In den letzten Wochen hatten die Verfechter der political correctness ja mal wieder Hochsaison. Nicht nur unsere Bundesfamilienministerin, auch andere sind der Meinung, daß man verschiedene Worte nicht mehr nutzen sollte und blasen zum Halali auf Neger, Zigeuner & Co. Kinderbücher werden umgeschrieben, Zeitungen ändern ihre Vorgaben.
Bringt uns das was ?
Im Leben nicht !
Veränderungen müssen in unseren Köpfen stattfinden, da sind die Worte völlig egal. Beispiel gefällig ? Gern: wenn ich heute von einer „Gruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund“ spreche, dann rufe ich in der Regel bei meinem Gegenüber eine ähnliche Assoziation hervor, als hätte ich vor 20 Jahren von einer „Kanakenbande“ gesprochen. Ja, klar, die erste Variante klingt eleganter, aber ist sie ein echter Fortschritt ? Glaubt jemand im Ernst, daß die Vorbehalte gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen abnehmen, bloß weil ich sie jetzt „Schwarze“ und nicht mehr „Neger“ nenne ? Das wäre naiv. Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir unsere Positionen überdenken, müssen wir Fremdem eine Chance geben; welche Worte wir dann wählen, ist völlig egal, solange der Tonfall stimmt.
Dazu zwei kleine Geschichten: vor einiger Zeit war ich mit einer schwarzen Bekannten in einem Supermarkt. Ein paar Meter neben uns quengelte ein kleiner Junge vor dem Süßigkeitenregal, er wolle unbedingt Negerküsse. Jetzt und sofort. Die Mutter des Jungen sah meine Bekannte Suzanna und begann hektisch dem Sohn zu erklären, daß die Dinger nicht Negerküsse, sondern Schokoküsse hießen, was dem völlig egal war. Er schrie weiter nach Negerküssen. Suzanna reagierte ziemlich amüsiert und sagte zu dem Jungen, er habe völlig Recht; die Dinger hießen wirklich Negerküsse und wenn er etwas größer sei, würde er auch verstehen warum: nichts sei so süß, wie der Kuß einer schwarzen Frau. Spach’s, drückte dem verdutzten Jungen einen Kuß auf die Wange und grinste die perplexe Mutter an.
In den Niederlanden ist der Nikolaustag in etwa das, was in Deutschland der Heiligabend ist. Der Nikolaus bringt die großen Geschenke, nicht das Christkind. Als Helfer hat Sinterklaas, wie der Nikolaus dort genannt wird, den „Zwarte Piet“, also den schwarzen Peter. Das ist eine Figur, die in etwa so aussieht, wie der Sarottimohr, also ein Schwarzer in der Kleidung des 17. Jahrhunderts. Vor einigen Jahren gab es dann in den Niederlanden große Diskussionen: man könne den Helfer Sinterklaas‘ doch nicht als Neger darstellen, das sei diskriminierend. Vielmehr solle man die Figur schwarz, braun, rot, gelb, weiß gestreift schminken, um ihn als allgemeinen Vertreter der Menschheit zu zeigen, der Sinterklaas helfe. Die in den Niederlanden lebenden Schwarzen lehnten das vehement ab. Nicht umsonst seien es die Schwarzen, die Sinterklaas helften: alle anderen seien zu beschäftigt, hätten keine Zeit und in der Geschichte abgelehnt, jedes Jahr zuverlässig für Sinterklaas dazusein. Sie, die Schwarzen, seien gern die rechte Hand des Guten und würden sich diese Rolle nicht nehmen lassen wollen. Die Diskussion ebbte ab und der Zwarte Piet ist weiterhin schwarz.
„Kanake“ war übrigens vor hundert Jahren eine Auszeichnung. Der Begriff stammte aus der Seefahrt, war dort der Name für die äußerst zuverlässigen Seefahrer aus Polynesien und wurde auch an Land äußerst anerkennend für Menschen gebraucht, auf die man sich verlassen konnte.
Ich selbst bin der Meinung, daß gerade die Formulierungen der angeblich politisch Korrekten oft besonders diskriminierend sind, weil sie nicht mehr offen sagen, was sie meinen, sondern subtil formuliert alte Vorurteile nur noch mehr bestärken. Das ist in meinen Augen verlogen. Mir sind die Worte egal, die jemand nutzt, wenn er sie nur in einer Art und Weise nutzt, die dem Gegenüber gerecht wird. Und auch einem Zigeuner ist es herzlich egal, ob ich ihn jetzt Sinti oder Roma nenne, wenn ich ihm nicht den notwendigen Respekt als Mensch entgegenbringe.
Schreiben wir also nicht Kinderbücher um, sondern unsere Vorurteile. Das hilft den Menschen viel mehr.