Manchmal ist es beruhigend, daß auch andere Berufe ganz ähnliche Probleme haben. Im Bestatterweblog las ich heute, daß die Architekten von Altersheimen auch nicht besser sind, als jene, die Veranstaltungshallen planen. Wenn ich mich allein hier in Hamburg umschaue… da gibt es eine Arena, bei der man leider das ausreichend große Storage vergessen hat und bei großen Produktionen leere Cases wieder in die Trucks müssen; auch das Rigging war dort Anfangs recht ungemütlich. Oder eine gerade im Bau befindliche Klassikhalle, bei der fest davon ausgegangen wird, daß dort mehr oder weniger ausschließlich Konzerte mit klassischer Musik laufen werden und die dementsprechend unflexibel geplant ist.
Daß ähnliche Hallen, ganz extrem an der Achse der Ruhr, heute wegen gekürzter Subventionen auf jeden Cent durch Fremdvermietungen angewiesen sind, hat sich in Hamburg noch nicht herumgeprochen. Und so werden reihenweise Konzertsäle geschaffen, die keine amtlichen Riggingmöglichkeiten haben, deren Ladewege Schmerzen im Hintern bedeuten und in denen Tourcatering nicht möglich sind. In anderen Häusern baut man wunderschöne Zuschauerbereiche, tolle Bühnen und vergißt ausreichend Garderoben (oder Büros, was dazu zwingt, ebenfalls nicht im Übermaß vorhandene Garderoben zu Büros umzufunktionieren, was dann auch auf einen Garderobenmangel hinausläuft).
Interessant ist die beratungsresistente Arroganz, die teilweise in den Planungsbüros herrscht. Auf das Angebot der örtlich etablierten Produktionsleiter beispielsweise, kostenlos beratend beim Bau einer Arena zur Verfügung zu stehen — immerhin müsse man ja später in der Halle arbeiten — kam Wochen später die Antwort, daß das erfahrene Architektenteam auf Beratung nicht angewiesen sei. Die Eröffnungsveranstaltung war dann hinter der Bühne ein Desaster und es durfte in den Folgemonaten fröhlich nachgebessert werden; so weit das dann noch möglich war.
Ich erwarte ja gar nicht, daß Architekten (Künstler) sich mit Detailanforderungen von Veranstaltungshallen auskennen. Die meistens mit eingeschalteten Fachplanungsbüros leisten in vielen Fällen bestimmt auch tolle Arbeit. Aber wenn ich schon Millionenbeträge in die Hand nehme, die die Errichtung eines Saals nun mal kosten, dann kommt es auf die zwei oder drei Praktiker des täglichen Lebens doch auch nicht mehr an, oder ? Letztlich wären sie es, die im Zweifelsfall vor üblen Spätkosten schützen könnten.
Hab‘ „Toms“ Artikel auch gelesen und musste sofort an dich denken… ;-)
wofür praktiker, sowas brauch doch keiner und die theorien ind doch alle so schön
Solche Ausprägungen von Arroganz bei gleichzeitiger Unfähigkeit stellen wohl eine Form von modernen vorsätzlichen Anwendungen von Murphys Gesetz im öffentlichen Raum dar. Die Millionen, die, in Hamburg und anderswo, bei solchen Gelegenheiten gerne gleich im Dutzend praxisfern verblasen werden, sind nach meiner Meinung nur erneute Belege für die universale Gültigkeit dieser Weisheit, und als Belege Rechnungen auf Steuerzahlers Kosten.
Ich beziehe mich dabei auf eine als ursprünglich geltende Form von Murphys Gesetz mit der Aussage, dass, wenn es mehrere Personen gäbe, die eine Aufgabe erledigen könnten, und wenn eine davon besonders unfähig sei, diese Aufgabe zu erledigen, dann auch stets genau diese Person mit der Erledigung der Aufgabe betraut werde. Muss nicht stimmen, tut es aber. Leider. Zu oft.