Heute waren wir mal wieder in den Deichtorhallen; Anlaß war die Ausstellung „Gute Aussichten“, die besten neun Photographen des gleichnamigen Nachwuchswettbewerbs für Photographen. Ehrlicherweise, um meinen Eindruck vorwegzunehmen, fand ich die Aussichten für moderne Photographie am Ende der Ausstellung nicht ganz so gut, wie der Titel versprach. Zu wenig, das nicht nur formal und technisch gut war, sondern mich auch berührte. Letzteres finde ich einen ganz wichtigen Faktor. Und auch wenn ich hier jetzt nicht Beispiele zeigen kann, weil ich natürlich nicht gegen die Urheberrechte verstoßen möchte, so will ich die Eindrücke zu den einzelnen Künstlern doch kurz beschreiben.
Laura Bielau lichtete im Wesentlichen innerhalb eines Photolabors ab. Und ausgerechnet das einzige Bild, daß im Freien aufgenommen wurde — eine Landschaftsphotographin bei ihrer Arbeit — hat für mich den meisten Witz. Zwar steht im Katalog, daß ihre Arbeiten vergangene Größen der Photographie zitieren, aber das muß mich als bekennende Banause ja nicht unbedingt beeindrucken. Dabei hat die Idee, Stripperinnen im Rotlicht eines Schwarzweißlabors zu photographieren, durchaus war. Letztlich fand ich die Arbeiten aber alle … nichtssagend. Sorry.
Jürgen Staacks zeigte keine eigenen Bilder, obwohl er ausgebildeter Photograph ist. Seine gezeigten Arbeiten bestehen darin, Menschen Bilder beschreiben zu lassen, diese Beschreibung wiederzugeben und eine mit Edding unkenntlich gemachte Kopie des Bildes zu der Beschreibung zu hängen. Das mag Kunst sein, ich find’s aber absolut überflüssig.
Reza Nadjis und Maziar Moradi zeigen beide völlig unabhängig voneinander Bilder aus dem Iran und Tehran. Da mag das Thema natürlich interessant und exotisch sein, die Bilder sind es für mich nicht wirklich. Sie geben einen Einblick in eine fremde Stadt, in eine fremde Kultur, sind photographisch aber eher langweilig. Dabei bin ich mir sicher, daß es hier packende Perspektiven gegeben hätte. Schade.
Sarah Strassmann hat dann die ersten Bilder, die mich berühren. Ganz klare Photos, ein Großteil kolossal unterbelichtet, aber gerade dadurch von einer unglaublichen Mystik, die mich einfängt und zum Träumen animiert. Dazu kommen perfekte Vergrößerungen, die in ihrer Ausführung den Inhalt der Bilder noch mal unterstützen. Das ist keine Kunst um der Kunst willen, sondern gutes Handwerk mit einer hintersinnigen Botschaft, die einen erst langsam erreicht. Das finde ich richtig gut, mehr noch: es sind für mich die besten Bilder der Ausstellung.
Katrin Trautner präsentiert eine Bilderserie über Liebe im Alter. Bei diesen Photos bin ich zwiegespalten: erst mal ist es in unserer Gesellschaft natürlich schon ein Tabubruch, körperliche Liebe von alten Menschen zu zeigen und es macht mir natürlich auch ein wenig Mut — so jund bin ich nun auch nicht mehr. Dann aber finde ich die Bilder zwar von der Botschaft her gut, sie sprechen mich aber nicht an, mir fehlt der Funken.
Markus Georg hat gar keine „richtigen“ Bilder an der Wand hängen, sondern zeigt seine Arbeiten in einem Postkartenständer eben als Postkarten. Das ist erst einmal rafiniert, bietet er doch so als Einziger der Künstler die Möglichkeit, das Lieblingsbild zu einem günstigen Preis mit nach Hause zu nehmen. Seine Photos wirken gerade in dem kleinen Format der Postkarte, weil sie auf den ersten Blick bekannte Motive darstellen, auf den zweiten Blick aber genau das nicht sind, was man erst meint. Eine gute Idee.
Heiko Schäfer hängt ebenfalls keine Bilder, sondern zeigt sie auf einer Art niedrigen Tischchen. Alte, geschundene Holzboote von oben. Wenn man dann den Begleittext zu den Bildern liest registriert man plötzlich, daß es Boote von Boatpeople sind. Boote, mit denen Menschen versuchten, von Afrika nach Italien zu kommen. Zu jedem Photo gibt es eine kurze Geschichte. Auch dieses Konzept finde ich ganz gut.
Florian Rexroth beweist, daß man das Freistellen von Bildern auch ganz anders angehen kann, als im Photoshop: man macht es „einfach“ vor Ort mit gigantischen weißen Tüchern. Florian hebt so Stadtbäume aus ihrer Umgebung hervor, in der sie sonst optisch untergehen würden und zeigt, daß auch die Natur in der Stadt sehr schön sein kann, wenn man ihr nur einen Blick würdigt. Ebenfalls eine gute Idee.
Alle Teilnehmer sind Studenten (oder gerade nicht mehr, waren es aber noch zur Einreichung der Bilder), alle sind unter 30. Sooooooooo innovativ waren die Arbeiten jetzt nicht. Vielleicht findet ja der ein oder die andere noch seinen Weg.
Die Ausstellung ist in den Deichtorhallen noch bis 01.03. zu sehen und geht dann auf Tour.
Parallel dazu läuft die Ausstellung „New Color Photography“, die wir uns natürlich auch noch ansahen. In den 70ern gab es die ersten Künstler, die Farbphotos als Kunststil einsetzten. Bis dahin war der Kunst eher das Schwarzweißbild vorbehalten und Farbbilder waren eher Alltagsphotographie. Was damals fast als künstlerische Revolution galt, wirkt heute fast ein wenig altbacken. Für mich haben monochrome Bilder aus der Zeit tatsächlich oft mehr Ausdruck, als die Farbbilder. Trotzdem interessant zu sehen, wie sich Photographie in den letzten 30 Jahren entwickelt hat; gerade auch im Vergleich zu den jungen Künstlern im Nebenraum.
Das ist der Vorteil am „Banausen“-Status: Man darf schön finden, was einem wirklich gefällt! ;-)