Jeder der mich kennt weiß, daß ich sehr charmant, aber auch richtig unangenehm sein kann. Gestern war ich so unangenehm wie schon sehr, sehr lange nicht mehr. Das lag nicht an der wirklich schönen Lokation, dem E-Werk in Saarbrücken, einem alten Backstein – Industriebau, der geschmackvoll zu einer Veranstaltungsstätte umgebaut wurde. Es lag …. nun ja …. am nicht ganz professionellen Umfeld. Um es mal vorsichtig auszudrücken.
Wie Ihr seht, sieht das alles erst mal klasse aus. Der Ladeweg ist etwas lang, weil man alles einmal quer durch die Halle schieben muß. Aber dafür ist genug Platz und man muß nicht immer alles hin und her schieben. Wir haben ein komplettes Rigg aus Trussbox und Fronttruss an eigene Motoren in die Dachträger gehängt. Beziehungsweise vom örtlichen Rigger ins Dach hängen lassen. Die Bühne war eine genau passende Bütec – Bühne (also aus Bühnenelementen, die extra für das Konzert so gebaut wurde). So weit, so gut.
Wenn Ihr Euch den Plan anseht, dann fällt Euch sicher auf, daß es ungewöhnlich ist, wenn die Gastro hinter der Bühne liegt. Noch ungewöhnlicher ist es, wenn die Bühne gewissermaßen eine Insel in öffentlich zugänglichem Gebiet ist und die Künstler durch’s Publikum laufen müssen, um zur Bühne zu kommen. Ich wollte den Bereich zwischen Backstage und Bühne für’s Publikum sperren lassen, so daß man dann nur auf einer Seite zum Gastrobereich hätte gelangen können. Das lehnte der örtliche Veranstalter ab, weil es gastronomielogistisch nicht gut sei. Auch die Erklärung, daß es sich in erster Linie nicht um ein gastronomisches Event, sondern ein Konzert handele, imponierte ihm erst mal nicht. Ja, hier wurde es das erste Mal hitzig. Es gibt eine saubere Lösung und die wird nicht akzeptiert. Unschön. Später, das Tourmanagement war zwischenzeitlich von mir alarmiert auch frühzeitig eingetroffen, haben wir das natürlich so gebaut.
Oben habe ich geschrieben, daß ein örtlicher Rigger unsere Trussen aufgehängt hat. Das hatte ich bisher nie erwähnt, aber wir haben örtlich nicht nur unsere Hands, sondern immer auch einen Rigger, einen Mann, der sich im Haus auskennt und weiß, welche Lasten man wo wie aufhängen darf. Immerhin reden wir hier von mehreren Tonnen, die unser Rigg wiegt. So ein Rigger hat eine verantwortungsvolle Tätigkeit und sollte, wenn man ihn dann ohne weitere Aufsicht losschickt, über fundierte Erfahrung verfügen, damit alles sicher über den Köpfen von Künstlern und Publikum hängt und nichts runterkommt.
Erste kurze Zweifel an der Erfahrung des Riggers kamen auf, als man ihm erklären mußte, was ein Basket (eine bestimmte Art, etwas aufzuhängen) ist. Aber da er ganz toll erzählte, was für Jobs er schon gemacht habe, haben wir das irgendwie verdrängt; wer weiß, wie man das an der französischen Grenze benennt. Dann lief ja auch erst mal alles ganz gut. Bis zu dem Zeitpunkt, als Micha beim Einleuchten die sehr merkwürdige Art der Safeties (Sicherheitsstahlseile) auffiel. Da wanderte sein Blick auch mal nach oben und was er da sah war nicht schön: alle Schäkel waren unter Querlast montiert. Was heißt, daß so ein Schäkel nur noch 1/4 seinen Nominallast trägt. Die Konsequenz: alle sechs Punkte mußten neu gesetzt werden, damit das Konzert stattfinden konnte. Den ersten Punkt haben wir den Rigger noch machen lassen; dabei ist dann noch ’ne Lampe zu Bruch gegangen. Das war dann der Punkt, an dem ich dem Kollegen verboten habe, unser Zeug anzufassen und Micha bat, doch bitte die anderen fünf Punkte zu ändern. Das Rigg war erst um 18:55 sicher, da war noch kein Soundcheck gemacht. Einlaß hätte eigentlich um 19:00 sein sollen, da es kein Foyer gibt. Leider mußten die Leute bis 19:30 draußen warten.
Während des Tages haben wir auch die Produktion so weit es schon ging aufgelöst, weil heute ja der letzte reguläre Termin war, der Rest wurde dann während des Abbaus in den Originalzustand gebracht. Die Backline geht mit zu Guido ins Lager, da holen wir sie dann für den Auftritt bei Stefan Raab und die Österreich/Schweiz – Termine wieder raus.
Uli hatte ja gestern schon ziemliche Zahnschmerzen, heute waren sie dann so schlimm, daß wir ihn einfach nach Hause geschickt haben. Dennis & Micha mußten dann (neben den Riggingverwirrungen) eben besonders reinhauen.
Die Show dann ganz ok. und ohne besondere Vorfälle. Nach der Show hat die Band noch sehr lange hier gesessen und wir haben noch ein wenig geklönt.
Der Abbau ging eigentlich auch recht fix, nur auf den Rigger mußten wir etwas warten; der brauchte seine Zeit, um die Punkte wieder runterzuholen. Und dann hieß es abschiednehmen. Ich fand, wir waren ein tolles Team und das möchte ich allen Beteiligten auch noch mal sagen. Es hat Spaß mit Euch gemacht und ich freue mich schon auf weitere gemeinsame Schandtaten !
Die Hamburger Fraktion, Sascha und Guido sind dann mit dem Nightliner in Richtung Norden….. Bis bald, Kollegen.
Schön, dass doch (fast) alle gesund sind. (Schönen Gruss an Uli – Zahnschmerzen können einen wirklich aus der Bahn werfen)
Nach diesem Tag ist es aber nachzuvollziehen, dass h i e r nichts zu lesen war.
Interessanter Beitrag. Ist ja ein gutes Gefühl, wenn die Sicherheit so ernst genommen wird. Im Zusammenhang mit dem Riggen ist mir dass schon aufgefallen. Man stößt ja sofort auf Warnmeldungen und Sicherheitseinrichtungen, – seile, -splinte … . Etwas übertrieben oder witzig fand ich das mal in einer Bedienungsanleitung für einen PAR16 (also spielzeug), in der genau die Sicherheitsvorkehrungen mit Sicherheitsseil und Vorgehensweise bei Überkopfmontage wie für die großen beschriebn wurde.
Witzig ist das ganze aber nicht, wenn man solche Bilder (Atlanta City) sieht oder ein paar Unfallberichte. Also macht immer alles ordentlich, auch wenn die andern maulen.