Es gibt kaum etwas, das ungemütlicher ist als nächtliche Bahnhöfe. Jedenfalls dann, wenn man um 04:15 ankommt und der nächste Zug erst um 07:30 einen in die Heimat schaukeln kann. Beispielsweise in Würzburg, dem Bahnhof, in dem ich gerade sitze, gibt es keine echte, beheizte Wartehalle, nur absichtlich unbequem designte Metallstühle in der großen, zugigen Bahnhofshalle, die zudem häßlich ist wie die — nun, eben wie die Nacht. Dazu kommt äußerst unfreundliches Wachpersonal, welches es gar nicht fassen kann, daß so ein Penner wie ich ein erstklassiges Ticket besitzt, man mich also nicht rausschmeißen kann.
Aber es gibt auch Lichtblicke der Unterhaltung. Beispielsweise ein junges Pärchen, das schräg gegenüber friert. Er hat getrödelt, darum haben sie die letzte Bahn verpaßt und jetzt ist sie sichtbar angepißt, würde sich gerne von ihm wärmen lassen, hat sich aber so in ihre Ablehnung hineingesteigert, daß sie das nicht zulassen kann. Da sitzen sie nun, beide sich mit leichtem Abstand den Rücken zugewandt und frieren vor sich hin. Zwischendurch unternimmt er Annäherungsversuche, die sie immer wieder abschmettert, um es aber dann wenn er es nicht sieht doch wieder zu bedauern. Die ganze Szene ist so grotesk, daß ich eben schon laut lachen mußte.
Blöderweise ist es mir zum Schlafen einfach zu kalt. Zudem, ich erwähnte es schon, sind die Sitzgelegenheiten so gestaltet, daß man garantiert keine schlaffähige Position einnehmen kann. So etwas fällt einem tagsüber nicht auf, aber nachts ist das echt nervig. Außerdem randaliert hier die „ey Alder“ und „Digger“ – Jugend, so daß sowieso nicht an Schlaf zu denken ist. Warum sind die um diese Uhrzeit nicht zuhause ? Es kann einfach nicht cool sein, sich um 05:44 im Würzburger Bahnhof herumzutreiben.
Den Laptop schaltete ich eigentlich nur ein, damit mir das Gebläse ein wenig Wärme schenke. Jetzt aber tut sich im Backshop gegenüber etwas, wohlmöglich öffnen die um 06:00 und ich werde etwas tun, was ich sonst nie mache: einen Kaffee trinken.
Guten Morgen.