Manchmal sind Entscheidungen der Politik für einen normalen Bürger nicht nachvollziehbar und manchmal erst Recht nicht für Eingeweihte; weil man keine Ahnung hat von Machtspielchen und Visionen, sondern nur vom realen Leben. In diesem Sommer wird der Kulturpalast Dresden geschlossen. Ich war in diesen Tagen wohl zum letzten Male dort. Offiziell soll das Haus ganz grundlegend saniert, umgebaut und dann wiedereröffnet werden. Und weil man eben wiedereröffnen möchte, hat man mal alles Personal entlassen und ist dabei, das komplette Interieur zu verkaufen. Die große Konzertorgel mit einem sechsstelligen Buchwert beispielsweise zu einem vierstelligen Betrag, Konzertflügel dreistellig.
Danach soll das Haus also aufwendig umgebaut werden. Zu einem Konzertsaal für klassische Konzerte mit einer Kapazität, die etwa halb so groß ist, wie die bisherige. Von der benötigten Finanzierung steht zur Zeit um die 15%, der Rest ist unklar. Die Kosten werden sich auch ganz sicher nicht im Laufe der Bauphase erhöhen. Sowas passiert ja nirgends und ganz sicher nicht in Dresden. Aber eben weil die Finanzierung des ganzen Umbaus noch nicht steht, kann man das Haus mit hervorragender Auslastung ja schonmal schließen und Fakten schaffen.
Wer die Umgebung des Kulturpalasts kennt, er steht direkt neben der Frauenkirche und inmitten dem darum geschaffenen Disneyland, der weiß auch, daß den Stadtplanern der sozialistische Bau inmitten des Zuckergusses nicht gefällt. Und es gibt praktischerweise ja durchaus Interessenten für das Grundstück, die dann, passend zur Umgebung, dort lieber etwas anderes errichten würden. Ein Hotel beispielsweise. Das gibt es ja dort noch nicht. Das wiederum hätte auch Vorteile: ohne Konzertsaal bräuchte man auch die Dresdner Philharmoniker nicht mehr, die sowieso jedes Jahr 30 Millionen an Kulturunterstützung Subventionen benötigen.
Ich fand es äußerst interessant, daß ich niemanden traf, der mit einer Wiedereröffnung des Kulturpalasts rechnet. Egal ob Angestellte des Hauses, städtische Beamte oder freie Mitarbeiter: in diesen Tagen nimmt man kopfschüttelnd Abschied.
Ehrlicherweise bin auch ich der Meinung, daß man im Kulturpalast investieren müßte. Der Brandschutz müßte ein wenig modernisiert werden, die Dachkonstruktion und die Hängepunkte darin auf die aktuellen Anforderungen getrimmt. Das würde das Haus noch attraktiver machen, für eine noch bessere Auslastung sorgen und wäre billiger zu haben, als der vorgeblich geplante Generalumbau. Aber die günstige Lösung hätte auch einen Nachteil: man könnte stattdessen kein Hotel bauen.
In diesem Sinne: Adieu Kulturpalast.