schwere Frage

Bei den Privaten kann man ja jeden Abend ein wenig Geld gewinnen. Als Zuschauer fühle ich mich durch solche Gewinnspiele beleidigt. Wenn das das geistige Niveua sein soll, auf dem RTL seine Zuschauer, also auch mich, sieht, dann braucht irgendwer tatsächlich ein Ersatzteil. Im Hirn. Es ist die Frage, ob Publikum oder Programmstrategen.

ESC

Der Eurovision Song Contest ist wie jedes Jahr eine aktuelle Leistungsshow der Veranstaltungstechnik und was die Kollegen mit dem P da mit über 80 Trailern auf die Beine gestellt haben, ist wirklich beachtlich (allein die Zollformalitäten…). Dabei waren die Anforderungen in Moskau hoch: Vorbild waren die Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympiade in Peking.

Das erste Mal in der Geschichte des ESC wird eine Halle quer bespielt, um mehr Platz für das Bühnenbild zu haben. Das wiederum besteht ausschließlich aus Video; Boden, Seiten und obere Teile sind verfahrbar, Nebel kommt zwischen den Videokacheln aus dem Boden. Alles ist schon richtig, richtig fett.

Ein paar Dinge sind nicht fett: der deutsche Moderator ist 30 Jahre jünger als sein Vorgänger, aber genau so langweilig und konservativ. Das hatte ich mir besser gewünscht und es gibt doch im internationalen Vergleich wirklich spritzige nationale Moderatoren. So etwas muß doch auch in Deutschland möglich sein.

Ansonsten fand ich die Präsentation der einzelnen Songs zu hektisch hintereinander weggespielt; die Jingles zwischendurch waren nichtssagend und die Kameraführung während der Stücke oft einfach unübersichtlich. Letztlich also trotz der gigantischen Technik keine tolle Show, sondern ein Hintereinanderweggespiele. Witzig fand ich auch, daß ein Rhodes die ganze Zeit deutlich sichtbar am Bühnenrand stand, bis es dann für eine Nummer gebraucht wurde. Hatte man es da während der Show einfach vergessen ?

Wirklich richtig gut aber waren Eröffnung und vor allem die Nummer mit den verfahrbaren Wasserbecken in der Abstimmungspause. Das Genehmigungsverfahren in Deutschland hätte ich nicht machen wollen ;-)

Nun kurz meine Meinung zu den einzelnen Songs:

01 Litauen
Nette Nummer, schnell zu vergessen, schön die Flamme in der Hand am Ende.

02 Israel
Langweilig, aber politisch schön. Hilft hier natürlich nicht.

03 Frankreich
Bringt den Abend dahin zurück, wo er herkam: als der Contest noch einen französischen Namen mit Chanson hatte. Keine Show; sie kommt, singt ohne Tänzer und Gedöne und gewinnt Herzen. Ich bin auf die Wertung sehr gespannt. Allein um diese ganzen halbbekleideten Tänzerinnen zu ärgern müßte sie gewinnen.

04 Schweden
Opern – Disko. Und zu langsame Operator an den Kameras, die mit dem Gain nicht mitkommen. Aber singen kann se‘.  Ein Song mit hohem Wiedererkennungswert. Find‘ ich gut, auch wenn ich der tollen Stimme einen weniger diskolastigen Song gewünscht hätte.

05 Kroatien
Hach ist der schön…

06 Portugal
Ein guter Song, um sich mal die Bühne genauer anzuschauen. Fuck, da wurde deutlich geklotzt. Bei Produktionskosten von über 50.000.000,00€ kein Wunder.

07 Island
Schöne Ballade. Mit Windmaschine.

08 Griechenland
Der Sänger sieht ein wenig so aus wie der junge Dieter Bohlen. Und die Musik könnte auch von Bohlen sein. Das ist schon richtig Partymusik.

09 Armenien
Hier kommen sehr unterschiedliche Meinungen auf. Mir gefällt die Nummer nicht, meiner Begleitung zur Rechten gefällt sie. Und es wird wirklich an Nichts gespart: Feuer, Laser, alles da.

10 Rußland
Es dauerte ein wenig, bis ich begriff, daß die Sängerin im Hintergrundvideo während des Songs künstlich alterte. Schön find‘ ich’s nicht.

11 Asserbaijan
Der Song fing eigentlich ganz schön an und endet dann doch beliebig. Nur die Bühne… Ich will auch mal.

12 Bosnien Herzegovina
Hm. Hat schon was von Filmmusik.  Nicht soooooo schlecht.

13 Moldavien
Schmissiger Ethnopop. Insgesamt ist die Veranstaltung doch sehr von östlichen Tönen geprägt. Kein Wunder bei der Teilnehmerliste. Die Nummer gefällt mir richtig gut.

14 Malta
Zum dritten Mal dabei, bitte nicht wieder wählen. Äh… falsche Sendung.

15 Estland
Die Nummer fließt so vor sich hin, aber sagt mir eigentlich nichts.

16 Dänemark
Netter Hausfrauenpop.

17 Deutschland
Die Nummer schwingt ja schon. Aber der Auftritt von Dita war lange nicht so späktakulär, wie vorher gehypt.

18 Türkei
Wieder eine knallige Nummer. Eben Türkpop. Das macht schon gute Laune.

19 Albanien
Spiderman hat für Albanien gestimmt. Wenn Deutschland Dita mitbringen darf, warum dann Albanien nicht diesen Filmhelden. Dem Song fehlt aber die Überzeugung des türkischen Vorgängers.

20 Norwegen
Als Favorit gehandelt, der Refrain ist toll, aber der Rest des Songs geht komplett an mir vorbei.

21 Ukraine
Zu viel !  Weniger wäre hier echt mehr gewesen. Das Ding heißt Song Contest.

22 Rumänien
‚Ne nette Girlbandnummer.

23 England
Die Zeit der Andrew Llody Webber – Musicals ist einfach vorbei.

24 Finland
DJ Bobo alike – Contest.

25 Spanien
Trallalla.

Ich. Verstehe. Es. Nicht !

Norwegen. Hm.

Aber auch das relativ gute Abschneiden von England geht in meinen Kopf nicht rein. Und der estnische Song, oder der Spiderman aus Albanien waren doch bitte um Klassen schlechter als der deutsche Beitrag.

Im nächsten Jahr sollte man übrigens eine Regel einführen, nach der die tolle, gigantische, unglaubliche Show nicht mehr gerühmt werden darf. Das ist bei der Punktevergabe etwas langweilig.

Deutschland ist übrigens einer der Hauptfinanzierer der Veranstaltung.

Tja. Noch mal: ich verstehe die Wertung nicht. Gar nicht. Island: ja. Akzeptiert. Aber sonst…

Wahrscheinlich habe ich einfach keinen Geschmack.

Nachtrag: was bleibt am Tag danach… Immer noch Unverständnis. Klar, der Junge ist süß und fällt gewissermaßen noch unter den Welpenschutz; das mag eine Rolle gespielt haben. Daß er aber so unglaublich eindeutig gewinnt, verstehe ich nicht. Insgesamt eine Veranstaltung ohne einen falschen Ton, das gab es in der Geschichte des ECS selten und spricht ja für die Qualität der auftretenden Sänger. Insgesamt gab es meiner Meinung nach zu wenig wirklich herausragende Stücke; viel, viel Mainstream. Und auch nur so kann ich mir auch den relativen Webber – Erfolg erklären. Nun denn…

Ehrlicherweise bin ich der Meinung, daß insgesamt zu viel Show und zu wenig Song geboten wurde. Vielleicht sollte man wie früher ein Orchester da hinsetzen und alle müssen vorher ihre Noten einreichen. Gigantomanie ist natürlich für einen Techniker wie mich interessant, aber es kommt eher nicht dem Produkt zugute.

Ich bin sehr gespannt, wie die deutschen Medien jetzt wieder den eigenen Beitrag zerfleischen.

Index

Copyright: ZDF

An den letzten zwei Abenden gab es im ZDF einen Bericht über das Index – Archiv des Vatikans. Wolf von Lojewski, den wir als Journalisten aus dem Heute – Journal kennen, berichtete, warum in den vergangenen 400 Jahren Bücher auf der kirchlichen Verbotsliste landeten — und warum manche eben nicht. Im Grunde hätte das eine sehr interessante Sendung werden können, wenn man es sachlich und nicht so fürchterlich reißerisch angegangen wäre. Die Indexarchive sind für Wissenschaftler seit 1998, also seit über 10 Jahren geöffnet. Natürlich war es damals eine Sensation, daß der Vatikan einen solchen Schritt wagt und es ist klar, daß es eine gewisse Zeit dauert, bis Wissenschaftler sich durch diesen ungeheuren Aktenberg arbeiten. In der Sendung wurde es nun so dargestellt, daß von Lojewski nun der erste sei, der der ganzen Sache mal auf den Grund ginge. Das ist natürlich Quatsch. Eine ganze Schar von Wissenschaftlern arbeitet in diesen Archiven und der Journalist kann allenfalls an der Oberfläche kratzen.

Mich hat die Sendung geärgert. Zu viel gespielte Empörung, zu viel Lojewski – Superstar – Gehabe, zu wenig ruhige, sachliche Fakten. Auch der wissenschaftliche Gegenspieler, Hubert Wolf, bot zu viel Ironie, zu viel Lustigseinwollen, um dem Thema gerecht zu werden. Es ist doch klar, daß wir heute in vielen Punkten Entscheidungen und Standpunkte von vor 200, 300, 400 Jahren kaum nachvollziehen können, daß sie uns heute teilweise lächerlich erscheinen. Das ist aber doch nicht nur in der Kirchengeschichte so, sondern zieht sich durch alle Dinge, die mit Weltbildern zu tun haben. Und so wurde um der Sensation, um der Quote Willen die Chance vertan, wirklich in das Thema einzutauchen, was ich sehr schade finde.

Echo

Schaue gerade nebenher die Echoverleihung. Unter anderem, weil der ein oder andere Künstler, dem ich verbunden bin, auch nominiert ist. Dabei gefallen mir die Bühnendesigns teilweise sehr. Gerade das sehr schlichte Design bei den Hosen muß ich mir merken.

Merken… merken ist ein gutes Thema: nicht merken muß man sich die beiden Moderatoren. Die Wochendosis Fremdschämen wird hier gerade verbraten. Warum nimmt man nicht Moderatoren, die sich in der Branche auskennen und Witz haben. Also Witz meine ich. Und die nicht als ihre eigene Karrikatur auftreten. Interessant auch, wie schlecht der Mikrosound gerade bei den männlichen Laudatoren ist. Wurde da immer ein Stück Teppich in die Mikros gebaut ?!?

Und dann ist es so weit: die Spatzen bekommen ihren 12. Echo. Das wird nächste Woche sicher noch eine Feier geben. Glückwunsch schon mal von hier aus. Schade, daß Annett ihren zweiten Echo verpaßte. Ich hätte ihn ihr sehr gegönnt.

Herbert Knebel

Copyright: OlDigitalEye

Vorgestern Abend gab es beim NDR die Herbert Knebel – Nacht und weil es doch etwas spät war, nahm ich große Teile auf, um sie dann heute Abend zu sehen. Und es ist doch immer wieder schön.

Herbert Knebel (Wikipedia) ist die Figur eines ehemaligen Bergarbeiters aus Essen in Frührente, der in bestem Ruhrgebietsdeutsch über Gott und die Welt erzählt. Entweder allein, oder eben mit seinem Affentheater, also mit noch drei Kollegen. Ich sah ihn das erste Mal vor etwa 15 bis 17 Jahren, amüsierte mich damals schon und heute war es fast so etwas wie nach Hause kommen. Hier im Norden ist der Humor ja deutlich anders als im Ruhrgebiet und so passiert es mir häufiger, daß meiner einfach nicht verstanden wird. Bei den Shows merkte ich sehr deutlich: ja, ich bin aus dem Ruhrgebiet und ja, das ist mein Humor.

Natürlich ist Herbert überzogen; ja, so ist selbst in Essen niemand. Und doch erkenne ich sofort Menschen aus dem Ruhrgebiet wieder. Nein, ich nenne jetzt hier keine Namen. Herbert Knebel ist das Kondensat, die Essenz des Ruhrgebietlers: selbstbewußt, mit einer klaren Meinung zu allem — auch wenn man keine Ahnung hat — und eben sympatisch bescheuert.

Leider tourt Herbert nicht hier im Norden, aber wer einmal die Gelegenheit hat, der sollte sich unbedingt einen Abend können.

Tatort

Der Tatort ist immer noch ein echter Sonntags – Klassiker — auch bei jüngeren Menschen und nicht nur bei so alten Säcken wie mich. Nach den Erfolgen der PublicViewings in den Fußballwochen scheinen findige Kneipiers nun auf die Idee gekommen zu sein, auch den sonnabendlichen Krimi gemeinsam schauen zu lassen und dazu Bier & Häppchen zu servieren. Jedenfalls gibt es im Hamburger Haus 73 den Tatort Klub. Schöne Idee. Wenn dann auch noch der Film nicht so fürchterlich künstlich konstruiert wie der heutige ist, wird es bestimmt ein perfekter Abend; aber das kann man ja dem Wirt nicht zum Vorwurf machen.

Glück und Respekt

Schweizer Logo beim ZDF

Mehr Glück als Verstand hatte da die deutsche Mannschaft am heutigen Abend. Wenn wir mal alle ganz ehrlich sind, dann war der Sieg nicht wirklich verdient. Aber wie immer fragt da in wenigen Stunden kein Mensch mehr nach. Interessant ist auch, daß es in Wien wohl eine UEFA – Sendezentrale gibt, die über kein vernünftiges Notstromnetz verfügt. Ich möchte an diesem Abend da kein verantwortlicher technischer Leiter gewesen sein und ich frage mich ernsthaft, wie man bei solch einer Installation fertigbringt, keine funktionierende Redundanz einzuplanen. Cool vom SF und vom ZDF, daß sie vertragswidrig zwischendurch eine Stadiondirektschaltung ermöglichten.

Straßensperrung in Crailsheim

Das Spiel sah ich in Crailsheim, einem Ort mit 32.000 Einwohnern (zum Vergleich: auf dem Hamburger Heiligengeistfeld sahen knapp 1,5 Mal so viele Leute das Spiel auf Großbildleinwand). Dort hatte man die Innenstadt weiträumig abgesperrt und ließ die hupenden Fans in großem Kreis rund um die Stadt fahren. Um eine Lärmbelästigung der rechtschaffenden Bürger zu vermeiden. Was die Fans zum Glück nicht daran hinderte, einfach die verkehrsfreien Kreuzungen zu besetzen und eben mit ihren Stimmen für ausreichend Pegel zu sorgen. Auf einer Kreuzung spielte sehr ausgelassen eine türkische Band, die deutschen Fans tanzten dazu. Auf türkischer Seite war man der Meinung, daß die Deutschen ruhig Europameister werden sollen, man sei halt Meister der Herzen. Eine coole Einstellung. Ich hoffe, daß sich diese Meinung durchsetzt.

Nachtrag 26.06.2008: wenn man mal mit Kollegen vor Ort spricht, dann ist die Blauäugigkeit (oder der Geiz; wer weiß das schon), mit der da die elektrische Installation im internationalen Pressezentrum vorgenommen wurde, schon erschreckend. Da sind „pissige“ Industrieveranstaltungen, die wir so durchführen, redundanter geplant, als der internationale Knoten der Fernsehübertragungen für gut 100 Länder. Da frage ich mich doch, wofür die UEFA allein aus Deutschland 115.000.000,00€ bekam und welcher Sektempfang damit finanziert wurde.

zehn Superstars

Na ja. Fast. Habe heute einen gemütlichen Abend vor’m Fernseher verbracht und mir mal angesehen, wer denn die angeblichen Talente der Saison sind. Hier meine Kommentare:

Fady Maalouf: gute Stimme, absolut kontrolliert, schon für DSDS – Verhältnisse wirklich geil, aber: keine Emotionen, nichts. Echt schade.

Benjamin Herd: guter, quirliger Performer. Der Junge ist erst 16 und wenn er noch ein bißchen Gas gibt, kann aus dem echt noch was werden.

Jermaine Alford: er selbst sagt, sein Auftritt sei „ganz in Ordnung“ gewesen. Nun. Ganz in Ordnung ist aber im Showbiz deutlich nicht gut genug. Der Gesang war echt nicht gut und die Performance eher langweilig. Weg & kein Verlust.

Rania Zeriri: ich glaub‘, sie ist ein ganz witziges Mädel, aber überzeugend fand‘ ich’s nicht. Gesunder Durchschnitt, der irgendwann im Laufe der nächsten Wochen ausscheiden wird.

Linda Teodosiu: die ist erst 16 ? Huch ! Die sieht aus wie 26. Nun. Stimme ist ok, aber ich glaube ihr den Song nicht. Das sieht aus wie geschauspielert und nicht wie gefühlt. Und das ist ja das Kunststück beim Schauspielern, daß man die Schauspielerei nicht sieht. Aber das lernt sie ja vielleicht noch.

Stella Salato: auch wenn Dieter den Gesang hausfrauenmäßig fand, ich fand’s ok. Kein Superstar, aber deutlich besser als vieles, was man in der Vergangenheit sehen mußte. Wird es aber wohl trotzdem nicht bis zur letzten Show schaffen.

Collins Owusu: war doch gut. Da können die Juryleute mäkeln, ich konnte mir ich das gut ansehen.

Sahra Drone: klingt wie Musicaldutzendware finde ich. Nett, aber nach kurzem hat man das schon wieder vergessen. Die Jury sieht das anders. Da spielt dann persönlicher Geschmack eine Rolle.

Thomas Gogoj: der Mann hat Humor genug, um sich selbst auf den Arm zu nehmen bei der Songauswahl. Und außerdem hat er’s echt gut gemacht. Respekt. Mit ein wenig Arbeit kann er’s in meinen Augen bis ins Finale schaffen.

Monika Ivkic: da ist es, was sich in den letzten Serien immer durch die Sendung gezogen hat: Geknödel. In dieser Staffel die einzige, die’s tut; das aber tatsächlich wenigstens tonal korrekt. Da das deutsche Fernsehpublikum sowas mag, hat sie gute Chancen.

Insgesamt fällt mir auf, daß von zehn Kandidaten überhaupt nur einer (?) deutsch ist, was sicher an … wie formuliere ich das jetzt politisch korrekt … dem sozialen Hintergrund der Teilnehmer liegt. Kein Wunder bei den Vertragsbedingungen; jeder der’s sich leisten kann, wird den nicht unterschreiben wollen. Aber: das künstlerische Niveau erscheint mir unter’m Strich höher als in den vergangenen Jahren, auch wenn ich insgesamt zu wenig überzeugende Emotionen sah. Sting sagte vor vielen, vielen Jahren mal: „If you perform popmusic, you have to burn from the first bar.“ Mal abgesehen davon, daß er sich selbst wohl nicht mehr an seine Erkenntnis erinnern kann, hat er einfach recht. Und genau dieses Brennen war vielvielviel zu wenig zu sehen. Fast alles nett angepaßte junge Menschen. Wollen wir die als Superstars ? Ich hoffe nicht.

Überwältigend mal wieder die Bühne. Was RTL da jedes Jahr immer allein an Video reinbauen läßt (dieses Mal sogar der komplette Bühnenboden) ist schon fettfettfett. Auch fett und beachtenswert wieder mal die Arrangements von Lillo Scrimali. Ich find’s toll, daß an einem Samstagabend eine komplette Livesendung bis zum letzten Instrument geboten wird. Das schaffen nicht mal die Öffentlichrechtlichen.

Nachtrag: da hat’s den Richtigen erwischt, finde ich. Nur elendig laaaaaangweilig diese Entscheidungsshow. Was RTL da als spannungssteigernd empfindet, veranlaßt mich eher, auszuschalten.

Supertalente

Vor 20 Jahren lebte ich eine Zeit lang in Köln und da gab’s des Sommers im Tanzbrunnen Udos Talentprobe. Diese Veranstaltung war grandios. An jedem Abend gab es sechs Künstler, die, so weit ich mich erinnern kann, 20 Minuten singen konnten — oder so lange sie es schafften. Und genau das war die Kunst. Waren die Künstler gut, dann wurden sie vom besten Publikum der Welt grandios gefeiert, waren sie schlecht, dann machte das härteste Publikum der Welt ein weiteres Singen faktisch unmöglich. Udo ist seit einigen Jahren tot, aber die Show gibt es als Linus‘ Talentprobe sehr erfolgreich bis heute, wenngleich Tomaten und ähnliche Wurfgeschosse wohl heute nicht mehr erlaubt sind.

Ein ähnliches Konzept kommt nun über die USA und UK bei RTL ins Fernsehen. Mit „Das Supertalent“ dehnt RTL die Superstarsuche nun auch jenseits der jungen Sänger aus. Gerade André Sarrasani, der neben dem unvermeidbaren Dieter Bohlen in der Jury sitzt, zieht aus der Zirkusszene einige wirklich gute Leute an, so daß die Sendung tatsächlich recht unterhaltsam ist. Wobei mir die vielen Kinder teilweise dann doch auf den Geist gehen.

Äußerst witzig: Bohlens Schützling Mark Medlock präsentiert während der Sendung seine neue Single — im Vollplayback (alles andere während der Sendung ist natürlich live) und mit einem stylischen Mikro, das leider falschrum steht. Hihi.

Die Sendung kommt aus dem Berliner Schiller Theater, das ich Euch hier ja schon hier vorstellte. Zwischen dem nackten Theater, das Ihr dort zu sehen bekommt und der Fernsehkulisse gibt es schon einen kleinen Unterschied. Ich wüßte ja sehr gerne, wie das Team mit dem Hausfaktotum Tele zurechtkam……

Eurovision Song Contest

Schade Roger, der 19. Platz ist wohl nicht das, was wir uns alle erhofft hatten. Aber mal ganz ehrlich: wenn 2/3 der Länder aus Osteuropa sind, dann wird sich das Bild des Contest halt verändern und die klassischen Teilnehmerländer werden im unteren Drittel verschwinden. Beachtenswert finde ich, daß bis auf eine Ausnahme (Irland) alle gerade gesungen haben und daß es — meiner Meinung nach mit Ausnahme Englands — keine richtigen Ausfälle gab, dafür aber eine große stilistische Bandbreite. Respekt.

Richtig gut fand ich das Lichtdesign; durch die halbdurchsichtige, zweischichtige Videowand mit dahinterliegenden Scheinwerfern konnte eine tolle Tiefe erzeugt werden. Für „normale“ Produktionen sicher unbezahlbar, aber der Song Contest ist seit einigen Jahren die jährliche State of the Technology – Show der Veranstaltungstechnik und daher bin ich gespannt, wann wir die Idee das nächste Mal sehen werden.

Deutlich nicht mehr State of the Art ist der deutsche Moderator Peter Urban. Die Zeiten, in denen er noch lebt sind eindeutig vorbei. Ich habe nebenher die britische Moderation gehört — was für ein Unterschied ! Lieber NDR, sucht Euch einen frechen, jungen, modernen Moderator.