Wieder im Zug

Unser Zug von Tallin nach Moskau

Das ist der Zug, der uns von Tallinn nach Moskau bringen soll. Und was von außen erst einmal wie ein ganz normaler russischer Zug aussieht, wie wir ihn im Herbst zu Dutzenden bestiegen haben, birgt im Inneren einige Überraschungen. Es ist nämlich kein russischer, sondern ein estnischer Zug. Was den entscheidenden Unterschied ausmacht. Klar, die Aufteilung ist die selbe wie in Rußland und es gibt immer noch den Heißwasserkessel gegenüber der Schaffnerkabine. Aber schon die Schaffnerin ist keine „scary lady“ wie wir sie im Herbst nannten, sondern eine sympathische Estnin.

Das Abteil von Hermann und mir

Die Abteile schon beim ersten Blick deutlich heller und moderner als alles was wir je in Rußland sahen. Es gibt Bordradio und sogar einen Fernseher. Die Sitze und der Boden sehen sauber aus und selbst den Toiletten traut man über den Weg.

Es ist das, wonach es aussieht: Strom und ... INTERNET

Beim Blick unter den Tisch entdeckt man etwas, das man nicht für möglich halten würde: Strom und … ja, genau, es ist Internet. Gibt’s übrigens auch als kostenloses, freies WLAN. Im Zug. Während der Fahrt. Na ja. Jedenfalls in Estland. In Rußland soll es dann nicht mehr funktionieren. Aber das war für uns hier fast ein Kulturschock. Das schafft ja nicht mal die Deutsche Bahn.

Die estnische Landschaft

Die Landschaft ist ehrlicherweise nicht sehr unterschiedlich abwechslungsreich, also so wie in Rußland. Und noch mächtig verschneit. Aber bei so einem Zug kann man das mal locker bis Moskau aushalten. Die Reise fängt also sehr positiv an.

Schreibfehler

Wir Techniker neigen dazu, die Innenseite des Deckels unserer persönlichen Cases hausaltarmäßig zu dekorieren. Diese Deckelinnenseite sagt immer schon ganz schön viel über den jeweiligen Techniker aus. Hier nun der Casedeckels eines meiner Kollegen, der bis zum letzten Tag den Namen unserer Truppe nicht richtig schreiben konnte. Warum nur …… ;-)

Und wenn ich schon mal dabei bin, aus den intimen Details Backstage zu plaudern, dann kann ich ja auch noch dieses Bild hier zeigen. Es ist klar, daß Künstler so eine Show nicht ohne weiteres durchstehen. Darum stand beispielsweise in Wien die Stärkung ganz offen im Garderobengang, so daß ein jeder auf dem Weg zur Bühne noch mal eine Erfrischung nehmen konnte.

Sehr lustig war übrigens die Reaktion des Hauspersonals auf diesen Spiegel. Da glaubten anfänglich doch tatsächlich einige …… Haha !

And’re Länder, and’re Sitten

Im Osten Europas sieht man es mit der Arbeitsicherheit schon deutlich lockerer als bei uns. Vielleicht so, wie es in Deutschland vor etwa 15 Jahren war. Mittlerweile gibt es ja Diskussionen, die ich für praxisfern erachte, aber das ist ein anderes Thema. Im Osten jedenfalls stehen morgens als Helfer Jüngelchen in Slippern im Truck, denen man viel lieber erst mal eine stärkende Suppe einflößen möchte, als sie schwere Kisten aus der dritten Etage hiefen zu lassen. Und die wundern sich dann auch regelmäßig darüber, daß es schon unangenehm weh tut, wenn einem so eine Kiste auf den Fuß fällt.

Auch ein Thema täglicher Diskussion ist das Safen [das Sichern unserer Alu – Konstruktion gegen herabfallen]. Das wird regelmäßig als völlig überflüssiger Luxus erachtet. Ich erkläre dann, daß meine Versicherung bei Materialschäden nur dann zahlt, wenn das Rigg auch gesafed ist und dann wird es in der Regel diskussionslos gemacht. Gestern allerdings entsponn sich der folgende, etwas beängstigende Dialog:

I want this rig to be safed

Why ?

Because my insurance woun’t pay if it’s not safed.

But it’s more work !

Well, you don’t need to safe, if your insurance pays for eight dead singers laying under an unsafed rig.

I don’t have an insurance.

You are a freelance rigger and have no insurance ?!?

No, I’m just the rigger, I don’t need an insurance.

Are you mad ?  Who will pay if you make a mistake ?

You.

Haha ! …… Hey, local promotor, could you please come here ?  We have to discuss an insurance problem. And rigger: you just go and get the rig safed.

Schnee in Tallinn

Wir haben heute auf der Tour den letzten Tag mit voller Produktion, danach geht es mit örtlicher Technik noch mal für zwei Termine weiter nach Rußland. Pünktlich zum Tourabschluß in Tallinn fing es dann noch mal heftig an zu schneien. Ich hatte das Thema Schnee eigentlich für dieses Jahr schon abgehakt. Die Trucker sind froh, daß sie ihre Ketten noch dabei haben. Auf sie wartet ab morgen die lange Rückreise von Estland bis in den Süden Deutschlands.

Letzter Produktionstag heißt immer noch mal viel arbeit, weil alle Kabelbäume wieder auseinandergeschnitten werden müssen, alle Umbauten, die man so während der Tour gemacht hat, wieder auf den Originalzustand gebaut werden müssen. Darum sind solche Tage auch bei den Helfern immer extrem unbeliebt, weil alles besondes lange dauert. Danach haben wir aber erst mal einen Tag frei in Tallinn, bevor es dann … mit dem Nachtzug … nach Moskau geht, wo wir im Kreml spielen werden. Da bin ich mal gespannt.

Werbeerfolg

So bischöfliche Werbung macht schon echt was aus in diesem Land. Es ist nicht nur so, daß wir heute spontan das kroatische Fernsehen hier haben (und morgen dann das serbische), die mal eben die komplette Show mitnehmen, auch sehr deutlich vierstellige Abendkassenzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Die Bude ist gerammelt voll und die Leute sitzen überall — selbst so weit seitlich, wo sie sicher nicht mehr gut sehen und hören werden. Das scheint aber niemandem etwas auszumachen. Die Stimmung ist um-wer-fend.

teuflisch

Seit heute spielen wir Shows in Kroatien. Der kroatische Bischhof ließ es sich nicht nehmen, unsere kleine Tour in seiner Sonntagspredigt zu erwähnen. Die Darbietungen seien satanisch und ein guter Christ möge die Vorstellungen nicht besuchen. Ich frage mich ja, wie ein Bischof auf das schmale Brett kommt, so eine Ansage zu machen. Aber eine bessere PR kann man sich nicht wünschen, die Abendkasse hatte richtig gut zu tun.

Eher unterirdisch ist alles andere hier. Die Vorbereitung und Durchführung sind … speziell, das Catering eine Frechheit. Aufbaubeginn 09:00, erste Getränke ab 11:00, etwas zu essen (Sandwiches) ab 13:15 Uhr, das Abendessen kalt und im Geschmack … interessant. Klare Ankündigung an die örtlichen Partner: wenn es morgen genauso ist, dann fängt die Show an, nachdem wir von einem gemütlichen, viergängigen Abendessen in einem guten Restaurant zurück sind.

Nachtrag um 20:40: immerhin die Stimmung im Publikum ist so euphorisch wie bisher noch nicht auf der Tour. Wenigstens was.

Pommesgabel

Wir haben bei uns ein sehr gemischtes Publikum während der Show. Heute war da jemand, der endlich mal eine angemessene Körperhaltung annahm, als es im Zugabenblock Hell’s Bells gab. Sehr geile Version übrigens, die wir hier präsentieren. Ich habe heute tatsächlich mal ein paar Photos machen können und versuche, sie bald zu bloggen.

Koschterl

Heute sind wir in Wien und es entspann sich folgender Dialog zwischen einem Helfer und mir:

Kannst Du mir bitte mal dieses Case da rüberschieben ?

???

Die schwarz – rote Kiste hätte ich bitte gern.

Ach sag des do gleich, daß Du des Koschterl habn wulst.

Und dann verstand der Helfer nicht, warum ich laut lachen mußte.

Sonntagsdoppelshowgedanken

Heute spielen wir mit unserer Show im Gewandhaus Leipzig und das ist eigentlich schade. Wir sind normalerweise mit einer Dachlast von 5,5 Tonnen unterwegs und ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, daß ich keine Zweitrailershow kenne, die so viel Show bietet: 72 Movingheads, Laser, Pyro, bewegende Traversen, Feuer, Wind, Nebel, Bodennebel, Haze, Kabuki, hydraulische Plattform, acht Flexen, Seifenblasen, fahrende Vorhänge und Gazen, drei Videoprojektionen in gothischer Fensterform, Kulissen, unzählige Requisiten, einen mit Svarovski – Steinen besetzten Hut, richtig geiles Lichtdesign, Feuerspucker …… es gibt kaum etwas, was wir nicht mit dabei haben.

Hier im Gewandhaus dürfen wir wegen der Hallenstatik nur 3 Tonnen hängen und der Unterschied ist sehr deutlich zu sehen.

Obwohl wir alle normalerweise echt viel zu tun und kaum Pausen haben, uns also eigentlich freuen könnten, heute weniger Kram bauen zu müssen, ärgern wir uns doch kolossal; bei allem verdammten Streß sind wir nämlich doch auch ziemlich stolz auf die Show, die wir da jeden Tag unter Schmerzen gebären.