unbewohnt

Heute Abend ist ein Klassentreffen meiner Grundschulklasse und deshalb bin ich nach Duisburg gefahren. Die Schule gibt es nicht mehr, sie wurde vor ein paar Wochen abgerissen. Ich stand eben vor dem Schultor und es war schon ein komisches Gefühl, das zwischen 1901 und 1936 in Etappen gebaute Gebäude nicht mehr zu sehen. Ich nutze das Wochenende des Klassentreffens für eine nostalgische Reise.

Vorher war ich in einer Kirche, die es eigentlich auch nicht mehr gibt. Vor zwei knapp Jahren schon wurde die Gemeinde aufgelöst, bis zum Juni durfte noch ein Mal im Monat hier ein Gottesdienst gefeiert werden, seit dem ist die Kirche endgültig geschlossen. Ich war in dieser Gemeinde viele Jahre lang in der Kirchenmusik tätig, fing als 8jähriger im Kinderchor an und kam bis zur Band; dort fand ich meinen Weg in die Veranstaltungstechnik. Daß diese Kirche gegen den Willen der Gemeindemitglieder und trotz ehrenamtlicher Arbeit rundherum geschlossen wurde, tut schon weh. Auch wenn mein heutiger Besuch mein erster dort seit etwa 12 Jahren war. Die Kirche hat bis heute ihren ganz eigenen Geruch; es war so vertraut, als wäre ich erst letzte Woche dort gewesen. Ganz lieben Dank übrigens, daß ich noch mal reindurfte.

Schade finde ich auch, daß es (junge) Menschen gibt, die die Bleiverglasung der Kirche in letzter Zeit wohl systematisch zerstören. Unabhängig davon, ob und an welchen Gott ich glaube, so ist die Verglasung Kunst, die ich nicht in Scherben prügeln muß.

Was macht man nun mit so einem Bau, der auch noch unter Denkmalschutz steht ?  Ich finde die Kirche sehr schön; modern, aber nicht kalt. Aber da kann man ja keine Aldi – Filiale reinbauen. Ist es wirklich sinnvoll, so großflächig Kirchen zu schließen, wie das im Ruhrgebiet geschieht ?  Wenn man nach Rom schaut, dann entfernt sich die katholische Kirche schon dogmatisch immer weiter von den Menschen; jetzt entfernt sie sich auch räumlich von ihnen. Ältere Leute schaffen die duch die Schließungen länger gewordenen Wege nicht mehr und bleiben zuhause; jüngere erleben Kirche nicht mehr als alltäglichen Teil des Lebens und bleiben noch mehr weg. So massive Kirchenschließungen wie in Duisburg geschehen sind nicht nur das Eingeständnis des Scheiterns, sie sind ein Suizid des Glaubens.

So wie in dieser Kirche: der Tabernakel ist leer, das ewige Licht erloschen. Gott ist weggezogen.

4 Gedanken zu „unbewohnt“

  1. Das mit der Grundschule hab ich diesen Sommer auch gemerkt das die weg ist. Hab noch 2 Bilder von dem Gebäude vom letzten Jahr, wenn du sie haben willst , sag bescheid

    1. Ja, über die Bilder würde ich mich sehr freuen. Wollte nämlich heute eigentlich welche machen; speziell von dem Haus, in dem früher die Toiletten waren. Meine Mailadresse findest Du im Impressum.

  2. Sehr schön geschrieben. Ich kann das Gefühl gut nachvollziehen.
    Allgemein finde ich Deine Art, Backstageberichte und Nachdenkliches abzuwechseln, ziemlich stimmig.

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