Erfurt

Gestern waren wir in der Alten Oper Erfurt, die ich ja schon vor drei Jahren mal vorstellte. Das Haus ist nicht gewachsen und das Vorderhaus ist immer noch schön. Die Bühne ist immer noch Gebastel, aber letztlich wird es doch eine schöne Show. Wir spielten gestern zwei davon: eine am späten Nachmittag und eine um 20:30 Uhr. Beide ohne Pause. Das ist komisch, weil sich dadurch die im Hirn eingebrannten Ablaufe verändern, aber es macht auch wach und darum ist’s auch gut.

Der Ton funktioniert, es stehen acht Mönche auf der Bühne, alles läuft glatt. Geht doch.

Ein benachbartes Anwaltspärchen hat es geschafft: es hat nach langem Rechtstreit gewonnen und nun darf das Theater das jahrzehntelang genutzte Ladetor nicht mehr nutzen. Es ist von Amts wegen mit dicken Pollern so umstellt, daß man garantiert mit keinem Fahrzeug mehr rankommt. Was für ein unglaublicher Justizschwachsinn. Statt dessen muß jetzt seitlich durch ein Fenster (!) geladen werden. Dadurch haben jetzt zwar die Anwälte mehr Ruhe, weil die so wohnen, daß sie vom Fensterln nichts mitbekommen, aber natürlich gibt es andere Nachbarn, die sich angespornt fühlen, auch dort die nächtliche Laderei verbieten zu lassen. Dabei kann man sicher festhalten, daß die Oper länger steht, als daß dort je ein Mieter in seiner Wohnung wohnt.

So sieht die Ladesituation von draußen aus. Die Rampe ist dick mit Teppich beklebt. Das macht zwar das Laden schwerer, ist dafür aber leiser. Trotzdem stehen dann plötzlich zwei Polizisten dabei. Bürger hätten sich beschwert. Die Polizisten geben sich Mühe, nicht mit dem Kopf zu schütteln. Wir haben eine Ausnahmegenehmigung, darüber sind sie sehr dankbar. Sie notieren sich die Nummer und ziehen von dannen.

Wir leben in einer sehr komischen Welt. Die Leute wollen eine beheizte Wohnung mit Strom, aber kein Kraftwerk in der Nähe. Sie wollen nach Malle fliegen, aber keinen Flughafen. Sie wollen Unterhaltung, aber bitte nicht direkt vor der Türe.

Nach dem Abbau bleibt der Bus erst noch bis um 05:00 Uhr in Erfurt stehen; Christian muß seine 45 Stunden Wochenpause machen. Die Fahrt nach Erfurt machte schon ein Doppelfahrer. Das ist ungewohnt und im stehenden Nightliner schlafe ich nicht so gut ein, wie im fahrenden. Die Wiege fehlt.

3 Gedanken zu „Erfurt“

  1. Es ist noch schlimmer: Die Leute wollen schnell und ohne Umsteigen nach Malle fliegen, aber keinen Flughafen im Umkreis von 100km wegen der Lärmbelästigung. Gleichzeitig soll der Flughafen am besten direkt in der Innenstadt oder am Bahnhof sein, damit der Weg dorthin nicht so weit ist.

    Die Leute wollen einen Flugplatz als Prestige-Objekt und als Standortvorteil um die Wirtschaft anzukurbeln, aber wenn dann eine Firma eine Genehmigung für einmal Starten und Landen pro Tag erhält, natürlich nur zwischen 8-12 und 15-18 Uhr, wird dagegen protestiert.

    Achja, der Rechtsanwalt wird wahrscheinlich auch der Erste sein, der Petitionsbriefe schreibt, sollten der Oper die Mittel gekürzt werden. Es soll ja schließlich hochkarätige Kunst geboten werden. Sonst gibt es ja keine gesellschaftlichen Gelegenheiten mehr um wegen 100€ Stiftungsbeitrag als der große Held gefeiert zu werden.

    Aber schade für den Betreiber der Oper, der darf jetzt für jede größere Veranstaltung eine Sondergenehmigung beantragen. Wird er wohl auf dem Amt eine Liege aufstellen und gleich dort wohnen. So wie ein Veranstaltungsunternehmer, den ich mal getroffen habe und dem zur Anmeldung seiner LKWs für schaustellendes Gewerbe die Dame erklärte, das sie das so generell nicht machen würden und er bitteschön jedesmal ne Sondergenehmigung beantragen solle. Bei 3-4 gleichzeitigen Produktionen pro Wochenende…

    Sonst alles in Ordnung? Lautsprecher, Mikros und Pult halten? Die vor der Tour gelöteten Adapter sind auch noch okay?

    Viel Spaß noch bis Weihnachten!

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