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In der letzten Woche war ich wie schon berichtet bei der DEA – Sommeruni in Hannover, besuchte da an insgesamt vier Tagen Seminare und die Erkenntnisse aus diesen Seminaren möchte ich Euch hier zumindest in Teilen wiedergeben. Anfangen möchte ich mit dem Seminar über statisch unbestimmte Systeme.
Zu Meisterschulzeiten haßte ich Statik. Unser damaliger Lehrer überforderte uns alle, weil er einfach davon ausging, daß alle so besessen von diesem Thema wären wie er und daß man außer Statik einfach keinerlei andere Interessen im Leben zu haben hat. Was so einfach nicht stimmte. Neben Alkohol, Frauen und Musik hatten wir nämlich auch noch die anderen Fächer. Daher fand ich es eine ganz gute Idee, mal meine Statikkenntnisse aufzufrischen und am Ende des Tages stellte ich fest: es war eine gute Idee. Denn Cay, unserem Dozenten, gelang es doch, mal auf die grundlegenden Dinge so hinzuweisen, daß man es auch verstand. Und er machte es so, daß ich am Wochenende mich tief in dieses Thema versenkte und „spaßeshalber“ mal anfing, ein aufwendigeres Rigg zu rechnen.
Tatsächlich ist das Berechnen einer einfachen Truss mit symmetrischer Last an zwei symmetrischen Punkten (oder einer Fläche an drei Punkten, aber da gehe ich jetzt hier mal nicht drauf ein) ja wirklich sehr einfach. Gesamtgewicht geteilt durch zwei ist das Gewicht pro Punkt. Klar, das Eigengewicht der Truss, die Motoren und auch die Kabel darf man nicht vergessen, aber dann ist man schnell am Ziel. Aufwendiger wird es, wenn diese Traverse an mehr als zwei Punkten hängt, die dann im Zweifelsfall auch noch unsymmetrisch liegen. Dann kann man das mit Bordmitteln nämlich nicht mehr so einfach ermitteln, es sei denn, die Integral- und Differenzialrechnung ist einem noch so geläufig, daß man das mal eben im Kopf wegrechnet. Höhö. Für alle die da schwächeln gibt es die oben abgebildete Zeichnung als ersten Anhaltspunkt. Und da erschrickt man ja doch erstmal etwas, denn bei einem „mal eben“ eingesetzten mittleren Motor trägt dieser plötzlich rund 62,5% der Last. Oooops. Das führt ganz schnell dazu, daß Motor oder gar der Hängepunkt überlastet werden können.
Wenn die Belastbarkeit des Motors mit der Belastbarkeit des Hängepunktes übereinstimmen, dann könnten die Sportlichen unter uns sagen „Na ja, die Rutschkupplung des mittleren Motors rutscht das dann schon so zurecht, daß die äußeren Motoren dann auch mehr Last abbekommen.“, aber sicher oder gar waidgerecht ist das mal nicht. Wenn die Motoren mehr tragen können als der Hängepunkt (klassischer Fall: 300kg – Punkte mit normalen Tonnermotoren) steht man vor einem echten Problem, denn eins muß uns klar sein: bei aller Sicherheit, die wir innerhalb unserer Technik einplanen (fünf-, sechs-, zwölffache Sicherheit im Tragesystem), die Hängepunktbelastbarkeit der Hauspunkte wird ganz klassisch nach Baurecht berechnet und die sieht nur zweifache Sicherheit vor. Da gelingt es uns also im Zweifelsfall mühelos, auch mal einen Punkt auf die Bühne zu ziehen (der Motor fördert Kette, aber die Traverse bewegt sich nicht……).
Ich habe mich längere Zeit nicht mit der aktuellen Vorschriftenlage beschäftigt (Asche über mein Haupt), aber tatsächlich legen einem die aktuellen Branchenrichtlinien seit ein paar Monaten nahe, bei statisch unbestimmten Systemen (also Traversen mit mehr als zwei Motoren) Waagen einzusetzen; es sei denn, es ist durch die Gegebenheiten garantiert (beispielsweise insgesamt 400kg Last an vier 500kg – Punkten), daß es nicht zu einer Überlast kommen kann. Wenn man ehrlich ist, dann werden solche Wiegesysteme bislang allerdings noch nicht wirklich häufig eingesetzt. Das soll sich, wenn man den Äußerungen der Branchenoberen Glauben schenken darf, allerdings ändern.
Am Wochenende verbrachte ich nun mal meine Zeit damit, mich ein wenig in ein Statikprogramm einzuarbeiten. Noch bin ich nicht an dem Punkt, daß ich damit so vertraut wäre, daß ich damit „belastbare“ Ergebnisse erziele, aber ich denke, daß ich das noch hinbekomme. Damit kann man dann mal etwas genauer als mit dem Daumen abschätzen, wie denn die Belastungen bei komplexen Systemen ausfallen werden, ohne wie bislang immer direkt ein Statikbüro einzuschalten. Das Bild zeigt beispielsweise das gregorianische Rigg mit Vorhängen, Motoren und Kabelbäumen, aber noch komplett ohne Lampen. Da entstehen interessante Lasten :-)
Tatsächlich kann aber so ein Programm auch nur Annäherungswerte liefern, denn in der freien Wildbahn spielt dann schon eine entscheidende Rolle, wie synchron denn die einzelnen Motoren laufen. Nur 1cm Unterschied machen dann schon im Zweifelsfall fatale Differenzen.
Ihr seht es bleibt spannend und ich werde Euch hier über meine Fortschritte berichten. In den nächsten Tagen erzähle ich Euch auch noch ein wenig mehr von den anderen Seminaren.