Wir haben nun in den letzten vier Tagen drei Kontrollen des Zolls auf unserer Tour gehabt. Von Kollegen erfuhr ich, daß wir nicht die einzigen sind, die Besuch von den Kollegen mit dem Bundesadler auf dem Arm bekommen. Da scheint richtig was zu passieren. Heute das erste Mal nicht nur Fragen bei den örtlichen Mitarbeitern, sondern auch bei der Tourcrew. Mit Verweis auf die in wenigen Minuten startende Show (die Zöllner kamen keine 20 Minuten vor Showbeginn) gab es nur kurze, grundsätzliche Fragen an uns, die aber erkennen ließen, daß auch das Thema Scheinselbständigkeit/weisungsgebundenes Arbeiten neben den bisher kontrollieren Punkten AÜ, Harz IV und 34a auf dem Zettel steht.
Wenn sich diese Kontrollfrequenz etabliert, dann werde ich mir ernsthaft Gedanken darum machen müssen, wie man vor Ort mit dem Thema umgeht. Ich bin als Angestellter ja bisher nicht betroffen, aber muß als Verantwortlicher schon schauen, daß die Kontrollen knackig über die Bühne gehen. Ggf. muß man schon bei der Buchung von Personal darauf bestehen, daß gewisse Papiere immer mitgeführt werden.
Ich bin ja nun lange raus aus der Branche, aber müssen die Papiere nicht sowieso grundsätzlich mitgeführt werden, wenn´s „auf Baustelle“ geht?
Im Zuge der digitalen Datenverarbeitung wurde der klassische Sozialversicherungsnachweis für Angestellte abgeschafft. Die Zöllner arbeiten mit Rechnern und UMTS. Aber es ist schon hilfreich, bei Freelancern die Clearance der BfA dabeizuhaben.
Langfristig wird sich der eigentliche Freelancer als Techniker ebenfalls erledigt haben, denn auch hier liegt gößtenteils Scheinselbständigkeit vor.
*Besserwissermodus an* Es gibt keine Betrugsanstalt für Ahnungslose (BfA) mehr, auch keine LVA. Die heißen schon geraume Zeit Deutsche Rentenversicherung Bund (alte BfA) und Deutsche Rentenversicherung des Landes… (alte LVA) *Besserwissermodus aus*
Aber so ganz ehrlich, ich finde es nicht verkehrt, wenn gegen Scheinselbständigkeit vorgegangen wird, ehrliche Firmen, besonders die kein Lohndumping betreiben, können davon doch eigentlich nur profitieren.
Für Gewerbebetriebe ist ein selbständiger Mitarbeiter bestimmt lukrativer, da die hohen Lohnnebenkosten wegfallen, aber es wurde und wird einfach zuviel Schindluder damit betrieben und wenn ich Stellenanzeigen von Rechtsanwälten! lese, die eine Sekretärin in Vollzeit als Selbständige oder Honorarkraft mit einem unbefristeten Vertrag suchen, da stellen sich bei mir die Nackenhaare auf. Und bei bestimmte Branchen (Baustellen, Schausteller usw.) vermutet man eher Scheinselbständige, als z.B. bei einem Anwalt.
Tina, die Sorte Beschiß läuft mittlerweile überall. Mein aktueller Liebling sind selbstständige Gabelstaplerfahrer und Lagerarbeiter, die Werkverträge bekommen. Aber wie die Regeln im Rock´n Roll angewandt werden sollen, ist mir nicht klar. Als Runner konnte ich seinerzeit ziemlich selbstständig arbeiten und in Vor-internet-Zeiten war auch kaum überprüfbar, ob ich die vor Ort sinnvollsten Läden ansteuerte, aber welche nicht weisungsgebundene Handlungen sind z.b. für Stagehands im Truck, an der Truss oder PA möglich?
Das ist ein so ein tolles Thema mit so vielen wenn und abers…
Zur Beurteilung ob jemand scheinselbstständig arbeitet oder nicht ist von mehr Faktoren abhängig als nur der Weisungsgebundenheit… Für mehrere Firmen zu arbeiten ist ein weiterer wichtiger Faktor… und wenn jemand ein halbes Jahr… naja, sagen wir mal ein dreiviertel Jahr oder länger alleine für einen Firma arbeitet ist das, meiner Meinung nach, keine Selbstständigkeit mehr. Natürlich wird die Person für diesen Zeitraum keinen befristeten Arbeitsvertrag bekommen, da es, wie Tina schon sagte, lukrativer ist einen freelancer zu buchen. Aber das ist auch der Punkt wo ich sage, einen freelancer zu beschäftigen müsste eigentlich teurer sein als jemanden fest anzustellen… Ich will jetzt nicht zum x-ten mal eine Diskussion über Tagessätze anstossen, es ist aber einfach alles mit allem ineinander verstrickt… es gibt Gesetze und an die gilt es sich zu halten… zumindest im Großen und Ganzen… und nur weil wir nur wenige in einer besonderen Branche sind, bedeutet das nicht, das wir uns in einem rechtsfreien Raum bewegen…
Und um auf das Ausgangsthema zurück zu kommen… eine konkrete Aussage was an Papieren mitgeführt werden muss, um solch eine Situation schnell und professionell abzuarbeiten, wäre schonmal sehr hilfreich aber ausser Sagen und Mythen ist es schwer etwas in Erfahrung zu bringen…
Die letzten Monate zeigen, daß man wohl die bislang gültigen Regeln durch Veränderungen vernachlässigen kann. Die Zöllner prüfen vor Ort den ganz konkreten Status in einer ganz konkreten Produktion.
Ein Beispiel: ein Techniker ist bei einer Tour Lichtdesigner. Da ist er Freelancer und das ist auch gut so. Vier Wochen später ist er bei einer anderen Produktion Licht 4. Da ist er Weisungsempfänger und für diese Produktion muß man ihn anstellen.
Manche Zöllner akzeptieren noch die Clearance des Rentenversicherungsträgers. Hilfreich vor Ort sind konkrete Arbeitsverträge mit klaren Jobbeschreibungen.
Wie zur Bestätigung Deines Posts konnten wir dann vergangenen Samstag in der Siegerlandhalle den Zoll bei seiner Arbeit beobachten.
War da nicht mal was mit einem Aktenordnercase? Das wirst du dann wohl demnächst wieder brauchen….;-)