley, sondern zwei separate Lieder hintereinander spielt. Ein Lied ohne Unterbrechung hätte ich irgendwie besser gefunden. Aber das ist wirklich Jammern auf hohem Niveau.
Einen weiteren Überraschungseffekt gibt es vor der Punktevergabe durch die einzelnen Länder zu sehen. Es lohnt sich also durchaus, dranzubleiben. Tatsächlich wurde gestern auch die Punktevergabe durch die aus den einzelnen Ländern zugeschalteten Moderatoren durchgezogen – natürlich mit ausgedachter Verteilung der Punkte. Was am Finalabend durchaus spannend sein kann, ist natürlich totlangweilig, wenn es um nichts geht. Trotzdem haben wir tapfer alle 43 Länder durchgehalten. Dem gestrigen Abend nach zu urteilen, wäre das Ergebnis folgendermaßen ausgegangen:
Hierbei handelt es sich natürlich um rein fiktive Zahlen. Ich bin wirklich gespannt, wie es heute Abend dann nun tatsächlich ausgehen wird und freue mich schon darauf, die Show noch einmal zu sehen. Es hat wirklich großen Spaß gemacht und ich bin froh, mir doch noch eine Karte gekauft zu haben. Wenn der ESC schon in der eigenen Stadt ist und man sich weder Gedanken um die Anreise, noch um ein Hotel machen muss, sollte man sich die Chance nicht entgehen lassen.
Mein Fazit: Egal ob Grand Prix-Fan oder nicht, zumindest den Anfang der Show solltet ihr nicht verpassen und auch danach lohnt sich in meinen Augen die Sendung durchaus.