Alice im Flatrateland

So eine Flatrate ist ja praktisch. Die meisten Internetnutzer haben sie sowieso, aber es gibt sie natürlich auch als Mitgliedsbeitrag im Fitnessclub, als Monatskarte der öffentlichen Verkehrsmittel, zur Unterstützung des Absturzes in der Kneipe und zuletzt sogar konnte man im Puff zum Pauschalpreis bis zur Besinnungslosigkeit ficken. Man weiß vorher, was da finanziell auf einen zukommt und kann dann hemmungslos loslegen, ohne sich weitere Gedanken machen zu müssen. Letztlich haben alle Beteiligte etwas davon: ich als Nutzer, weil die finanzielle Seite überschaubar ist und auch der Anbieter, weil er sich natürlich vorher ausgerechnet hat, daß er im Durchschnitt sicher auf seine Kosten kommt. Denn tatsächlich nutzen dann viele die einmal abgeschlossene Flatrate gar nicht so exessiv. Was liegt also näher, auch für die Nutzung kultureller Inhalte eine solche Flatrate einzuführen; die sogenannte Kulturflatrate ?  Jeder zahlt einen monatlichen Betrag und damit kann man hemmungslos alles nutzen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, daß da plötzlich der Staatsanwalt beispielsweise wegen Raubkopiererei vor der Türe steht. Auf den ersten Blick ein schlüssiger Gedanke.

Leider nur auf den ersten Blick.

In der Praxis kann das leider so einfach gar nicht funktionieren.

Während es nämlich bei allen oben genannten Beispielen jeweils einen Anbieter und (hoffentlich) viele Kunden gibt, gäbe es bei der Kulturflatrate zehntausende Anbieter; Komponisten, Autoren, Journalisten, Künstler. Nach welchem Schlüssel soll das Geld verteilt werden ?  Es wäre also eine irre Verwaltung notwendig, die erhebliche Teile des eingenommenen Geldes für sich verbraten würde. Zumal die dann irgendwie getroffene Regelung ständig umstritten wäre, weil so ein Schlüssel einfach nicht gerecht sein kann. Hinzu kommt, daß ein Autor bislang bestimmen kann, wer seine Werke wie nutzt. Er kann auch bestimmte Verwendungen ausschließen. Wie soll das gehen, wenn plötzlich alles „flat“ ist ?  Wie komplex das Thema ist und wie wenig gerecht umsetzbar, zeigt unter anderem eine Übersicht, die die deutschen Buchautoren zusammengestellt haben.

Die Problemlösung kann meiner Meinung nach nicht in einer Flatrate liegen, sondern in einem Umdenken. Wenn jemand zum Bäcker geht und Brötchen will, dann wird er selbstverständlich dafür bezahlen. Der Bäcker hat sich mitten in der Nacht hingestellt, die Brötchen gebacken, vorher die Zutaten und Maschinen gekauft und muß Miete für seinen Laden zahlen. Dafür braucht er Geld und niemand wird das anzweifeln. Wenn jemand zu einem Autohändler geht und einen Wagen will, dann wird er selbstverständlich dafür bezahlen. Das Fahrzeug wurde aufwendig entwickelt und gebaut, viele Menschen waren daran beteiligt, die müssen alle leben, die Fabriken müssen finanziert werden. Dafür braucht die Firma Geld und niemand wird das anzweifeln. Warum sollen also Kulturschaffende, sollen Buchautoren, Filmemacher, Journalisten, Photographen, Musikkomponisten nicht fair dafür bezahlt werden, daß sie sich hinsetzen und diese kulturellen Güter schaffen ?  So ein System haben wir im Grunde. Oder hätten, wenn wir nicht täglich versuchten, es auszuhebeln, indem wir diese Werke einfach kopieren.

Die Lösung kann meiner Meinung nach nicht sein, daß man ganze Kunstzweige amateurisiert, daß die Künstler also sich einen „richtigen“ Beruf suchen und nur noch nebenher ihrer Kunst nachgehen. Das wäre eine Bankrotterklärung. Und die Lösung einer Kulturflatrate ist keine, schafft sie nämlich mehr Probleme, als sie löst.

Nachtrag 10.08.2009: weil das in der Diskussion in den Kommentaren untergeht hier noch mal zwei Punkte, die man bei der Kulturflatrate und dem Urheberrecht gern vergißt: Es geht in der Musik beim Urheberrecht nicht um die aufführenden Musiker, sondern um die Menschen, die die Musik geschrieben haben. Das sind oft nicht die selben. Die Autoren eines Stückes können durch Konzerte, Merchandising, oder ähnlichem kein Geld verdienen, da man sie im Zweifelsfall öffentlich gar nicht kennt. Nur mal ein Beispiel: Joe Cocker, den meisten von uns als erfolgreicher Sänger bekannt, hat nicht ein Stück selbst geschrieben. Er hat Autoren. Und die werden über das Urheberrecht bezahlt.

Zum anderen: es geht bei der Kulturflatrate nicht nur um Musik. Es geht um viel mehr: es geht um Photographen, um Buchautoren, um Journalisten, um Filmemacher und deren Arbeit. Ja, es geht dann auch um Musikkomponisten …… aber eben „auch“. Wie soll ein Photograoph überleben, wenn das Urheberrecht untergraben wird ?

Und weil so gerne über die „Rechteindustrie“ gehetzt wird: warum nur begeben sich ein Großteil der Künstler bis heute freiwillig in die „Fänge“ ebendieser ?  Weil es für die meisten der beste Weg ist, finanziell zu überleben. Natürlich gibt es Ausnahmen, die gibt es ja immer. Aber in fast allen künstlerischen Branchen gibt es Verlage und Verwertungsgesellschaften, die bis heute ihre Berechtigung haben.

14 Gedanken zu „Alice im Flatrateland“

  1. Die Gegenperspektive ist, dass die Digitalisierung und Virtualisierung von Werken die Geschäftsgrundlage des Urheberrechts radikal geändert hat.

    Digitalisierung setzt überall und immer auf Kopien. Das bedeutet, dass es das Werk als Original nicht mehr gibt und beim Kopieren wird niemandem etwas weggenommen. Der Bäcker eines digitalisierten Brötchens verliert kein Gramm Mehl und kein Stück in seiner Auslage, wenn ein zusätzlicher Verbraucher eine digitale Kopie seines Brötchens erhält.

    Zweitens ist in der virtuellen Welt eine Kontrolle der Kopien und deren Verbreitung nur durch Verfahren möglich, die von jedem zivilisierten Menschen als Horrorszenario empfunden werden müssen: Der vollständigen Kontrolle jedes einzelnen IP-Paketes mit totaler Identifizierung aller an Kommunikationsvorgängen beteiligen Personen. Das Verbot von Verschlüsselung, Anonymität und Privatsphäre.

    Innerhalb des bestehenden Urheberrechts – das in Praxis durch Total Buy Out der eigentlichen Kreativen zu einem Verwertungsrecht einer Rechteindustrie geworden ist – gibt es auf diese Probleme keine Antwort. Ich habe auch keine außerhalb des bestehenden Urheberrechts. Aber ich weiß, dass wenn durch einen sozialen oder technischen Wandel, gesellschaftliche Auffassungen und das Recht zusammenprallen, es mittelfristig immer das Recht ist, das sich wandelt. Leid tun mir diejenigen, auf deren Rücken das alte Recht seine Rückzugsgefechte austrägt.

    1. Daß beim Kopieren niemandem etwas weggenommen wird ist ein naiver Trugschluß. Könnte ich Brötchen kopieren, so würde dem Bäcker Umsatz verloren gehen und er wäre seiner Lebensgrundlage beraubt. Genau das geschieht beim digitalen Kopieren: ich nehme den Urhebern von wie auch immer gearteter Kunst die Lebensgrundlage, weil ich sie nicht mehr für ihre Arbeit bezahle. An einem guten Roman sitzt ein Autor viele Monate, in denen er nichts anderes tut. Also hat er das Recht, auch für die Nutzung eines Hörbuchs angemessen bezahlt zu werden. Gleiches gilt bei Musik: die Stücke müsse geschrieben werden und oft sind die Autoren nicht die Musiker, die die Stücke dann aufführen. Also müssen auch die Autoren bezahlt werden. Die Möglichkeit einer digitalen Kopie rechtfertigt nicht das Verwehren einer angemessenen Vergütung.

      Natürlich will auch ich nicht die komplette Überwachung zur Verhinderung von Kopien. Ich sehe nur, daß die leichtfertig ins Spiel geworfene Kulturflatrate keine Lösung ist. Und ich würde mir wünschen, daß der Respekt vor dem Geschaffenen mehr in den Vordergrund gerück wird. Machen wir uns bewußt, daß es einer leistug bedarf, um künstlerische Werke zu schaffen, sind wir eher bereit, diese Leistung auch zu honorieren.

      1. Eine zusätzliche Kopie nimmt niemandem etwas weg. Wenn der Rechteeigentümer einen Schaden beklagt, dann weil er in der herkömmlichen Ökonomie die Anfertigung und Distribution von Kopien kontrollierte und auf diese Kontrolle sein Geschäftsmodell baute.

        Dieses Geschäftsmodell ist unweigerlich vorbei, der Rechteeigentümer hat die Kontrolle über die Anfertigung von Vervielfältigungsstücken mit der Digitalisierung verloren und dank der Virtualisierung ist eine Distribution im herkömmlichen Sinne entfallen. Der Rechtsinhaber ist in der Situation eines Kerzenziehers beim Aufkommen des elektrischen Lichts. Früher bezog man Helligkeit in diskreten Einheiten, genannt Kerze, die jemand herstellen musste und die man im Handel in die Hand nahm und erwarb. Elektrisches Licht wird nach Bedarf aus einem Kabel entnommen (Virtualisierung) und muss noch bezahlt werden, weil Strom sich nicht trivial und ohne Verlust an Nutzbarkeit kopieren lässt. Außerdem kann er ohne Verlust der Privatsphäre abgerechnet werden, weil der Stromzähler nicht mitbekommt, ob eine Kilowattstunde zur Zubereitung eines Gemüseeintopfs dient oder ob ich damit meinen Schreibtisch beleuchte, während ich einen Erpresserbrief schreibe.

        Aber wir können auch rein ökonomisch argumentieren: Mit Digitalisierung und Virtualiserung ist der Kern des Geschäftsmodell der Verwertungsindustrie entfallen, denn digitale und über Datenleitung einfach zu transportierenden Güter sind nicht mehr knapp. Sie können für marginale Kosten von jedermann hergestellt und verbreitet werden. Und ein Gut, dessen Menge nicht beschränkt ist, hat einen Wert von Null.

        Ich spreche mich nicht für die „Kulturflatrate“ aus. Die Kulturflatrate könnte der letzte Versuch der Rechteindustrie sein, durch ein staatliches Monopol zu überleben. Denn nichts anderes als eine Subvention der Rechteindustrie ist diese „Kulturflatrate“, bei den Kreativen werden nur Brosamen ankommen. Die Rechteindustrie soll aber nicht überleben. Sie soll sterben, so schnell wie möglich.

        1. Zitat:
          „Sie können für marginale Kosten von jedermann hergestellt und verbreitet werden.“

          Das stimmt aber nur für die Kopie. Das Original muss ja erstellt werden. Für ein einigermassen passables Album sind schnell einige tausend Euro fällig. Wir haben einen gewissen Anspruch an das, was wir unseren Hörern zumuten möchten. Und komm mir bitte nicht mit Homerecording und Selbermachen. Ich will mich auf das Musikmachen konzentrieren, nicht noch auf das Recording.

          Auch wenn die Rechteindustrie stirbt, löst das ja nicht das Problem des Kopierens, das wird weiter gehen, es wird niemanden kümmern, was bei „uns“ ankommt. Wir können unsere Arbeit aber nicht verschenken, weil die Studios leben wollen und enormen technischen Aufwand bezahlen müssen, weil wir unsere Instrumente und unseren Proberaum bezahlen müssen. Ich will ja nicht das grosse Geld mit Musik machen, aber das Hobby sollte sich einigermassen tragen, nicht nur über Konzerte und Merchartikel. Hauptsächlich machen wir ja Musik und sind kein Modehaus.

          1. Natürlich stimmt das Ende der Knappheit nur für die Kopie. Aber das Geschäftsmodell der Rechteindustrie setzt eben darauf, aus der Distribution von Vervielfältigungsstücken Einnahmen zu erzielen. Und dieses Geschäftsmodell ist am Ende.

            Kreative, die von ihrer Kreativität leben wollen, müssen sich andere Einnahmequellen einfallen lassen. Und da gibt es ja auch schon Modelle: Liveauftritte, Merchandising, Auftragsarbeiten, spezielle Fan- und Sammlereditions … nur die Abrechnung nach verkauften Vervielfältigungsstücken ist vorbei, es lohnt sich nicht mehr, dieses tote Pferd zu peitschen.

        2. Mein erster Gedanke nach Lesen dieses Kommentars: was für ein letztlich inhaltsleeres, politisch verblendetes, unsinniges Geschwätz.

          Sorry.

          „Und ein Gut, dessen Menge nicht beschränkt ist, hat einen Wert von Null.“ Aha. Was viele in der ganzen Diskussion bisher anscheinend nicht verstanden haben ist die Tatsache, daß es hier nicht um Industrie geht, um den bösen Klassenfeind. Sondern es geht um die Rechte der Menschen, die ein Werk schaffen. Wenn Du, Mark, also in der Lage bist, exzellente Photographien, hervorragende Bücher, packende Reportagen und geile Musik zu erfinden …… nun denn …… dann mal los. Da wirst Du feststellen, daß diese Leistung durchaus Beschränkungen unterliegt.

          Es geht beim Urheberrecht noch nicht mal — ‚tschuldigung Robart — um Musiker und die Kosten, um eine Aufnahme zu erstellen und zu vertreiben. Musiker könnten sich ja immer noch durch Livemusik durchbringen. Nicht umsonst dreht sich die Situation für Musiker, auch und gerade für bekannte Musiker, um: früher machte man eine Tour, um die Platte zu promoten. Heute kauft kein Mensch mehr CDs, also dienen sie nur noch dazu die Konzerte zu promoten (und alle wundern sich dann, warum die Ticketpreise so gestiegen sind). Es geht um die Rechte der Autoren. Um die Rechte derjenigen, die sich den ganzen Quatsch ausdenken. Um die Urheber eben. Und das nicht nur in der Musik“industrie“, sondern um Urheber überhaupt. Um Journalisten, Buchautoren, Filmemacher und Photographen. Und da, finde ich, würde der Diskussion deutlich weniger Klassenkampfdenken guttun.

  2. Interessante Diskussion.
    Wie wärs damit: Jeder Künstler produziert seine Musik am absoluten Kostenminimum und verschenkt sie dann. Ist die Musik gut werden Leute zum Konzert kommen (und gern etwas mehr zahlen. Ich bin Student, ich leiste mir kaum noch CDs weil es mir einfach zu teuer geworden ist, hab aber immer viel dafür ausgegeben. Dafür bezahl ich gerne mal 50 Euro für eine Band die ich vergöttere.), ist die Musik nicht gut eben nicht.
    Survival of the fittest.
    Ich würde CDs kaufen in rauhen und viel zu großen Mengen hätte ich die Kohle. Hab ich aber nicht. Würde ich jetzt absolut Musikautarg leben und mir nicht von Freunden die ein oder andere CD geben lassen und dafür mein Zeug tauschen usw – über Radio und TV kriegt man ja nichts vernünftiges mehr mit – würden die Künstler nichtmal durch Konzerte an mir verdienen.

    Die Plattenfirmen haben doch – absolut zurecht – richtig Angst bekommen. Es ist mittlerweile nichtmehr sehr teuer qualitativ gut zu produzieren. Ich selbst hab n USB Interface wo man absolut brauchbares mit rausbekommt, sicher nur Demoqualität aber allein dieser Fakt lässt mich sicher sein, dass es da auch noch hochwertigeres für nicht allzu viel Geld gibt.
    Es ist mittlerweile nichtmehr schwer seine Musik selbst zu distributieren.

    Die Generation die heute noch CDs kauft und dafür den absolut überteuerten Preis hinblättert wird irgendwann aussterben. Bis dahin muss was neues her, denn niemand wird dauerhaft bereit sein 10 Euro für eine digitale Kopie zu bezahlen wenn es Künstler gibt wie Sigúr Rós die für nicht allzu viel Geld einen digitalen Download + ein absolut wahnsinnig hübsches Paket mit CD und DVD anbieten, den Download allein dann für sehr sehr günstig.
    Komisch. Diese Bands überleben auch.
    Die Arctic Monkeys sind gar bekannt geworden indem sie alle ihre Songs verschenkt haben. Und EXAKT DIESELBEN Songs wurden danach noch irre oft verkauft.

    Es tut mir leid für alle die da dranhängen, nichts beeinflussen können und um ihren Job bangen, aber solange Guy Hands und seine Anti Künstler Philosophie Chef der EMI ist dürfen die gerne untergehen, das wird auch nicht das Ende der Musik sein.
    Ich meine es gab sogar mal eine Zeit da Musiker ganz ohne CDs überleben konnten.

  3. Die Diskussion ist wirklich schwierig. Eine Flatrate für Kunst wäre sicher denkbar, aber dabei wird es immer jemand geben, der sich falsch entlohnt sieht. Siehe Diskussionen um die GEMA, die sammelt Geld ein und verteilt es mit einem Schlüssel an die Urheber . Und für Ton- und Datenkassetten-bzw. Bänder hat sie auch eine Gebühr verlangt, weil man da ja irgendwas gemawürdiges mitschneiden konnte. (dumm gelaufen für diejenigen, die Computerprogramme oder eigene Werke aufgenommen haben.)

    Unabhängig von dieser Diskussion hier, möchte ich auf diese interessante Story hinweisen:
    http://www.barbara-clear.de/info/clear-story.php

  4. Zum Nachtrag:

    Das mit den Autoren ist natürlich wahr.
    Das ist aber in meinen Augen ebenfalls ein hausgemachtes Problem der Industrie selbst. Wer sagt denn, dass die nur bei Tonträger-/digitalem Download-Verkauf entlohnt werden sollen? Wenn man sich – vernünftigerweise – darauf besinnen würde die Einnahmequellen wie Merchandise, schicke Bonussachen und vor allem gute und den Preis werte (nicht: niedrig bepreiste!!!) weiter zu erschließen, wer sagt, dass die Autoren dann nicht auch an diesen Einnahmen beteiligt werden können?
    Man muss sich eben nur dazu entscheiden das auch zu tun.

    Ein Lösungsansatz vielleicht: Ich habe irgendwo mal ein nettes Kuchendiagramm gesehen, wie viel von einem CD Verkauf am Ende beim Autor und beim Künstler ankommt. Das war ein Bruchteil. Eine CD kostet 16 Euro, diese maximal 6 Euro die das waren können von mir aus gern auf den Konzertpreis aufgeschlagen werden und dann genau so verteilt werden wie es bei der CD auch verteilt worden wäre.

    Das mit den Photographen, Journalisten etc. verstehe ich nicht ganz.
    Es würde doch auch bei einer „Kulturflatrate“ weiter der Bedarf nach Interviews, Plattenrezensionen, Konzertberichten etc. pp. bestehen. Dafür bezahle ich nicht mit der „Kulturflatrate“, nicht mit meinen Eintrittsgeldern und nicht wenn ich CDs kaufe, dafür bezahle ich monatlich 5 Euro wenn ich mir den „Musikexpress“ kaufe. Zum Beispiel.

    Und zur Hetze gegen die Rechteindustrie (wo ich wohl mit gemeint war?):
    Organisation kann natürlich nicht schaden. Aber besonders die Plattenindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten doch angespornt von den großen Erfolgen und dem großen Geld das mal reinkam (Betonung auf kam) völlig um ihrer Selbstwillen aufgeblasen. Geld kam Rein wie nichts und wurde genau so wieder rausgehauen, für Megagehälter die in der Form sicher nicht gerechtfertigt waren und für Strukturen die jetzt nichtmehr haltbar sind.
    Durch Dezentralisierung all der Organe dieser Plattenfirmen könnte man sicherlich mit weniger Kostenaufwand genauso gut arbeiten wie jetzt, dem Kunden ein günstigeres Produkt liefern, das er auch zu kaufen bereit ist, und den Künstler und von mir aus Autor besser entlohnen.
    In meinen Augen gibt es schon Schritte in diese Richtung, besonders bei den Indie Labels, aber die großen Mogule wehren sich ganz selbstverständlich dagegen, ein überbezahlter Big Boss wird ja von niemandem mehr gebraucht, die Zeit der großen Medienhaie geht zuende und ein Guy Hands möchte noch so viel von der dicken Sahnetorte vertilgen wie er bekommen kann.

    mal ganz abseits davon: diese ganze Autor-Komponisten Geschichte ist doch einer der Gründe für die Misere, man gibt Geld aus um die schnelle Mark zu machen, etwas zusammenzuklatschen und es dann mit einem Künstler den man gut verkaufen kann (im Moment) zu viel Geld zu machen. Dieses System ist doch von Anfang an auf Gewinnmaximierung für die Plattenfirma und Beteiligungsminimierung für die Autoren aus. Dass man SO kein Bewusstsein für Kunst schaffen kann, wenn der wahre Künstler lediglich bei der Stelle wo es im Booklet heißt „T/M:…“ auftritt sollte eigentlich nicht verwundern, oder?
    Jemandem den man nicht kennt kann man auch keine Wertschätzung entgegenbringen.

  5. So wie ich die Kulturflatrate verstehe, geht es dabei eigentlich doch nur darum, die GEMA loszuwerden. Einen „Verein“, der zwar Zahlungspflichtigen erbarmungslos hinterher ist, seinen Mitgliedern die Einnahmen aber nach einem schwer zu durchschauenden System und z.T. mit jahrelanger Verzögerung auszahlt. Und das dann noch mit hohen Verwaltungskosten, hohen Gehältern für die GFs usw. Wenn die Flatrate dazu führen würde, daß netto mehr Geld an die beteiligten Urheber ausgeschüttet wird, wäre das in meinen Augen schon ein Fortschritt.

    Solch ein System kann nie gerecht sein, das ist klar. Interessant wäre, ob alternative Modelle wie z.B. im Softwarebereich Donationware oder Shareware funktionieren?

    Sicher ist, daß die direkte Beziehung zwischen Schaffendem und Konsumenten die gerechte Vergütung erleichtert UND daß die Aufteilung zwischen Performer und Autor u.ä. zwischen denen neu geregelt werden muß.

  6. Donationware und Shareware wurden unlägnst auf dem Gebiet der Musikdistribution ausprobiert:

    Donationware:
    Radioheads „In Rainbows“ Experiment: Das Album stand über Monate für jeden kostenlos zugänglich im Internet. Der Fan / Hörer durfte den Preis den er für den Download bezahlen möchte selbst bestimmen.
    Im Grunde hebt es sich ein wenig von Donationware ab, bei genauerer Betrachtung jedoch wieder etwas weniger: Nach der kostenlos-Phase kam das Album zu einem sehr geringen Preis (7.99€) in den Handel. Das Album wurde trotzdem noch gut verkauft.

    Shareware: Sieht man doch immer wieder! Künstler stellen ihre Songs im Stream online, praktisch anhören mit begrenzter Funktionalität, will man die Songs auf die Festplatte/mp3 Player/CD muss man Geld bezahlen.
    Andere Variante: 3 Songs aus dem Album werden zum kostenlosen Download bereitgestellt, der Rest muss gekauft werden.

    Anscheinend zahlen sich diese Konzepte aus, hab bisher selten gegenteiliges gehört. Nicht umsonst fängt ja fast ausnahmslos jeder Künstler damit an sein Album ein oder zwei Wochen vor Release im Stream bereitzustellen – noch vor anderthalb Jahren wäre man für diese Idee mit der großen Pirateriekeule geschlachtet worden.

    Ansonsten stimme ich dir zu, die direkte Beziehung zwischen Künstler und Kunde sorgt auch meiner Meinung nach für eine gerechtere Geldverteilung.
    Die GEMA ist in meinen Augen etwas wie die GEZ (wenn auch lange nicht so extrem): Irgendwann zurecht und mit gutem Konzept gegründet, leider aber die Veränderungen auf ihrem Arbeitsgebiet verpasst und jetzt dem Lauf der Dinge hinterherhinkend.
    Beispiel GEZ: Absolutes Verschlafen der Medien „Privatsender“ und „Internet“ sowie jeglicher Home Entertainment Entwicklung. Der Generalverdacht auf Gebührenklau ausgelöst durch ein Endgerät mit dem man POTENZIELL Fernsehen kann, auch wenn man es nur für X-Box, DVD, Apple TV etc. pp. einsetzt sollte eigentlich ein Messer im Rücken eines jeden Demokraten sein.
    Beispiel GEMA: In meinen Augen hinken die der Musikdistribution über Internet, der Bedeutungsvervielfachung von Konzerten und den Bedeutungseinbußen des Mediums Radio hinterher. Wie gesagt, lange nicht so schlimm wie bei der GEZ.

  7. Es ist in meinen Augen zu einfach, nur über Musik und Bücher oder Filme zu reden.
    Zum einen reden wir auch über wissenschaftliche und pharmakologische Patente, zum anderen auf der anderen Seite des Spektrums auch über Kunstwerke.
    Wenn an über Urheberrecht nachdenkt, bewegt man sich in einem etwas abstrusen Dschungel, wo einerseits der Anwalt mahnt, wenn du ein Zitat eines Künstlers verwendest, solange er nicht 70 Jahre tot ist und die Beuyss-Nachkommen eine Kunstzitate-Site verklagen wollen, wo andererseits jeder Film noch vor der Kinoveröffentlichung problemlos via Torrent oder Rapidshare erhältlich ist und die Bezahlung für CDs/Filme/Software fast den Hauch einer milden Gabe hat, weil jederzeit nahezu alles auch gratis verfügbar ist.
    Man redet über Medizin, die nicht produziert wird, weil die Rechteinhaber daran kein Interesse haben und man redet von Musikern, die Nummer-Eins-Hits haben, aber trotzdem noch bei Mami wohnen. Die Musikindustrie hingegen stellt sich anders auf und mutiert noch mehr vom Vertriebspartner zur 360°-Betreuung, die Künstler als Management, Bank, Anwalt und Presseagentur von A bis Z möglichst durchvermarktet.

    Das ist insofern alles eine ziemliche Suppe, mit ziemlich wenig konkreten Fakten (st der Schaden durch Raubkopie wirklich so groß wie von der Film/Musikbranche angenommen, oder deutlich geringer?) und sehr widersprüchlichen Optionen, die mehr nach einer Gesamtlösung rufen, einer möglichst internationalen Revision der Urheberrechte, einer pragmatischen Vereinfachung und Straffung, die Kulturaustausch und Forschung ermöglicht, die Kunst von den Künstlererben befreit, und einige der absurden Bügelfalten aus der Gesetzgebung entfernt.

    Zugleich muss aber klar sein, dass wir Westeuopäer in Zukunft mehr und mehr von unserem Wissen und kulturellen Schaffen Leben werden (müssen). Es ist insofern absolutes Eigeninteresse, wenn wir ein System schaffen, dass die Rechte von Schöpfern schützt und unterstreicht. Eine Kulturflatrate kann da keine Antwort sein. Das mag auf den ersten Blick verführend klingen, durch die Hände deutscher Bürokraten gegangen, wird das aber ein Alptraum sondergleichen sein, der nicht nur für die Nutzer keinen Vorteil bringt (auch die Kulturflatrate wird keine Raubkopie ex post legalisieren können, das bleibt undenkbar), aber auch den Produzenten nicht hilft (Künstler sozusagen «flat» zu bezahlen, ihnen den «Markt» als Meßfaktor zu nehmen, die Konkurrenz, ist der Tod aller Kreativität, so leid es mit tut: Viel Kunst und Kultur entsteht eben, weil es Geld bringt. Und auch von der Umsetzung wird das lustig: Die Gema ist bereits jetzt ein seltsames Gebilde, will man da noch mehr Kultur-Bürokratie?

    Zumal selbst solche Maßnahmen der Flexibilität des Webs nicht gerecht werden. Was hilft eine Fatrate dem Sender Fox, wenn ich mir seine US-Sendungen online herunterlade? Was hilft die Flatrate gegen Torrents und Rapidshare?

    Was wir brauchen ist ein modernisiertes, zeitgerechtes Urheberrecht, das einfacher aber fairer ist und den lebenden Autor in den Mittelpunkt stellt, nicht die Anwälte. Und wir brauchen eine internationale «Kultur» in der es für jeden einzelnen einfach FAIR ist, die Band, die er mag, den Regisseur, den er mag, den Autor, den er mag, auch aktiv zu fördern. Wer von einer Band, die er an sich gern hört, Musik zum Nulltarif (möglichst billig mit USB-Studio produziert) verlangt, und dem egal ist, ob die Mucker nebenbei noch bei IKEA arbeiten müssen, der ist, sorry, ein Schmarotzer. Ebenso ist aber eine Firma, die auf forschungsergebnissen und Medikamenten sitzt, um ihre «Rechte» zu wahren, gierig.

    Was wir also brauchen ist ein Urheberrecht gegen die Gier auf beiden Seiten, eine Mediation, die einen offenen Zugang ebenso gewährt wie das Überleben und den Erfolg von Künstlern und Kreativen. Eine Mörderbürokratie kann hier für niemanden eine wünschenswerte Antwort sein, ebenso wenig die Lösungen von Interessenvertreter der Industrie oder der Piratenpartei.

    Ich bin seltsamerweise ganz guter Dinge, was das angeht, weil das Internet (im Sinne eines gesllschaftlichen Kommunikations- und Aushandlungsnetzes) diese Balance, die eine Informationsgesellschaft eben einfach braucht, langfristig etablieren und gewährleisten muss, der Austausch darüber und der Weg dahin ist in vieler Hinsicht das, worum es beim Web eigentlich geht.

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