Was Ihr wollt

Gestern Abend kam ich zufällig auf dem Weg zur U-Bahn am Thalia Theater vorbei, eigentlich stand für den Abend Kino auf dem Programm, doch dann fiel die Entscheidung spontan anders: „Was Ihr wollt“ von Shakespeare hatte ich noch nie gesehen, ehrlicherweise war noch nichtmal die grobe Handlung bekannt und da Kultur nie schadet, wurde der Plan geändert.

Als sich der Vorhang hob, gab es ein quitschbuntes Wald – Bühnenbild, sieben Schauspieler und einen Musiker mit ’nem Rhodes auf der Bühne und daran sollte sich die folgenden zwei Stunden netto Spielzeit auch nichts ändern. Alle Personen waren immer auf der Bühne (eine Schauspielerin ist hier nicht auf dem Bild, weil sie zu Anfang ganz still und unauffällig am linken Bühnenrand saß und ich sie zum Zeitpunkt des Photos noch nicht entdeckt hatte, was sicher im Sinne des Regisseurs lag), es gab nur dieses eine Bühnenbild und wer Angst hätte, daß sich dadurch zu wenig Möglichkeiten ergeben, dem kann diese Angst spontan genommen werden. Am Ende des Abends sah die Deko zwar etwas verwüsteter aus, aber sie war perfekte Kulisse für perfektes Schauspiel.

Nicht nur im Bühnenbild wurde gespart, auch bei der Besetzung wurden einige Rollen zusammengelegt, es war also gewissermaßen ein Kammerspiel, die Umsetzung aber grandios. Wenn Mirco Kreibich das Zwillingspaar Viola und Sebastian gibt, dann macht er das so unglaublich überzeugend und so perfekt, daß jederzeit klar ist, welche Rolle er da nun gerade spielt. Es tut auch nichts zur Sache, daß er dann gerade einen BH trägt, wenn er in den männlichen Part schlüpfen muß, aufgrund seiner Körpersprache weiß man immer, woran man ist. Auch Karin Neuhäuser hat neben Narr und Zofe noch andere Kleinrollen übernommen und sie entwickelt daraus in ihrer schnodderigen, herrlichen Art so etwas wie die Klammer, die das ganze Stück zusammenhält.

Die Inszenierung von Jan Bosse folgt ganz sicher nicht der Textvorlage und ich kann mir vorstellen, daß der Lehrer der Schulklasse, die mit im Zuschauerraum saß, vielleicht nicht ganz glücklich war über das, was an witzigen und oft spontan scheinenden Dialogen da von der Bühne kam. Ehrlicherweise fing das Stück erst so an, wie ich Shakespeare erwarten würde, kam aber dann in Fahrt und entwickelte einen unglaublichen Drive, bei dem es großen Spaß machte, ihm zuzuschauen und zu hören. Allein das Ende … die letzten fünf Minuten brachen dann doch etwas zusammen. Ich hatte den Eindruck, daß Bosse im Schluß das versuchen wollte, was es den ganzen Abend bislang (…zum Glück…) nicht gegeben hatte: große, ernsthafte, seriöse Kunst mit Anspruch. Ja, zugegeben, die Inszenierung war oft mehr Slapstick und Klamauk als „seriöses“ Theater; das aber extrem gut umgesetzt, sodaß ich eine echte Freude daran hatte. Der Versuch, auf den letzten Metern dann doch noch Tiefgang zu wagen, ist in meinen Augen aber gefloppt.

Nichtsdestotrotz war es ein vergnüglicher Abend mit einem herausragenden Ensemble. Und allen, die glauben, daß ein Theaterbesuch teurer als der Gang ins Kino sein muß, sei gesagt: das Ticket kostete nur 13,00€, viel billiger wäre ein aktueller Film auch nicht geworden. Ein Theaterbesuch loht sich also allemal.

Oberhafenviertel

Heute war das Wetter so umwerfend schön, daß ich alles, was ich mir vorgenommen hatte, einfach liegenließ und loslief. Mein Weg führte mich ins Oberhafenviertel, einem Lagerviertel im Umbruch, aus dem Ihr in der nächsten Woche auch Photos in meinem Photoblog sehen werdet.

Eingezwängt zwischen alten Hafenkanälen und den sich verzweigenden Trassen des Hauptbahnhofs liegt ein Lagerviertel, nicht ganz so alt wie die Speicherstadt, dafür aber mit Gleisanschluß für alle Lagerhäuser. Schön heruntergekommen und noch nicht todsaniert. Wobei zur Zeit noch nicht endgültig feststeht, was mit dieser Gegend mitten in der Stadt geschehen soll.

Eine ganze Reihe Künstler arbeiten heute schon neben den althergebrachten Gewerbebetrieben in dieser Gegend und das führt zu schönen Kontrasten, wie beispielsweise dieser kleinen Stereoanlage fürs Wohnzimmer.

Die meisten, aber eben nicht alle Gleise werden nicht mehr befahren; man muß also doch noch aufpassen, wo man langläuft, wenn man sich ins Gleisbett begibt. Diese große Stückguthalle ist bis heute zumindest zu einem kleinen Teil immer noch in Benutzung.

Die Halle hinter dieser Türe, unter einer Eisenbahnbrücke gelegen, nicht mehr.

Mir gefällt die Gegend und ich werde sie sicher nochmal besuchen. Auch weil es dort die Oberhafen – Kantine gibt, die sowieso immer einen Besuch wert ist.

Randy Newman

Heute hatte ich einen recht entspannten Job: Randy Newman spielt sein Soloprogramm in der Hamburger Laeiszhalle und wir durften die dazugehörige Technik stellen. Alle waren zufrieden, das Publikum ging unglaublich mit (damit hätte ich in diesem Rahmen so nicht gerechnet), was will man mehr.

Ei – Verstärker

Hochinteressant finde ich es, daß man im Zweifelsfall jeden Scheiß heutzutage verkauft bekommt, wenn bloß eine Dockingstation für ein Fallobst – Produkt darin integriert ist — wie beispielsweise diesen Gitarrenverstärker. Optischer Gesamteindruck, Haptik und Preis lassen spontan vermuten, daß es sich eher nicht um ein hochwertiges Produkt handelt, daß die Gitarre, die man daran anschließen kann, deutlich nicht nach Marshall oder Fender, sondern eher nach Casio (ich denke da insbesondere an das VL1) klingen wird. Mit sicherem Instinkt haben die Produktentwickler die in diesen Zeiten einfach unwichtige Eigenschaft „Qualität“ vernachlässigt, sondern das Killer – Argument eingebaut, das den Verstärker sicher zum Verkaufshit werden läßt: eine iPad – Mulde.

Super.

Welch‘ Innovation.

Auf der anderen Seite: wer drauf reinfällt ist selbst schuld.

erste Reaktionen zum zweiten Teil der Digitalen Dividende

Die Ankündigung, daß auch das 700MHz – Band der mobilen Telephoniererei und mobilem Internet zugeschanzt werden soll, hat in der Branche eingeschlagen wie eine Bombe, hat man doch gerade in den letzten Monaten erst neue Geräte kaufen müssen, weil die alten Frequenzen aus dem 800MHz – Bereich schon an die Handyanbieter verschachert wurde. Erste Reaktionen und Einschätzungen gibt es dazu hier. Ich selbst bin bei der Einschätzung, daß vor 2020 nichts zu befürchten sei, äußerst skeptisch. Bei der Dititalen Dividende 1 hat man ja auch erzählt, daß vor 2015 nichts zu befürchten sei und nun ist das Thema deutlich früher Realität. Wir sind als Branche einfach viel zu klein, als daß man gegen Telekom, Vodefone & Konsorten anstinken könnte.

Allerdings rächt sich nun auch, daß die Einteilung der Welt in nur drei Funkzonen vielleicht doch ein wenig sehr grob ist. In Afrika, das mit Europa eine Zone bildet, ist die Struktur eine ganz andere, es gibt faktisch keine terrestrischen Fernsehsender und ehrlicherweise ist auch die Veranstaltungstechnik in den meisten Gegenden etwas … bodenständiger, als hier. Vielleicht sollte man als erstes mal darüber nachdenken, die Zone 1 zu teilen. Aber ich bin mir sicher, daß soweit niemand der Verantwortlichen denken wird.

Watch your step

Manche Hinweise sind ja sehr hilfreich, weil man eine Gefahr sonst wirklich nicht bemerkt hätte — wie beispielsweise diese kleine Stufe, über die man sicher stolpern würde, gäbe es nicht das Schild, das die Aufmerksamkeit dahin lenkt, wo es wichtig ist …… auf die zu erwartende Zerrung, wenn man, ohne Tänzer oder Gymnastikartist zu sein, versuchen würde, mal eben diese Stufe zu nehmen.

Ich schieße scharf

Wir haben hier auf dieser Produktion einen 35m langen, fahrenden Vorhang und wenn die Halle mal nicht hoch genug für den Vorhang ist, dann muß man ihn halt irgendwie umstecken. Bislang machte ich das immer mit Sicherheitsnadeln, was eine elende Fummelei beim Kürzen und auch am nächsten Tag beim Entfernen der ganzen Sicherheitsnadeln war. Mein Kollege Thorsten, gelernter Dekorateur, brachte mich auf eine viel bessere Idee: eine Tagging – Pistole. Ihr kennt alle doch diese dünnen, doppel – T – förmigen Plastikfäden, mit denen im Klamottenladen zum Beispiel die Preisschilder an den Kleidungsstücken befestigt sind, oder manchmal die Socken als Paar zusammengehalten werden. Damit kann man eben auch einen Vorhang umstecken. Das geht etwas schneller und eleganter als mit Sicherheitsnadeln. Der Clou kommt aber, wenn man den Vorhang wieder auf Originallänge braucht: man zieht mit einem Schwung am unteren Ende, die Plastikfäden reißen, man schüttelt den Vorhang einmal aus und ist fertig. Super !

Es gibt diese Pistolen in vier verschiedenen Ausführungen: für feine und für dicke Fäden, für normale und extralange Fäden. Ich selbst habe eine Pistole in feiner, normallanger Ausführung und nutze 7mm lange Fäden. Das klappt auch bei dickeren Stoffen gut. Eine Investition, die sich echt gelohnt hat.

erneuter Besuch

Wir haben nun in den letzten vier Tagen drei Kontrollen des Zolls auf unserer Tour gehabt. Von Kollegen erfuhr ich, daß wir nicht die einzigen sind, die Besuch von den Kollegen mit dem Bundesadler auf dem Arm bekommen. Da scheint richtig was zu passieren. Heute das erste Mal nicht nur Fragen bei den örtlichen Mitarbeitern, sondern auch bei der Tourcrew. Mit Verweis auf die in wenigen Minuten startende Show (die Zöllner kamen keine 20 Minuten vor Showbeginn) gab es nur kurze, grundsätzliche Fragen an uns, die aber erkennen ließen, daß auch das Thema Scheinselbständigkeit/weisungsgebundenes Arbeiten neben den bisher kontrollieren Punkten AÜ, Harz IV und 34a auf dem Zettel steht.

Wenn sich diese Kontrollfrequenz etabliert, dann werde ich mir ernsthaft Gedanken darum machen müssen, wie man vor Ort mit dem Thema umgeht. Ich bin als Angestellter ja bisher nicht betroffen, aber muß als Verantwortlicher schon schauen, daß die Kontrollen knackig über die Bühne gehen. Ggf. muß man schon bei der Buchung von Personal darauf bestehen, daß gewisse Papiere immer mitgeführt werden.

entdeckt

Unsere Branche ist im Wandel. In den vergangenen Jahren wurden immer weitere Teile gesetzlich neu geregelt …… oder es wurden Gesetze auf unsere „Welt“ angewandt, die eigentlich für ganz andere „Baustellen“ gedacht waren. Seit einiger Zeit nun müssen wir ganz regelmäßig Kontrollen des Zolls erleben, allein wir in den vergangenen Tagen zwei Mal !  Leistungsempfänger, Arbeitnehmerüberlassung, Scheinselbständigkeit und nun auch §34a bei Ordnern. Wir scheinen also in den Fokus der Behörden geraten zu sein.

Mir ist natürlich klar, daß sich alle an geltendes Recht halten müssen. Auf der anderen Seite glaube ich aber auch, daß Recht sich am realen Leben orientieren muß. Wenn man ehrlich ist, dann birgt unsere Arbeit ja noch ein paar andere Angriffsflächen, um Touring komplett lahmzulegen. Allein die aktuellen Umstellungen bezüglich Arbeitnehmerüberlassung bedeuten Mehrkosten von etwa 40% bei Helfern, wenn ich den Informationen eines großen Konzertveranstalters glauben darf — oder eben dementsprechend weniger Verdienst der Hands. Schon jetzt erleben wir unterwegs, daß sich die Helferstruktur verschiebt; leider nicht in Richtung besserer Qualität.

Wir leben meiner Meinung nach in einer überregulierten Welt. Der Staat darf und vor allem er kann auch gar nicht für alles Verantwortung übernehmen, selbst wenn er es uns vorgaukelt. Das gilt nicht nur bei „uns“, sondern ganz allgemein.

Noch mehr Kitsch hinter der Bühne

Nachdem ich ja hier die kleine Reihe „Kitsch hinter der Bühne“ vor Weihnachten begann, will ich von der heutigen Installation berichten. Meine Lichtjungs installierten über meinem Schreibtisch eine kleine Diskokugel und leuchten sie nun mit einem Movinghead an, der heute auf der Werkbank stand. Hin und wieder muß man an dem Seil ziehen, an dem die Kugel hängt und dann dreht sie sich wieder für 10 Minuten. Großer Spaß. Wir überlegen, ob wir in den nächsten Tagen ein ganzes Mobilé bauen sollen :-)