Vivian Maier in Hamburg

Seit knapp zwei Jahren steigt in rasantem Tempo der Stern einer sehr begnadeten Photographin: Vivian Maier schaffte es in dieser Zeit von absoluter Unbekanntheit zur weltweit gerühmten Street Photographerin. Ein toller Erfolg. Und fast ein Märchen. Denn Vivian Maier starb in den Tagen ihrer absolut zufälligen Entdeckung und hinterließ in Kisten, die versteigert wurden um Mietschulden zu zahlen, über 100.000 Photos und mehrere Tausend unentwickelte Rollfilme. Bilder, die außer ihr zuvor niemand sah, weil sie sie hütete wie einen Schatz. Bilder von bezaubernder Schönheit und perfekter Komposition. Bilder aus den 50er bis 90er Jahren. Straßenphotographie und Studien, die den Vergleich mit allem was man so kennt absolut nicht scheuen braucht.

Der Ersteigerer der Bilder suchte eigentlich etwas ganz anderes, erkannte aber recht schnell, daß die Arbeiten, die er da erstanden hatte, von großem Wert sein müssen und begann sie zu veröffentlichen. Die Reaktionen waren überwältigend und so wird nun der ganze photographische Nachlaß aufgearbeitet. Der Nachlaß einer Frau, die eigentlich niemand so richtig kannte, die verschlossen war und als Kindermädchen im Wesentlichen in Chicago lebte.

Einen ersten Überblick der Arbeiten kann man zur Zeit und noch bis zum 28.04.2011 in der Hamburger Galerie Hilaneh von Kories sehen. Zwar finde ich den Titel der Ausstellung „Twinkle, twinkle, little star…“ selten dämlich, aber das sollte nicht schrecken, die wirklich sehenswerte Präsentation trotzdem zu besuchen — zumal der Eintritt frei ist.

Jenseits der Tatsache, daß ich die Bilder auch wirklich toll finde und der Meinung bin, daß es sehr schade gewesen wäre, wären sie im Orkus verschwunden, beschäftigt mich aber auch die Frage, was denn Vivian Maier dazu gesagt hätte, daß ihre Bilder nun weltweit gezeigt werden. Wie das eigentlich mit dem Copyright von Bildern aussieht, wenn jemand keine Verwandten hat; kann der Käufer der Negative sie einfach unter sein Copyright stellen ?  Wie das mit den Persönlichkeitsrechten der abgebildeten Personen ist, die da jetzt in Galerien ausgestellt werden; darf man die nun einfach zeigen ?  Für Vivian Maier waren ihre Bilder ihre ureigene Privatsache, nie hat sie ihre Werke jemandem gezeigt. Die vielen Tausend unentwickelten Filme zeigen eher, daß sie der Moment des Photographierens viel mehr interessierte, als das Betrachten der Photos. Wie würde diese Frau also auf ihren plötzlichen Ruhm reagieren ?

Auf jeden Fall aber lohnt es, sich mit den Arbeiten Vivian Maiers zu beschäftigen.

Gut

Gerade las ich den folgenden Spruch auf einer Website und ich empfinde ihn als sehr angenehm:

In einer Welt
die immer nur
besser
sein will
ist
gut
ein angenehmer Ausdruck
von Zufriedenheit.

Wie wahr.

Langeweilenphotos

In diesen Tagen stehen ein paar Arzttermine an. Und weil Warten ja ziemlich langweilig ist, kann man die Zeit dazu nutzen, ein paar Detailphotos zu machen. Ich bedauerte schon, daß ich nur meine Taschenknipse und keine Spiegelreflex mit dabei hatte. Nächstes Mal dann. Wobei ich schon auf das Gesicht des Arztes gespannt bin, wenn ich mit Kamera in der Hand vor seinen Apperaturen knie.

In der HNO – Technik scheint sich jedenfalls in den letzten 40 Jahren nicht allzuviel getan zu haben. Beachtlich finde ich, daß der vieltausendfach genutzte Bananenstecker der Kopfleuchte absolut ok aussieht. Scheint eine gute Qualität und pflegliche Behandlung gleichermaßen zu sein.

Zuhause ist auch nicht alles Gold

Zu den Dingen, die man überhaupt nicht gebrauchen kann, wenn man nach Wochen wieder nach Hause kommt, gehört unter anderem auch ein Wasserrohrbruch. Heute Abend kam in der Küche das Wasser aus der Steckdose. Da gehört es ziemlich deutlich nicht hin. Der hinzugerufene Klemptnernotdienst meines Vermieters bestätigte mir meine schlimmsten Befürchtungen: zum einen habe ich für den Rest des Wochenendes kein Wasser, weil der Haupthahn zugedreht werden mußte und zum anderen wird Anfang der Woche die Wand aufgeklopft um die 60 Jahre alte Bleiverrohrung komplett zu erneuern. Suuuuuuper.

Bekenntnis zur politically incorrectness

Gestern Abend, nach unserer allerletzten Show dieser Tour, sprach mich vor der Backstagetür in St. Petersburg eine Frau an und bedankte sich für mein Blog und meine Sicht auf Rußland. Das Ganze in fließendem und akzentfreiem Deutsch. Ich war überrascht, daß sogar Menschen in Rußland hier lesen (aber mich überrascht sowieso immer wieder, wieso doch recht viele Menschen mein Blog lesen) und im Nachhinein dachte ich darüber nach, ob ich in der Vergangenheit nicht vielleicht sehr einseitig und vielleicht zu negativ über dieses Land geschrieben habe. Ich bekam fast sowas wie ein schlechtes Gewissen. Dann dachte ich an die vergangenen Tage und ich war mir sicher: nein. Ich war eigentlich immer eher beschönigend.

Rußland heißt bei uns in der Produktion „The country of NJET“.

Ja, es gibt natürlich immer wieder Ausnahmen, gerade gestern in St. Petersburg gab es so eine Ausnahme, wo sich die örtliche Produktionsleiterin echt Mühe gegeben hat und ehrliche Antworten gab; aber diese Ausnahmen sind kleine Kerzen inmitten von tiefer Dunkelheit. Rußland ist für mich geprägt von Unfreundlichkeit, Ruppigkeit und ganz offensichtlicher und plumper Lüge. Natürlich ist dieser Eindruck geprägt von den Menschen, die uns tourbedingt umgeben. Aber eben auch von den Menschen, denen man zufällig begegnet: im Bahnhof, im Zug, am Flughafen, beim Spaziergang. Und da war der Übergang von Estland nach Rußland ein Kontrast, der härter nicht ausfallen konnte.

Rußland ist ein Land, in dem ich nicht leben wollte. Die gesellschaftliche Struktur ist mir nicht nur fremd, sie erscheint mir … abstoßend. Und wenn ich mit dieser Einschätzung den wenigen Kerzen in der Dunkelheit vors Schienenbein trete, dann tut mir das tatsächlich leid, denn diese Ausnahmen die ich kennenlernte, schätze ich wirklich sehr. Aber sie sind eben Ausnahmen.

Wieder im Zug

Unser Zug von Tallin nach Moskau

Das ist der Zug, der uns von Tallinn nach Moskau bringen soll. Und was von außen erst einmal wie ein ganz normaler russischer Zug aussieht, wie wir ihn im Herbst zu Dutzenden bestiegen haben, birgt im Inneren einige Überraschungen. Es ist nämlich kein russischer, sondern ein estnischer Zug. Was den entscheidenden Unterschied ausmacht. Klar, die Aufteilung ist die selbe wie in Rußland und es gibt immer noch den Heißwasserkessel gegenüber der Schaffnerkabine. Aber schon die Schaffnerin ist keine „scary lady“ wie wir sie im Herbst nannten, sondern eine sympathische Estnin.

Das Abteil von Hermann und mir

Die Abteile schon beim ersten Blick deutlich heller und moderner als alles was wir je in Rußland sahen. Es gibt Bordradio und sogar einen Fernseher. Die Sitze und der Boden sehen sauber aus und selbst den Toiletten traut man über den Weg.

Es ist das, wonach es aussieht: Strom und ... INTERNET

Beim Blick unter den Tisch entdeckt man etwas, das man nicht für möglich halten würde: Strom und … ja, genau, es ist Internet. Gibt’s übrigens auch als kostenloses, freies WLAN. Im Zug. Während der Fahrt. Na ja. Jedenfalls in Estland. In Rußland soll es dann nicht mehr funktionieren. Aber das war für uns hier fast ein Kulturschock. Das schafft ja nicht mal die Deutsche Bahn.

Die estnische Landschaft

Die Landschaft ist ehrlicherweise nicht sehr unterschiedlich abwechslungsreich, also so wie in Rußland. Und noch mächtig verschneit. Aber bei so einem Zug kann man das mal locker bis Moskau aushalten. Die Reise fängt also sehr positiv an.

Freier Tag in Tallinn

So einen sonnigen und freien Tag in Tallinn, der Hauptstadt Estlands, mußte ich natürlich dazu nutzen, mir die Stadt anzuschauen. Auf dem größerklickbaren Panorama sieht man es sofort: hier ist es noch deutlich kälter als zuhause, es liegt noch überall Schnee und die Ränder der Straßen sehen auch so aus, als ob der in diesem Jahr noch nicht ganz weg war.

Tallinn hat eine sehr schöne und große Altstadt, in der es wirklich Spaß macht, herumzulaufen. Das nicht nur wegen der schönen Architektur, sondern auch wegen der Menschen. Ich war selten in einer Stadt mit so vielen so freundlichen Menschen. Man schaut in offene, lächelnde Gesichter. Das wird dann ab morgen sicher ein harter Kontrast, denn dann sind wir wieder in Rußland. Jetzt aber können wir noch die netten Esten genießen. Beispielhaft für diese Stadt: auf dem Weg vom Hotel in die Altstadt müssen wir eine fünfspurige Hauptverkehrsstraße mit Straßenbahnverkehr passieren. Dort gibt es keine Ampel, sondern einfach nur einen Zebrastreifen. Und das funktioniert tadellos. Man kommt als Fußgänger an und ganz selbstverständlich steht der Verkehr still. Toll.

In der Innenstadt gibt es sehr viele alte, gut erhaltene oder renovierte Bauten, auch die Stadtmauer ist in weiten Teilen noch zu sehen und natürlich unzählige Kirchen aller möglichen Glaubensrichtungen.

Wie in jeder Altstadt gibt es enge, verwinkelte Gassen. Was ich hier super finde sind die ganzen kleinen Lädchen. Kaum die typischen Ketten, die man überall in der Welt sieht, sondern schöne, kleine, inhabergeführte Läden mit freundlichem, aufmerksamem Personal. Selbst ich als Kerl mu ßsagen: es ist ein echtes Shoppingparadies.

Ganz groß in Tallinn ist auch die Handarbeitsbranche. Es gibt überall unzählige Stände mit Strickwaren, gehäkelten Sachen, gestickten Tüchern. Das alles in guter Qualitüt zu günstigen Preisen. An den Ständen sitzen die Frauen und stricken auch fleißig, sodaß man nicht nur maschinell gefertigte Ware, sondern auch richtig handgestrickte Sachen kaufen kann.

Neben den wirklich vielen Ständen gibt es natürlich auch Strickläden. Aber natürlich auch Geschäfte mit Bernstein und ähnlichen Dingen, die man an der östlichen Ostsee immer so kaufen kann. Dabei sind auch hier die Preise deutlich günstiger als in Danzig beispielsweise. Und bezahlt wird alles in Euro, denn das ist die Währung hier seit Anfang des Jahres.

Neben katholischen Kirchen gibt es hier auch russisch – orthodoxe. Natürlich gibt es insgesamt schon einen deutlichen russischen Einfluß, von der Orientierung her ist man aber eher skandinavisch. Auch in der Sprache übrigens: geschriebenes Estnisch kann man durchaus erraten, wenn man sich etwas Mühe gibt und nicht das erste Mal vor Dänisch oder Schwedisch steht.

Insgesamt erlebte ich hier eine sehr schöne Zeit und kann Tallinn ganz klar für eine Städtereise empfehlen. Den Nordosten Europas haben ja viele Leute noch nicht so auf dem Zettel; es wird höchste Zeit, das sich das ändert, denn die Gegend verdient es, erlebt zu werden.

Schreibfehler

Wir Techniker neigen dazu, die Innenseite des Deckels unserer persönlichen Cases hausaltarmäßig zu dekorieren. Diese Deckelinnenseite sagt immer schon ganz schön viel über den jeweiligen Techniker aus. Hier nun der Casedeckels eines meiner Kollegen, der bis zum letzten Tag den Namen unserer Truppe nicht richtig schreiben konnte. Warum nur …… ;-)

Und wenn ich schon mal dabei bin, aus den intimen Details Backstage zu plaudern, dann kann ich ja auch noch dieses Bild hier zeigen. Es ist klar, daß Künstler so eine Show nicht ohne weiteres durchstehen. Darum stand beispielsweise in Wien die Stärkung ganz offen im Garderobengang, so daß ein jeder auf dem Weg zur Bühne noch mal eine Erfrischung nehmen konnte.

Sehr lustig war übrigens die Reaktion des Hauspersonals auf diesen Spiegel. Da glaubten anfänglich doch tatsächlich einige …… Haha !