Alle die viel und gern photographieren kennen das Spiel: die Speicherkarte ist voll, man läuft zum Rechner und rödelt die ganzen Bilder auf die Platte. Wie oft schon hat man sich gewünscht, daß sie doch schon einfach da seien, wenn man seine Bilder geschossen hat. Nun. Das geht. Mit jeder Kamera. Mittels einer Eye-Fi – Karte.
Im Zuge der Miniaturisierung der Technik ist heute in modernen SD – Speicherkarten eine „Menge“ Platz. Während man früher froh war, einen 512MB – Speicherchip in das Gehäuse pressen zu können, sind heute schon Modelle mit bis zu 64GB zu bekommen. Das wiederum halte ich ja für sehr gefährlich, denn wenn so eine Karte mal keine Lust mehr hat, dann ist der Verlust gigantisch. Aber man kann den Platz für etwas anderes nutzen; zum Beispiel, um dort eine komplette W-LAN – Karte mit einzubauen. Genau das ist das Funktionsprinzip von Eye-Fi: zusätzlich zur normalen 8GB – Speicherfunktionalität mit class 6 – Geschwindigkeit funkt die Karte auch noch per W-LAN mit bis zur n – Geschwindigkeit. Damit lassen sich also alle geschossenen Bilder direkt auf den Rechner übertragen und man kann sie sofort auf einem großen Bildschirm ansehen und bearbeiten. Wer Programme wie Lightroom oder Aperture nutzt, dem werden über die Autoimport – Funktion alle Photos direkt bis ins Programm geliefert. Sehr, sehr praktisch.
Nebenher kann die Karte noch mehr: besteht Internetzugang, so können alle Photos direkt auf Facebook, Picasa, oder ähnlichen Portalen veröffentlicht werden. Videos schießt die Karte auf Wunsch umgehend auf YouTube raus. Diese Funktionen sind Spielerei, aber es gibt ja Menschen, die sowas mögen. Weiterhin gibt es einen Dropbox – ähnlichen Server (leider nicht Dropbox selbst), mit dem man optional die Photos auf verschiedene Rechner synchronisieren kann. Außerdem versieht Eye-Fi die Bilder direkt mit GeoTags, wenn man das möchte. Die allerdings nicht auf GPS – Basis (so klein sind die Chips dann doch noch nicht), sondern anhand von W-LAN – Zugriffspunkt – Karten. Das klappt logischerweise nicht immer und gehört aber auch zu den Punkten, die ich nicht so wichtig finde. Toll finde ich, daß man unterwegs bei Straßenphotographie oder mit Freunden sich die Bilder direkt auch aufs Display von iPhone und iPad schicken lassen kann. Gerade mit dem iPad macht das schon richtig Spaß. Natürlich gibt es die dazugehörige App auch für Android – Systeme.
Für Leute, die sich überhaupt keine Gedanken mehr über ihre Speicherkarte machen möchten, beherrscht die Karte auch den „Endless Memory Mode“, bei der die ältesten, bereits lange übertragenen Dateien einfach überschrieben werden. Gab es keine Übertragung, überschreibt die Karte selbstverständlich nichts; sie ist dann eine ganz normale Speicherkarte, die man mit jedem herkömmlichen Kartenleser nutzen kann.
Bis hierhin also ein „beide Daumen hoch“ – Produkt, das seinen Preis von 90,00€ (für die größte und schnellste Version mit RAW – Unterstützung) ganz, ganz locker wert ist — erst recht, wenn man sich klarmacht, daß die Profi – W-LAN – Übertrager von Canon und Nikon zwischen 500,00 und 800,00€ kosten und dabei noch viel größer, schwerer und unhandlicher sind.
Kommen wir zu den Schattenseiten: Besitzer von Cameras mit CompactFlash – Karten können Eye-Fi auch mit Adapterkarten in der Regel nicht einsetzen (es soll Ausnahmen geben). Die Adapter decken die baubedingt kleine Antenne zu sehr ab und Karten im CF – Format gibt es leider nicht.
Viel schlimmer und absolut unverständlich finde ich allerdings den Konfigurierungsprozeß der Karte. Wie immer wird in den Käuferkommentaren beispielsweise bei Amazon heillos übertrieben (oder die Anwender waren halt mental völlig überfordert, weil man mal ausnahmsweise bei der Installation nicht einfach immer nur auf Return drücken kann), trotzdem muß man festhalten, daß jede Konfiguration abseits der Standardvorgabe (Funk über lokalem W-LAN – Router) Frickelei bedeutet; die Direktsynchronisation ohne zwischengeschaltetem Router beispielsweise mit dem iPad benötigt Ruhe, Geduld, Zeit und Demut. Aber dann klappt es plötzlich, man hat die etwas umständliche Denke hinter dem Prozedere verstanden und ab dann läuft auch alles absolut zuverlässig.
Eine Todsünde allerdings ist die Tatsache, daß man bei jeder Umkonfigurierung der Karte einen Internetzugang haben muß; nur das Einstecken in den (mitgelieferten oder sowieso vorhandenen) Kartenleser am Rechner reicht leider nicht aus. Das ist in meinen Augen nicht nur völlig überflüssig, sondern vor allem absolut tödlich, wenn man „mal eben“ unterwegs etwas ändern möchte und es nicht kann, weil es kein Internet gibt. Während eine einfachere Konfiguration schön wäre, ist für mich eine Konfiguration ohne Internetzugang ein Top 1 – Punkt auf der ToDo – Liste der Entwickler.
Im Internet wurde bei ein paar Beurteilungen der Karte bemängelt, daß die Übertragung der Bilder grundsätzlich über den Eye-Fi – Server erfolge, die Photos also am eigenen Rechner vorbei in die Staaten übertragen würden und von dort aus erst wieder auf den Rechner. Das stimmt so nicht. Diese Funktion ist möglich, wenn man das möchte (und kann bei der Synchronisation mit mehreren Rechnern, oder bei Agentur-/Pressephotographen auch eine tolle Funktion sein, weil dann alle Bilder zehn Sekunden nachdem man sie geschossen hat, schon vollautomatisch in der Redaktion sind), allerdings ist im Normalbetrieb die lokale Übertragung viel sinnvoller und auch einrichtbar. Die teilweise vorgetragenen Datenschutzbedenken sind also haltlos.
Die Eye-Fi – Karte gibt es in verschiedenen Ausbaustufen. Kleinere Karten haben teilweise „nur“ 4GB physikalischen Speicherplatz, können kein GeoTagging, und übertragen vor allem keine RAW – Dateien. Für eine Taschenknipse ist das aber völlig ausreichend und da kostet dann die Variante auch nur 49,00€. Auch muß man aufpassen, daß man nicht alte Modelle zum alten (sprich: teureren) Preis bekommt. Die von mir gekaufte und oben abgebildete Eye-Fi Pro X2 ist das derzeitige Topmodel, das dann eben auch RAW unterstützt.
Sehr interessanter Bericht!
Bei dem naheliegenden Vergleich mit den wirklich sehr teuren W-Lan-Übertragern der Marken Canon und Nikon sei aber fairerweise auch zu sagen, dass die Kommunikation da auch rückwärts läuft und die Steuerung sämtlicher Kamerafunktionen vom Rechner aus funktioniert. Bei interesse kann man sich übrigens in dieser Angelegenheit auch mal über folgende Alternative eines begnadeten Bastlers (unter anderem Tilt-Objektive der Marke Eigenbau!!) belesen.
http://www.photo-worx.de/privat/
(^^ ich hoffe, der Link ist privat genug für die Regelung deines Impressums)
Er geht unter dem Punkt „DIY wireless File-Transmitter“ auf die drahtlose Übertragung ein. Sehr interessant.
Und sag mal, hast du nicht gesagt dass Deine Nikon CF-Karten als Speichermedium verwendet?
Oder verwechsel ich das grade?
Du hast recht, die teuren Übertrager der Kamerahersteller können deutlich mehr, allerdings passen sie auch nicht einfach an jede Kamera, sondern nur immer an ganz bestimmte Modelle. Für meine D60 gibt es beispielsweise gar keinen „offiziellen“ W-LAN – Funker. Ehrlicherweise ist für mich die komplette Funkfernsteuerbarkeit der Kamera auch kein wichtiges Feature; aber da hat jeder sicher seine ganz eigenen Vorlieben und Bedürfnisse. Darüber hinaus ist die W-LAN – Geschwindigkeit bei Nikon/Canon maximal nach dem g – Protokoll, Eye-Fi unterstützt auch das n – Protokoll und ist somit deutlich schneller.
Im Link wird übrigens noch eine sehr alte Version der Eye-Fi – Karte besprochen. Die Übertragung von RAW – Daten und der AdHoc – Modus sind mittlerweile möglich.
Die Bastellösung ist tatsächlich auch sehr interessant, weil schnell. Mich würde allerdings das verkabelte Beltpack nerven.
Und das mit den Speicherkarten verwechselst Du. Ich arbeite mit SD – Karten.
Ja, sehr interessante Info für mich, wo ich die verkabelte Datenübertragung von der Kamera zum PC immer sehr lästig finde. Mich würde interessieren, welche Kombination Eye-Fi-Karte/CF-Adapter in eine Olympus E-620 funktionieren würde.
Danke für den umfangreichen Bericht!
Stefan
Für linux gibt es übrigens Dank der Frickelei eines Users die Möglichkeit, die Karte eigentlich recht simpel via Kommandozeile und ohne aktiven Internetzugang zu konfigurieren.
Nachtrag:
Am 1. Sept. 2011 hat der Hersteller Toshiba in einer Pressemitteilung ein neues Produkt „FlashAir“ angekündigt.
Im Unterschied zur eye-fi-Karte soll der Datenaustausch nicht nur zu einem Server, sondern auch von SD-Karten untereinander möglich sein.
Hier ein paar techn. Infos von Toshiba im folgenden Zitat:
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Key features:
Product name: THNSW008GAA-A
Capacity: 8GB
Price (tax included): Open
Start of sample shipping: November 2011
Start of sale: February 2012
Note: The above product name is for the Japanese market.
Specifications:
Standard: SD Memory Card Standard
Wireless LAN Standard: IEEE 802.11b/g/n
Wireless LAN security: WEP, TKIP, AES (WPA, WPA2)
Card capacity: 8GB
Speed class: Speed Class 6
Applicable format: JPEG, RAW, MPEG, etc
Power Supply Voltage: 2.7-3.6V
Operating Environment: Temperature: -25°C to 85°C
Relative humidity: 95% at 25°C (no condensation)
External dimensions: 32(L)×24(W)×2.1(T)(mm)
Weight: Approx. 2g
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Zitatende
Grüße
Stefan
Von der Toshiba – Karte habe ich auch schon gelesen. Sie soll Anfang 2012 für den asiatischen Markt verfügbar sein, in Europa irgendwann im Frühjahr. Unterschied zu Eye-Fi ist im wesentlichen, daß man auch Daten auf die Karte drauf funken kann — was ich jetzt nicht so spannend finde.
Du nutzt den Begriff „Server“…… die Eye-Fi – Karte funkt im Direct Mode direkt mit einem Laptop oder iPad und im Lokalmodus über einen Router direkt mit einem Rechner, ohne daß die Daten das Haus verlassen. Die Datenübertragung über eine Cloud ist nur eine Option, die zwar standardmäßig angewählt ist, aber ganz leicht abzuschalten ist. Ich betone das, weil bei einigen Produktbesprechungen bemängelt wurde, daß das nicht ginge.
Ob die Toshiba – Karte im Unterschied zur Eye-Fi – Karte auch ohne Internetzugang konfiguriert werden kann, geht aus den mir vorliegenden Informationen leider nicht hervor. Das wäre ein dickes Argument.