Zur Zeit lese ich recht viel, unter anderem Patricia Dunckers „Der Komponist und seine Richterin„, ein Buch das gut beginnt und dann aber zu viel will. Der Grundplott ist eigentlich erstmal vielversprechend: eine Sekte voller intelligenter, gesellschaftlich gutgestellter und vermögender Menschen löscht sich selbst und seine Kinder aus, nur einer der Toten ist erschossen und hat sich nicht selbst vergiftet. Die Waffe ist verschwunden und damit weist der Fall eine Parallele zu einem ähnlichen Vorfall vor ein paar Jahren auf. Die Ermittlungen beginnen, die Geschichte ist gut und spannend erzählt, ich las das Buch gern und an einem Stück. Dann aber verliebt sich nicht nur der leitende Kriminalbeamte recht hartnäckig in die Ermittlungsrichterin, sondern auch der Hauptverdächtige wirbt mit großer Vehemenz um die Dame. An dieser Stelle wird die Geschichte für mich grotesk, die Spannung leidet doch ziemlich und ich schaute auf die Uhr. Hupps, schon 02:30 Uhr. Da lege ich das Buch doch mal weg und gehe schlafen. Und so dümpelt das Buch dann einige Seiten lang vor sich hin, obwohl es interessante (und tatsächlich wahre) astronomische Details enthält.
Nach einem dramatischen Finale, das glücklicherweise kein Happy End ist (das hätte ich dann nicht mehr ertragen und das Buch dann doch zum reinen Frauenroman werden lassen), gibt es aber auch schriftstellerisch ein unbefriedigendes Ende; es liest sich mal eben hingeschrieben und nicht so packend, wie der wirklich gute Anfang. Es bleiben Fragen offen, Handlungsstränge werden nicht zuende geführt, alles kommt doch sehr abrupt zum stehen. Da scheint also Frau Duncker im Laufe der Strecke die Luft ausgegangen zu sein. Mein Fazit: warten, bis das Buch als Taschenbuch zu bekommen ist, dann kann man es gut lesen.
Nicht nur im Titel erinnerte mich das Buch übrigens an eines, mit dem ich seinerzeit in der Schule ausgiebig gequält wurde: Friedrich Dürrenmatts „Der Richter und sein Henker„, das ich mir zum Vergleich trotz der negativen Erinnerung spontan kaufte und direkt hinterher las. Dabei fiel mir mal wieder auf, daß die Bücher, die ich im gymnasialen Deutschunterricht lesen mußte, oft tatsächlich gar nicht so schlecht waren, sie zu Recht gelesen werden sollten. Allerdings wurde mir auch sehr klar, daß der Unterricht und das krampfhafte Zerpflücken eines Buches nicht gerade zur Literaturpflege taugt. Natürlich hat man mit geschätzten 15 Jahren andere Dinge im Kopf, als einen alternden, schweizer Kriminalbeamten und seinen Lebensfeind. Trotzdem bin ich mir sicher, daß man das Buch und die darin enthaltende Gesellschaftsstudie auch spannender hätte vermitteln können und ohne ein Werk auf Jahre in der Erinnerung zu demontieren.
Dürrenmatt auf jeden Fall erzählt seine Geschichte viel stringenter und schlüssiger, benötigt nicht so viel Firlefanz drumherum, ist mit seinem Ende sicher mindestens genau so überraschend wie Duncker, schafft es aber, den Bogen von Anfang bis zum Ende zu halten. Wenn man bedenkt, daß dies Dürrenmatts erstes Buch war und Ducker schon einige schrieb, so muß Duncker deutlich noch etwas üben, um die Qualität zu erreichen. Masse (die Richterin ermittelt auf 348 Seiten, der Richter auf 118) schlägt deutlich nicht klasse. „Der Richter und sein Henker“ gibt es natürlich als Taschenbuch und da dies selbst neu für nur 4,95€ (gebraucht bereits ab einem Cent) zu haben ist, lohnt sich diese Investition auf jeden Fall.
Falls jemand von Euch auch beide Bücher gelesen haben sollte, so wäre ich über Eure Meinung sehr gespannt.