Bevor es böse Kommentare hagelt und wüste Beschimpfungen — oder gar Beifall: der nachfolgende Artikel ist in Ruhe zu lesen. Er ist in Strecken böse provokant und sarkastisch. Aber auch nachdenklich. Anstoß für den Artikel ist eine erhitzte, über dreistündige Skype – Diskussion, die ich mit einem Menschen führte, den ich sehr schätze. Sollte es in den Kommentaren nicht zivilisiert zugehen, werde ich sie sofort sperren; ich wohne im Einzugsgebiet des Hamburger Landgerichts……
Das Bild aus der Ausstellung mußte ich leider aus urheberrechtlichen Gründen entfernen.
Heute eröffnete in Berlin die deutsche Filiale Madame Tussauds‚. Schon im Vorfeld gab es eine hitzige Diskussion über ein besonderes Exponat: Adolf Hitler. Im Gegensatz zur Londoner Ausstellung, in der er kämpferisch mit erhobener Faust zu sehen ist, wird er in Berlin zusammengesunken in seinen letzten Tagen gezeigt. Viele waren und sind der Meinung, daß man ihn in einer solchen Ausstellung nicht zeigen dürfe. Ich frage mich, warum nicht. Er ist Teil unserer Geschichte. Zugegeben: kein rühmlicher Teil. Aber so, wie er in Berlin gezeigt wurde, finde ich das durchaus gut. Es gibt erklärende Texte, es gibt ein Umfeld, auch mit Widerstandskämpfern. Und im Gegensatz zu den anderen Figuren darf man keine Photos nach dem Motto: „mein Kumpel Adolf“ mit ihm machen.
Die Ausstellung war kaum wenige Minuten alt, da durfte sich ein Deutscher dafür rühmen, das erste geglückte Attentat auf Hitler vollbracht zu haben: er sprang über die Absperrung, überwand zwei Securities und riß dem Wachshitler den Kopf ab. Das ist natürlich erst mal eine schöne Geste. Daß jetzt das Gezeter wieder losgeht, ist aber auch klar: der Hitler muß da aus der Ausstellung verschwinden. Muß er ? Warum ?
In Deutschland hat man es sich nach dem Krieg schön einfach gemacht: Hitler hat das Übel über uns gebracht, er ist an allem Schuld, aber wir, wir waren alles Widerstandskämpfer. Mit diesem Selbstbetrug ist der Ruf nach Entfernung der Wachsfigur aus der Ausstellung gut zu verstehen. Sie erinnert uns an unsere eigene Vergangenheit, an die eigenen Verfehlungen (bzw. die unserer Vorfahren). Und darum muß der da weg.
Hitler war kein Solotäter. Ein Diktator ist nichts ohne Menschen, die ihn auch Diktator sein lassen. Die seine Ideen für so richtig erachten, daß sie ihm folgen. Er hat all seine Phantasien schon Jahre vorher in „Mein Kampf“ aufgeschrieben und er wurde gewählt. Es gab tausende KZ – Arbeiter, tausende SS – Soldaten, tausende SA – Soldaten. Er hat gefragt, ob „wir“ mitmachen und fast alle haben begeistert JA ! geschrieen. Es gab tausende Blockwarte, tausende Denunzianten, tausende freiwillige Soldaten für den Krieg. DAS VOLK war für Hitler, war mit Hitler, war von Hitlers Ideen begeistert.
Hitler war kein Biest, er war ein Kind seiner Zeit und er war die „richtige Idee“ zur „richtigen Zeit“.
Ihn als Solotäter zu sehen ist falsch. Ist gefährlich. Ist zu einfach.
Als bildender Künstler würde ich Hitler als Opferlamm schaffen. Er opfert seinen schlechten Ruf für uns alle. Damit der Rest seiner Generation sich reinwaschen kann in Unschuld.
Wie Jesus.
Hitler, der deutsche Jesus.
Gewissermaßen.
So hätten wir’s gern. Aber an deutschen Händen klebt noch Blut.
Statt abstrakter Mahnmale sollte man Hitlerstatuen in jede Stadt stellen: da steht er. Der Rattenfänger aus Österreich. Wir sind ihm alle nachgelaufen. Nur so konnte alles geschehen.
Ich möchte auf gar keinen Fall den Eindruck entstehen lassen, ich hielte den letzten Reichskanzler im Grunde für einen lieben, netten, mißverstandenen Mann. Ganz sicher nicht. Aber wir müssen uns mit ihm als Teil unser‘ aller Vergangenheit auseinandersetzen. Wenn wir Bilder von ihm verbieten, dann erhöhen wir ihn auf eine Stufe, die er nicht verdient. Die ihm nicht gerecht wird. Der alttestamentarische Gott ist jemand, dessen Namen man nicht aussprechen darf, dessen Bild man sich nicht machen darf. Hitler ist nur ein Mensch. Also darf, muß man den Namen erwähnen und Bilder zeigen. Damit er und das wofür er steht nicht in Vergessenheit gerät. Damit wir den gleichen Fehler nicht erneut begehen. Schauen wir uns nur um in unserem Staat. Es gibt genug Menschen, die Hitlers Wahnsinn heute wieder gar nicht so wahnsinnig finden. Im Osten offener, im Westen verhaltener. Wenn wir die offene Auseinandersetzung unterbinden, wenn wir die Hitlerfigur in einer Ausstellung nicht ertragen, dann breiten wir das Tuch der Verdrängung aus. Das halte ich für falsch.
Darum: die Figur Hitlers muß zurück in die Ausstellung. Und viele, die ungeklärte Haßgefühle gegen ihn hegen, sollten sich mal fragen, ob sie nicht unverarbeitete Geschichten aus ihrer eigenen Familie in sich herumtragen. Daß die Figur für reale Opfer des Nationalsozialismus‘ eine Belastung sein kann, ist verständlich. In der Ausstellung sitzt ein gescheiterter Mann. Zum Glück. Vielleicht neben dem Schmerz über das Erlebte auch eine Möglichkeit für Genugtuung.
wow
Ich bin tief beeindruckt, dass Du Dich traust diese Meinung öffentlich kundzutun. Leider wird fast immer jegliche Auseinandersetzung mit dem Thema unterbunden – ob aus den von Dir genannten Gründen oder anderen sei jetzt mal dahingestellt. Auch mir scheint eine Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit abseits des antrainierten Beissreflexes höchst notwendig: Um klar zumachen, dass und warum ‚alle‘ mitgemacht haben. Und das es aus genau diesem Grund wieder passieren kann. Sicher nicht mit der schon bekannten Ideologie, aber eben mit einer anderen. Weil der Mensch eben ist wie er ist.
Aus meiner Sicht ist nichts hinzuzufügen. Diese Meinung muss man nicht teilen (aber ich tue es, auch wenn einiges davon im ersten Moment ungewohnt klingt), aber man muss sich vor ihrer Aufrichtigkeit und Ehrenhaftigkeit verneigen.
Du hast einfach mal Recht, muss ich ja jetzt mal so sagen (auch wenn ich das mit Jesus jetzt so nicht ausdrücken würde ;-))
Das Problem, vor dem wir hier stehen, ist die Rehistorisierung des Nationalsozialismus. In den 50er-Jahren, als Hitler tot war, und die „Großen“ durch die Prozesse vermeintlich abgeurteilt waren, wollte man einfach nur vergessen. Und man durfte es auch, die Führungselite war weg, Deutschland war also Nazifrei. Erst in den 60ern kamen dann Öffentlichkeit und vor allen Dingen die Wissenschaft auf den Trichter, dass dies auf keinen Fall so war. Und nun drehen wir uns, in der öffentlichen Meinung zumindest, wieder im Kreis. Hitler wird wieder der alleinige Teufel. Die Elterngeneration wird nicht mehr in Frage gestellt. Das Problem ruht auch hierin:
Die letzten Hitler-Zeitzeugen sterben aus, die „Meinungsführer“ der Republik sind nun die, deren erste Erinnerung wahrscheinlich die an Flucht und Vertreibung sind. Es gibt eine Menge Literatur, die inzwischen Holocaust und Vertreibung auf die gleiche Stufe stellen. Klar, dass das eigene Leid dass von anonymen Opfern relativiert, solange bis ein Schuldiger für alles bleibt.
Wir haben ein falsches Bild des NS-Staates. Es war kein oktroyiertes System, dass eine gewaltsame Diktatur über Deutschland brachte. Es war ein gewolltes und getragenes System! Von ganz oben bis ganz unten.
Viele Grüße,
Thomas
In einem Punkt gebe ich Markus absolut Recht: Was ist ein Diktator ohne Anhänger? Ein größenwahnsinniger Schreihals am Straßenrand, sonst nichts. Erst mit Anhängern und Verehrern kann ein Mensch zum Diktator werden, und mit Millionen Anhängern und Verehrern kann ein Mensch zum „Gröfaz“ werden, mit allen widerlichen und widerlichsten Folgen.
Mir wäre lieber (auch hier Zustimmung, auch zu Teds Kommentar), wir würden uns klarer darüber werden, warum wir alle hin und wieder gern auf andere Menschen hinabsehen (das tun wir alle, bin ich sicher), und warum so viele von uns darüber hinaus bereit sind, die Verachtung, die aus solchem Denken wachsen kann, wachsen zu lassen (meist ohne echten Grund), eventuell eine Ideologie daraus zu machen und dann irgendwann auch Taten folgen zu lassen. An diesem Punkt fällt mir das Wort von der „dünnen Tünche der Zivilisation“ ein; die Überwindung uralter Reflexe bedeutet unendliche Arbeit und wird wohl nie beendet sein, sofern sie überhaupt je gelingt.
Das Wort von „Hitler, dem deutschen Jesus“ dreht mir den Magen um (der tiefempfundene „Reflex“, wenn man so will, eines Christen), aber wenn es hilft, die Diskussion auf den Punkt zu bringen, soll Christus entscheiden, ob es ihm gefällt. Seine sogenannten „Stellvertreter auf Erden“ hatten dem Nationalsozialismus nichts oder nur wenig (meistens leere Worte) entgegengesetzt; hier klare Signale zu setzen blieb einigen wenigen (!) Geistlichen der unteren Ränge vorbehalten, und die hatten leider wenig Erfolg, konnten nur wenig Erfolg haben in einer wahnsinnigen Welt.
Die Plastik bei Tussaud ist mir egal, auch die Pose, in der sie steht; die Leute, die daheim Fotos vom „Gröfaz“ hängen haben, brauchen so etwas ohnehin nicht, und die anderen machen sich in der Regel „eh keenen Kopp“.
Natürlich ist Hitler nicht mit dem Wirken, dem Gedanken Jesus‘ zu vergleichen. Aber manchmal drängt sich für mich doch der Vergleich auf, weil beide die Schuld auf ihre Schultern und eben von unseren herunternehmen sollen.
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die jetzt schuldgebeugt durch’s Leben gehen. Ich kann nichts für die Fehler der Generation meiner Großeltern. Aber ich war in arabischen Staaten, in Israel, in England. Und darum weiß ich, daß beim Bild der Deutschen dieser Mann immer noch eine Rolle spielt. Dem muß man sich bewußt sein und dem muß man sich stellen.
uiuiui, das wird noch einige Kommentare hier geben, denke ich…
Ich habe eine ‚ganz einfache Meinung‘ dazu – es war schlimm, damals (habe es nicht erlebt, nicht mal ansatzweise), es darf nicht wieder vorkommen – aber es reicht! Diese ewige „wir-Deutsche-sind-schuld“, dieses x-te Denkmal, diese Unterwuerfigkeit… Mein Gott, wie lange sollen wir noch unter den damaligen Verfehlungen leiden? Ok, es war ein Oesterreicher, aber die Deutschen kuschen immer noch, wenn die Diskussion auf diese Zeit kommt.
Wenn jemand in einem Forum den Begriff ‚Endloesung‘ verwendet, wird er sofort in eine anruechige Ecke gestellt, auch wenn es zB. um eine Matheaufgabe ging, wo man also auch nicht mit Denken um 3 Ecken nicht zwingend auf den Nazionalsozialismus [kein Tippfehler! ;)] kommen muss…
Oder dieses „kein Kennzeichen mit HJ“ oder „SS“ – ach, aber 88 bleibt erlaubt… Warum darf „Schreiner Schulze“ nicht sein Kuerzel am Nummernschild haben, wenn er es will? WC geht doch auch, das nehmen sogar GaWaSch-Firmen als kleinen Gag ;) – und wer kein C-DU haben will, kann es ja tauschen lassen – warum wird das nicht genauso mit HJ und so gehandelt? Ich wuerde es zwar nicht haben wollen, aber wer es denn zengend haben will – so what? Es soll ja auch Leute geben, die sich „Phantasialand“-Aufkleber auf’s Auto kleben – jedes Mal einen neuen… Meinetwegen, wer’s will…
Diese ewige ‚Schuldigkeit‘ kotzt mich an, muss nach ueber 50 Jahren das ganze immer wieder aufgekocht werden? Koennte es nicht sogar so sein, dass ohne diese dauernde Medienpraesenz irgendwann mal ein Rechter auf sein „damals bei Adolf waere das nicht passiert“ ein „wtf war Adolf?“ als Antwort bekommt? Waere mir sympatischer, als dieses ewige „wir schlimmen Deutschen“…….
c-v
Ich denke c-v’s Sicht der Dinge zeigt ein Problem bei der ganzen Sache. Sicher, diese ganze Wiederholung dieses Geschichtsabschnittes und das Aufbauschen der Medien tragen zu dieser Meinung bei. Man fühlt sich in gewisser Weise schuldig, auch wenn man nichts getan hat.
Ich denke da, als Abiturient, auch an die Schule. In Geschichte und Deutsch wird das Thema Hitler und NS – Zeit, ab der 9. Klasse ganz extrem, immer wieder „durchgekaut“.
Wir waren, nachdem wir diese Zeit in Geschichte besprochen hatten und in Deutsch „Der Vorleser“ gelesen haben, ins KZ nach Dachau gefahren. Alle beschlich an diesem Ort ein mulmiges Gefühl. Was damals dort geschehen war wo wir jetzt standen war grausam. Aber ehrlicher Weise muss ich mir auch eingestehen, dass ich, und so ging es auch vielen anderen, nicht geschockt genug war. Diese ganzen Bilder der Leichenberge, diese Lebensumstände der Inhaftierten …, die gezeigt wurden waren uns schon bekannt. Man hatte sie schon öfters gesehen. Ich will nicht sagen, dass uns das gleichgültig war aber ich denke hieran sieht man auch die Gefahr, die von dieser „extremen“ Auseinandersetzung mit Hitler ausgeht. Irgendwann stumpft es ab, irgendwann „nervt“ es.
Vor allem ärgert einen dieses Schuldigmachen.
Hitler vergessen dieses ganze Thema unter den Teppich kehren, dass ist die falsche Methode. Ich denke auch das jedes Kind Hitler als Symbol für diese schreckliche Zeit sehen muss genau wie man Berlin mit „unsere Hauptstadt“ verbinden sollte.
Man sollte der Person Hitler, wie Markus schon sagte, aber diese Mystik nehmen. Er war ein ganz normaler Mensch. Ein grausamer Mensch. Und wir Deutschen, unsere Nation, ist ihm hinterhergelaufen.
Wir, die nach 1945 geboren sind, sind daran nicht schuldig. Wir haben aber die Schuld diese Taten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen damit so was nie mehr passieren kann. Und wir haben die Schuld mit diesem Wissen im Hinterkopf, das Image Deutschlands im Ausland zu vergessen. Nicht damit wir irgendwann nicht mehr an Hitler denken müssen sondern damit die anderen vielleicht irgendwann mal Deutschland nicht mehr mit Hitler verbinden.
Unsere Generation trifft sicher keine Schuld an dem, was vor 70 Jahren geschah. Wer aber mal im Ausland war weiß, daß wir noch immer daran gemessen werden. Im arabischen Raum kommt Begeisterung auf, wenn man erzählt, daß man Deutscher ist. Hitler sei ein guter Mann gewesen, er hätte die Juden ermordet durfte ich mir da schon öfter anhören. In Israel, Holland und England herrscht da eher gewisse Skepsis.
Es geht mir auch nicht darum, und jetzt alle zu Schuldigen abzustempeln. Es geht mir darum, dieses Thema selbstverständlich zu machen. Es nicht wegzudrängen. Sondern es als Teil unsere Geschichte anzunehmen.
Es geht hier nicht darum, einer aktuellen Generation ein Schuldgefühl einzuhämmern.
Schuld sollte nicht vererbbar sein, Verantwortung und eine gewisse Demut schon. Es geht hier eben nicht um irgendeinen Massenmord, der von regulären oder irregulären militärischen Einheiten durchgeführt wurde, sondern um die geordnete Aufspaltung einer Gesellschaft in erhaltenswertes und ausbeutbares/unwertes Leben. Und das so etwas NIE wieder passieren darf, ist die Verantwortung von uns allen. Denn wir haben die Möglichkeit wesentlich besser darüber Bescheid zu wissen, als der Rest der Welt.
Die Diskussion um Hitler ist eine Repersonifikation von etwas, dass eben nicht er als alleinherrschendes Monster verursacht, sondern dass eine gesamte Gesellschaft getragen hat.
Vielleicht sollte in den Schulen weniger über die Leichenberge gesprochen werden, ich glaube, es hilft nicht unbedingt, nur mit Grauen bombardiert zu werden. Ich glaube aber, dass es hilft, aufzuzeigen, wie sehr das System der Konzentrationslager beispielsweise in die Gesellschaftsmitte vorgedrungen war. Über 1000 Konzentrationslager gab es im deutschen Reich…und Nein, damit sind nicht die Arbeits- oder Kriegsgefangenenlager gemeint. Ich glaube man versteht ein solches System eher, wenn man weiss, wie nah es einem damals eigentlich wirklich war.
Viele Grüße,
Thomas
Ganz genau, denn so etwas kann immer und überall passieren und es passiert immer noch auf der Welt. Belgisch-Kongo, Jugoslawien, Ruanda.
Zu dem Satz von Markus: „Wir sind ihm alle nachgelaufen.“:
Den Schuh ziehe ich mir nicht an. Ich sehe mich zwar in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Extremisten in Deutschland keine Chance mehr bekommen. Wenn das nochmal passiert, kann man mir das vorwerfen, aber:
Ein historische Schuld für die Greuel Nazideutschlands trifft mich nicht. Auch dann nicht wenn, wie Du ganz richtig anmerkst, es für immer ein Teil der Geschichte meiner Heimat sein wird, den ich ganz selbstverständlich zu akzeptieren habe.
Die Formulierung „Wir sind ihm alle nachgelaufen“ habe ich sehr bewußt gewählt. Wenn die deutsche Fußballnationalmannschaft gewinnt, dann reden immer alle davon, daß „wir“ gewonnen haben, obwohl natürlich kaum einer der Fans den Ball tatsächlich getreten hat. Interessanterweise haben dann „die Deutschen“ verloren (und nicht „wir“). In diesem Kontext habe ich diesen Satz benutzt.
@ Jan
Es ist eben nicht das gleiche wie in Belgisch-Kongo, in Jugoslawien, Ruanda etc. Es geht hier um einen industriellen Selbstmord, für den Todesfabriken gebaut wurden. Das hat nichts mit Massakern während eines Bürgerkrieges zu tun. Würde man nur die Morde der Einsatzgruppen im Osten nehmen, könnte man es vielleicht theoretisch übereinander bekommen (obwohl das schon weit hergeholt ist…), ein System aus Vernichtung durch Arbeit und Todesfabriken ist qualitativ etwas vollkommen anderes.
Ich behaupte nicht, dass Du Schuld bist, ich denke aber immer noch, dass wir alle in diesem Land eine Verantwortung haben. Und das würd ich durchaus auch als Chance begreifen.
Viele Grüße,
Thomas
Oha, grober Lapsus meinerseits, in Zeile 3 meines letzten Statements muss es natürlich Massenmord, nicht Selbstmord heissen…
Viele Grüße,
Thomas
„Es geht mir auch nicht darum, und jetzt alle zu Schuldigen abzustempeln. Es geht mir darum, dieses Thema selbstverständlich zu machen. Es nicht wegzudrängen. Sondern es als Teil unsere Geschichte anzunehmen.“ (Markus Sorger)
Genau das meinte ich, auch wenns vllt. beim zweiten Lesen etwas unklar ist. Es besteht heute aber einfach die Gefahr durch diese „ewige Panikmache“ (ich drück das mal etwa sakastisch aus) durch Medien, Schule,… eine Abstumpfung der Geselltschaft zu erziehlen. Wodurch Stimmen wie die von C V immer lauter werden.
„Wir haben damit Nichts zu tun! Vergessen wirs doch einfach!“
NEIN sich den Schuh der Schuld nicht an zu ziehen heißt nicht Vergessen. Andersrum heißt „nicht vergessen“ aber auch nicht die Schuld auf sich nehmen.
Wir Deutsche sind die Weltmeister der Herzen, wir sind Handballweltmeister und Fußballvizeeuropameister und wir müssen nunmal auch diesen Abschnitt unserer Geschichte nicht verdrängen.
Weil, und darin sind wir uns doch alle einig, darf NIE mehr passieren