Schon letzten Sonntag war ich in der Alten Pinakothek in München und jetzt will ich mir dann doch mal eben die Ruhe nehmen, Euch ein wenig davon zu erzählen. In München gibt es drei Pinakotheken („Bildersammlungen“), die alle dicht beieinander liegen: die Alte, die Neue und die Moderne Pinakothek. Mein Besuch galt der Alten Pinakothek, mit deren Sammlung vor 500 Jahren alles begann. Die Pinakotheken haben tatsächlich schon eine so lange Tradition; nirgends sonst trifft man auf solch eine fundierte Sammlung.
Wenn man das Gebäude betritt, muß man erst mal seinen Weg zu den Bildern machen, muß die Treppen zu dem Alten Meistern heraufsteigen. Ich weiß nicht, ob das die Idee des Architekten beim Wiederaufbau des Gebäudes nach dem Krieg war, aber für mich ist das eigentlich ein ganz schönes Bild: die großen Maler auf ihrem Olymp zu besuchen. Der Eintritt beträgt übrigens nur einen Euro; mehr eine Schutzgebühr, als wirklicher Eintritt. Das finde ich wirklich klasse, daß europäische Hochkultur so wirklich jedem zugänglich gemacht wird. Selbst der elektronische Führer kostet nur eine Leihgebühr von vier Euro, so daß man für einen Fünfer komplett versorgt ist.
Die Sammlung selbst ist eine Abfolge von mehreren Sälen, die Ihr hier zurückschauend seht, neben denen es noch einen langen seitlichen Gang und ein paar Nebenausstellungen gibt. Die Beleuchtung in den Hauptsälen ist wirklich gut gelöst, in den Nebenausstellungen leider nicht immer ganz optimal; manchmal reflektiert das Licht der Fenster doch sehr stark in dem zum Schutz der Bilder angebrachten Glas.
Da hängen sie nun, die großen, alten Gemälde. Und manche hauen mich dann doch ob ihrer Detailvielfalt, ihrer auch einem völligen Laien wie mich erkennbaren Genialität, einfach um. Einige davon möchte ich Euch hier zeigen; die meisten davon kann man auch noch mal größerklicken. Natürlich liegen die Rechte der Bilder bei der Pinakothek oder den Erben der Maler.
Weiter geht es mit vielen Bildern aus der Ausstellung nach dem „Weiterlesen“ – Link.
Manchmal treten in der Ausstellung aber auch Fragen auf. Wie kann ein Maler wie Albrecht Altdorfer, dessen Bild „Schlacht bei Issus“ Ihr oben seht und das ich wirklich beeindruckend finde…
… dann einen solchen Religionskitsch wie bei seinem Werk „Mariae Geburt“ malen. Das geht in meinen Kopf wirklich nicht rein. Die beiden Bilder unterscheiden sich wie Tag und Nacht und ich würde eigentlich nicht glauben wollen, daß sie tatsächlich der gleiche Künstler schuf.
Religionskitsch ist ein gutes Stichwort. Davon gibt es in der Ausstellung tatsächlich eine Menge. Was an der Zeit und vielleicht auch an Bayern liegt. Oben seht Ihr einen Ausschnitt aus „Krönung Mariae“ von den Meistern der Lyversberger Passion. Wenn das also der Himmel sein soll, in dem dann verzückte Engel Blockflötenkonzerte (!) geben, dann will ich da nicht hin. Ich will da ganz offen Max Raabe zustimmen, der eine Blockflöte in falschen Händen ähnlich lebensgefährlich einstuft wie Schußwaffen.
Sandro Botticellis „Die Beweinung Christi“ — Ihr seht auch hier nur einen Ausschnitt — zeigt außerdem, warum das Leben als Heiliger sehr mühsam ist: mit diesen Tellern auf dem Kopf stößt man ja überall an. Nein, nein, da ist mein weltliches Leben als Veranstaltungstechniker schon besser.
Wenden wir uns also wieder der weltlichen Malerei zu. Hier beispielsweise dem Bild „Römischer Kalkofen“ von Sebastian Bourdon. Das sind Gemälde, die ich mag, aus denen kein Fanatismus quillt, die mich zum Stehenbleiben, ansehen und wirkenlassen animieren. Die aus heutiger Sicht keine Karrikatur ihrer selbst sind.
Auch „Seesturm“ von Joseph Vernet gefällt mir sehr gut. Beiden Bildern ist gemein, daß sie innerhalb der dunklen Farben in denen sie gemalt sind noch so viele Details, noch so viele Nuancen bergen, daß es eine Lust ist, sie zu ergründen und ihnen Zeit zu geben.
Natürlich darf man den Rundgang nicht beenden, ohne bei Peter Paul Rubens stehengeblieben zu sein. Neben seinen beleibten Frauen und imposanten Jagt- & Tierbildern gibt es von ihm auch Religiöses. Und da mag man vielleicht auch verstehen, warum die Leute früher nicht in die Hölle wollten — bei solchen Darstellungen.
Selbstverständlich gibt es noch viel, viel mehr zu sehen. Leider lassen sich viele Gemälde einfach schlecht photographieren (was ohne Blitz tatsächlich erlaubt ist). Rembrandt beispielsweise hat mir auch sehr gefallen, ist hier aber leider nicht darstellbar. So müßt Ihr also doch mal selbst hingehen. Noch ein Tip: im Sommer unbedingt einen Pullover mitnehmen; es ist recht kühl klimatisiert.
Nachtrag: tatsächlich war ich nicht allein in der Pinakothek, sondern in charmanter Begleitung, die nun meinen Bericht hier las und mich ermahnte. Ich würde nicht alles sehen. Sie beispielsweise würde in Botticellis „Die Beweinung Christi“ die Pappendeckel nicht stören, sondern viel mehr die zärtliche Geste Maria Magdalenas würdigen, mit der sie den Kopf Christi halte. Darin läge mehr Sprengstoff. Und ich muß zugeben: da hat sie Recht. Vielleicht gehe ich an die religiösen Bilder zu ketzerisch heran und sehe nicht das Bild an sich. So wurde ich ermahnt, daß es bei diesen Bildern um Schönheit, Andacht und innere Bewegung ging. Nun, vielleicht sollte ich mir das eine oder andere Bild vielleicht noch einmal ansehen. Weniger ketzerisch. Beim Botticelli könnte ich mir tatsächlich vorstellen, daß ich meine Meinung revidiere. Bei den Marienbildern müßte ich mir das aber noch mal überlegen.
Die Alte Pinakothek ist wirklich traumhaft! Ich war ja auch schon zwei Mal dort und habe beide Male Ewigkeiten darin verbracht. Im Grunde müsste man aber an zwei Tagen hingehen, weil gegen Ende echt die Konzentration nachlässt – war bei mir zumindest nach 3 Stunden so.