Gestern ging es so richtig los mit dem Aufbau bei WMsuperlive. Nachdem wir in den letzten Tagen ja im Grunde nur Vorarbeiten geleistet hatten, damit die Halle unseren Anforderungen entspricht, galt es seit gestern, die Technik einzubauen. Für den ersten Tag hatten wir uns vorgenommen, alle Kabel und Wasserschläuche unter die Decke zu hängen. Außerdem war eine Aufgabe, von den nebenliegenden Gebäuden genug Strom für unsere Veranstaltung zu bekommen. Auch das eine größere Kabelaktion. Darüber hinaus haben wir begonnen, Zäune aufzustellen, damit die Leute nur dahin kommen, wo wir sie auch haben wollen.
Halbwegs pünktlich trudelte alles Material ein — hier seht Ihr eine kleine Auswahl unseres Elektroequipments — und es wurde fröhlich mit der Arbeit begonnen. Wir haben lange Traversenstrecken in die Dachkonstruktion gezimmert, auf die dann alle Kabel und Schläuche gelegt wurden. Außen waren Kollegen damit beschäftigt, die Unterkonstruktion für die Toilettencontainer zu bauen. Blöderweise liegt der Abwasserabschluß sehr weit oben an einem Gefälle, so daß man die Container nicht einfach so hinstellen kann.
Mittags benötigten wir unseren Teleskopsteiger draußen nicht mehr und wollten ihn in die Halle fahren. Dabei kam es zu dem gestern bereits erwähnten Unfall. Der Steiger brach in einen Rohrschacht innerhalb der Halle ein. Der Schacht war für uns nicht zu sehen, weil der Boden mit diesen typischen Eishallengummimatten bedeckt ist. In den Rohren verläuft Ammoniak, mit dem die Eisfläche im Winterbetrieb gekühlt wird. Diese Chemikalie hat den kleinen Schönheitsfehler, daß sie…. nun ja …. nicht gerade gesund ist, um das mal vorsichtig auszudrücken.
Zum Glück waren die Rohre zwar verbogen, aber nicht gebrochen, so daß kein Gas austrat. Wir entschlossen uns aber, bei der Bergung des Steigers die Feuerwehr hinzuzuziehen, damit diese direkt reagieren kann, falls doch noch was passiert. Alles Weitere möchte ich nicht kommentieren, aber nach dem Break seht Ihr Photos der ganzen Aktion und könnt Euch Eure eigene Meinung bilden. Panoramabilder bekommt man wie immer größer, in dem man draufklickt.
Nachtrag: der Unfall hat es auch in die Zeitung geschafft. Leider nimmt die Lüneburger Landeszeitung ihre Artikel nach wenigen Tagen wieder offline, so daß ich den Link wieder löschen mußte.
Junge, Junge, dass sieht aus als haetten die eh Kameradschaftsabend gehabt und dann gleich eine Grossuebung draus gemacht. Ist das eigentlich Kommunaler Service oder kostet Euch das Veranstaltungsbudget?
Ich denke mal, daß da eine Rechnung kommt. Allerdings rechne ich auch mit massiven Kosten für die Instandsetzung der Ammoniakanlage. Auch wenn nichts gerissen ist, so muß doch alles geprüft und sicher einiges ersetzt werden. Da werden in den nächsten Wochen sicher noch die verschiedenen Haftpflichtversicherungen untereinander streiten, wer das denn jetzt alles bezahlen darf.
Als gesamtverantwortlicher und auch allgemein „nicht gerade unerfahrener“ Einsatzleiter, kann ich Ihnen dazu folgendes mitteilen:
Bei Eintreffen waren die Leitungen teilweise verbogen und andere stark durch das Gewicht des Arbeitsgerätes belastet; ein Ammoniakaustritt war zum Glück nicht feststellbar; jedoch bei weiteren Erschütterungen war damit konkret zu rechnen.
Es bestanden folgende Gefahren:
1. evt. vorhandene Haarrisse sind durch das Gewicht der Arbeitsgerätes (6,5 to) zugedrückt; sobald Last
entfernt wird, tritt dann Ammoniak aus
2. durch möglicherweise nicht zu verhindernde Bewegungen bei der Bergung wird ein Rohr beschädigt
und Ammoniak tritt aus
3. zwar konnte der weitere Zulauf aus dem Tank abgeschiebert werden, nicht jedoch die komplette unter
der „Eisfläche“ gelegene Verrohrung
4. das Arbeitsgerät könnte weiter nachrutschen und die Leitungen gefährden bzw. eine langanhaltende
Gewichtsbelastung könnte sich negativ auf die Rohre auswirken (durch verschiedene Maßnahmen
wurde hier versucht größtmögliche Vorsorge zu treffen)
bei der Beurteilung ist von der größtmöglichen realistisch anzunehmenden Gefahr auszugehen und nicht davon „was passiert, wenn alles möglichst gut ausgeht“; und das ist hierbei ein massiver Gefahrstoffaustritt.
Aufgrund der Menge des Gefahrstoffes war zu prüfen, inwieweit Evakuierungsmaßnahmen erfolgen müssen
austretendes Ammoniak müßte je nach Aggregatzustand des Austrittes (gasförmig oder flüssig), was nicht vorherzusagen war, auf sehr unterschiedliche Art und Weise von der Feuerwehr „bekämpft“ werden
da keine direkte „Gefahr im Verzug“ war (es trat noch kein Gefahrstoff aus und zu rechnen war damit erst bei Beginn der Bergungsarbeiten) waren auch alle einschlägigen Vorschriften und Verordnungen sowie die Unfallverhütungsvorschriften zu erfüllen.
Aus diesem Grunde wurden die Spezialkräfte der Feuerwehr (die über das gesamte Kreisgebiet verteilt stationiert sind) auch nicht in „Alarmfahrt“ herangeführt. Die Heranführung geschah übrigens erst, nachdem geklärt war, wann und wie die aufgrund der Lage als schwierig zu bezeichnende Bergung überhapt durchgeführt werden kann. Es war nicht zu verantworten, die vielen benötigten Hilfskräfte der Feuerwehr möglicherweise stundenlang von der Arbeitsstelle abzurufen, ohne daß sie eingesetzt werden können, weil die Bergung (Kran oder nicht Kran, und wenn ja wann) noch nicht abschließend geklärt ist.
Im Flächenland Niedersachsen gibt es lediglich 10 Berufsfeuerwehren in den größten Städten wie Hannover, Braunschweig, Osnabrück, Göttingen, Hildesheim, Oldenburg, Salzgitter, Wolfsburg, Wilhelmshafen sowie neuerdings aus politischen Gründen in Cuxhaven. Flächendeckend ist ein dichtes System gut funktionierender Freiwilliger Feuerwehren vorhanden. Selbstverständlich kann weder Ausbildungsstand noch Einsatzerfahrung und Materialausstattung der ehrenamtlich tätigen Freiwilligen Feuerwehren mit denen der Berufsfeuerwehr mithalten. Aber das ist so gewollt und wäre anders auch nicht bezahlbar.
Grundsätzlich wird jeder Gefahrguteinsatz im Gegensatz zu einem Brandeinsatz, soweit lagebedingt möglich, erst nach entsprechender kompletter Vorbereitung und Sicherung abgearbeitet und ist grundsätzlich immer als sehr zeitintensiv einzustufen.
Der Einsatzleiter läßt sich nicht leiten von dem Gedanken „die Arbeit so schnell wie irgend möglich wieder aufnehmen zu können“, sondern von dem Gedanken, den Einsatz so sicher wie möglich für die eingesetzten Kräfte und unbeteiligte Dritte abzuwickeln.
Die Anforderung aller tatsächlich alarmierten Kräfte war weder unnötig noch übertrieben, sondern stellt die festgelegte „minimale Alarmierung“ bei einem Gefahrguteinsatz in unserem Landkreis dar.
Die Einsatzkapazität sämtlicher vor Ort vorhandenen Vollschutzanzüge hätte bei lediglich insgesamt 45 Minuten gelegen. Auf die zusätzliche Alarmierung weiterer Kräfte wurde jedoch zu diesem Zeitpunkt bewußt verzichtet.; die sofortige Nachalarmierung im Falle einer positiven Messung war allerdings bereits festgelegt worden.
Das wir die (in der Regel nicht vorhandene) Chance genutz haben, uns die Unglückstelle mit den einzusetzenden Vollschutz-Kräften anzuschauen und die Vorgehensweise durchzusprechen zu können, während draußen der Dekontaminationsbereich weiter aufgebaut wurde, ist sicher verständlich; zumal sich der Einsatz hierdurch nicht wesentlich verzögert hat, da vor Beendigung der Aufbauarbeiten im Dekon-Bereich kein Trupp vorgegangen wäre.
Die Änderung der Windrichtung kurz vor 20 Uhr hätte normalerweise zu einer weiteren größeren Verzögerung führen müssen, da der Wind um ca. 180 Grad drehte und nunmehr in Richtung des Bereitstellungsplatzes der Feuerwehr blies.
Abschließend bleibt zu vermerken, daß selbstverständlich auch die Feuerwehrkräfte sich lieber zu Hause das Fußballspiel angeschaut hätten, als ihre Freizeit mit diesem Einsatz zu verbringen, der sicherlich zu verhindern wäre, wobei ich ausdrücklich aufgrund fehlender Hintergrundinformation keinerlei Schuldzuweisungen treffen möchte.
Hm. Ich möchte Ihnen nicht an Ihre Feuerwehrehre flicken. Und ich habe mich in diesem Blog mit meiner Meinung ja auch sehr zurückgehalten. Aber wenn es um Sicherheit geht, dann verstehe ich beim besten Willen nicht, warum vor Ort eine Jugendfeuerwehr aufkreuzt und einen Ausflug bis zur Unglücksstelle macht. Warum die Halle evakuiert wird, Veranstaltungstechniker nicht mehr vor Ort sein dürfen, Pressevertreter aber sehr wohl noch herumgeführt werden. Beim ein oder anderen Betrachter entstand der Begriff des uniformierten Katastrophentourismus\\\\\\\‘; eine Formulierung, die nicht von mir stammt und ich hier nur wiedergebe. Deren Entstehung ich aber sehr gut nachvollziehen kann.
Natürlich bin auch ich froh, daß alles letztlich glimpflich abgelaufen ist. Bei einem Ammoniakaustritt direkt bei Einbruch des Steigers hätte es mit Sicherheit mehrere Schwerverletzte oder gar Schlimmeres gegeben. Ob die Bergung allerdings tatsächlich in diesem Umfang hat stattfinden müssen, ist für mich jedoch fraglich. Auf der anderen Seite: ich bin zugegebenermaßen Veranstaltungstechniker, kein Feuerwehrmann.
Was die Schuldfrage angeht, so ist das tatsächlich sehr schwierig. Selbst für mich, der den kompletten Ablauf kennt. Man könnte mir vorwerfen, daß ich nicht rund um die Eisfläche alle Gummimatten entfernt habe, um mich davon zu vergewissern, daß es überall massiven Beton gibt; nicht nur an den Stellen, an denen wir vorher bei den Vorbereitungsarbeiten Matten wegnehmen mußten. Allerdings war mit der Halle vereinbart, daß die Matten liegenbleiben; die anfängliche Idee, alle Matten für die Veranstaltung zu entfernen, wurde auf Anraten der Hallenmitarbeiter verworfen. Man könnte die Kollegen der Halle fragen, warum sie uns nicht auf den Schacht hingewiesen haben (auf der anderen Seite gibt es einen Hallenmitarbeiter, dessen Namen ich hier natürlich nicht nennen möchte, der mir ganz ehrlich sagte: \“Hättest Du mich gefragt, ich hätte Dir gesagt, daß Du da drüber fahren kannst. Ich hätte nicht damit gerechnet, daß das einbricht.\“). Nachher ist man immer schlauer.
Das von der Jugendfeuerwehr höre ich jetzt das erste Mal. Das habe ich weder mitbekommen, noch hätte ich es zugelassen oder tolleriert. Aber mann kann nicht zu jeder Zeit an jedem Ort sein und alles selbst sehen; allerdings ist mir auch unerklärlich wie die durch die Polizeiabsperrung gekommen sein sollen. Grundsätzlich ist die Polizei für Absperrmaßnamen verantwortlich und war auch mit mehreren Kräften vor Ort, bei Bedarf wird sie aber auch von Feuerwehrkräften unterstützt. Ich werde versuchen diesem Punkt nachträglich zu klären.
Natürlich wurde die Halle und der Hauptgefahrenbereich vor Beginn der eigentlichen Bergung rechtzeitig geräumt und die Räumung der Halle sowie Fenster und Türen von den Einsatzkräften überprüft. Bedingt durch die sehr kurze Einsatzzeit im Vollschutzanzug (ca. 15 min) ist es nicht möglich die Halle erst zu räumen und zu überprüfen, wenn die Träger an der Schadenstelle angekommen sind, oder dahin unterwegs sind. Dieses muß im Vorfeld bereits abgeschlossen sein.
Den anwesenden Pressevertretern wurde zugestanden Bilder von den unter Vollschutz in die Halle vorgehenden Feuerwehrkräften zu machen. (Hier haben wir nicht nur das Presserecht „im Nacken“, sondern pflegen mit der kommunalen Presse auch ein gutes Verhältnis; ohne unsere Arbeiten zu behindern)
Als die Einsatzkräfte am der Schadenstelle eingetroffen waren, waren keine fremden Kräfte mehr in der Halle und die Arbeiten konnten sofort aufgenommen werden.