Nach Heiligabend im Moor fuhr ich am ersten Feiertag traditionsgemäß nach Duisburg, weil mein „Töchterchen“ da ja Geburtstag hat und man als liebender Vater dann dort ist. Ich habe mit meiner ExFrau und deren Familie an 364 Tagen im Jahr nichts am Hut und dementsprechend wenig hat man sich ehrlicherweise zu sagen. Das wird dann freundlich kaschiert, man unterhält sich über die desolate Lage des HSV (ich interessiere mich nicht für Fußball und wenn überhaupt, dann ist mir Pauli näher) und ähnliche interessante Themen und dann geht das schon. Schließlich bin ich dort, um Carina eine Freude zu bereiten und nicht, weil es mir jetzt riesigen Spaß machen soll. Immerhin war das Essen lecker — was will ich mehr.
Am zweiten Feiertag erst mal die Pflichten eines Sohnes bei den Eltern erfüllt (väterliche Computerfragen beantworten) und dann eine alte Freundin besucht. Wir hatten uns sicher 15 Jahre nicht gesehen und so ist es ganz interessant zu sehen, wie anders das Leben verlaufen ist und wie anders das eigene Leben verlaufen wäre, hätte man ein paar Entscheidungen anders gefällt. Jedenfalls haben wir uns ganz gut unterhalten und es war sehr schön, sie mal wieder zu sehen.

Abends traf ich mich dann noch mit meinem Freund Dirk in der Faktorei, direkt am Innenhafen in Duisburg. Das Restaurant erfüllt nicht ganz die Erwartungen, die man nach dem Eintreten Aufgrund des Interieurs erst mal hat; speziell die uns betreuende Kellnerin könnte vielleicht mal einen kleinen Kurs für dezentes Auftreten machen; das war schon sehr … robust. Trotzdem (oder vielleicht teilweise auch genau deswegen) haben wir uns blendend unterhalten und verließen um 23:30 als letzte Gäste (wir sind halt nicht in Hamburg) das Etabissement.
Es war ja noch früh am Abend und so unternahm ich dann noch eine kleine Rundreise in meine Duisburger Vergangenheit. In der Stadt tut sich schon einiges, wobei ich mich schon frage, ob das alles wirklich intelligent ist, was da so passiert. Karstadt und einige umliegende Häuser mitten in der Stadt wurden abgerissen; dort soll jetzt eine große Einkaufspassage entstehen. Wenn ich mir so den wirtschaftlichen Erfolg der drei bereits bestehenden Passagen ansehe, dann erscheint mir die Überlegung, eine vierte Passage zu bauen (natürlich noch toller, noch moderner, noch schöner als die bestehenden Häuser) nicht ganz nachvollziehbar. Auch das fast fertiggestellte Casino in einer Ruhrgebietsstadt mit so vielen Arbeitslosen, daß es in den Fußgängerzonen nur so von 1€ – Shops wimmelt, scheint mir nicht zu Ende gedacht. Wird das ein Aufbruch in noch mehr Trostlosigkeit ?
Auch in den südlichen Vororten, also dort, wo ich aufwuchs, verändert sich einiges. Hauptstraßen verschwinden ganz, statt dessen entstehen dort Einfamilienhaussiedlungen. Oder werden verkehrsberuhigt (immerhin die B8 nach Düsseldorf) und bekommen schlecht beleuchtete Kreisverkehre, bei denen deutlich sichtbar schon Leute versucht haben, gewohnt geradeaus zu fahren. Ist das Aufgabe, Resignation ? Klar, wenn ich mich an früher erinnere, da waren die Straßen um 14:00 Uhr beim Schichtwechsel bei Mannesmann dicht. Zehntausende strömten nach Hause, wo heute nur noch ein paar Dutzend Menschen arbeiten. Aber ist es das richtige Zeichen, wenn ich alle Industriebrachen begrüne und in Parks für Arbeitslose verwandele, statt mit aller Macht zu versuchen, die entstandenen Flächen mit neuen Unternehmen zu besiedeln ?
Interessant war auch ein kurzer Besuch meiner alten Schule, dem Steinbart Gymnasium. Dort steht mitten auf dem Schulhof zur Zeit ein großer Containerkomplex und nebenan wird gebaut. Auf der Webseite der Schule konnte ich dann gerade lesen, daß das Gebäude tatsächlich erweitert wird. Schon zu meiner Zeit war es teilweise ganz schön eng dort und wurde Unterricht sogar in Kellerräumen gehalten. Schön, daß die Stadt da mittlerweile (na ja, ich bin jetzt auch seit 25 Jahren nicht mehr dort) ein Einsehen hatte.
Mittlerweile, es ist der „dritte Weihnachtstag“, bin ich wieder auf dem Weg nach Hause und der Schaffner begrüßte mich bei der Kontrolle meines Fahrscheins mit den Worten: „Ach nach Hamburg. Was wollen Sie denn da, da regnet es doch gerade.“ Klasse :-)